70 Jahre nach dem Todesjahr Adolf Hitlers ist dessen Buch „Mein Kampf“ wieder im Buchhandel – und wird womöglich Unterrichtsstoff in den Schulen. Bremerhavener Pädagogen halten das Machwerk des Diktators durchaus für lehrreich – in Auszügen und möglichst kritisch hinterfragt. Der Buchhandel der Seestadt meldet derweil beginnendes Kaufinteresse.
2000 Seiten Hitler "ein ordentliches Stück Arbeit"
„Erste Vormerkungen und Bestellungen sind eingegangen“, berichtet Nicole Steffens, Inhaberin des Buchgeschäfts Mausbuch in der Hafenstraße. Sie habe sich wegen des umstrittenen Werks mit ihren Kolleginnen beraten. „Auf Lager werden wir es uns nicht legen, aber über den Großhandel ist es in der Regel kurzfristig erhältlich.“ Die wissenschaftlich kommentierte Ausgabe sei 2000 Seiten stark – „ein ordentliches Stück, wenn man das durchackern will“.
Grünes Licht für Nutzung von "Mein Kampf" in der Schule
Womöglich schafft es die nationalsozialistische Kampfschrift als Unterrichtsmittel in die Klassenzimmer: Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) hat dazu bereits grünes Licht gegeben. „Man könnte das Buch als Originalquelle einsetzen, um die Menschenverachtung des Faschismus deutlich zu machen und Parallelen zum aktuellen Rechtsradikalismus nachvollziehen zu können“, sagt Bernd Winkelmann, für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Sprecher des Stadtverbandes Bremerhaven. „Das Buch muss man in die Zeit einordnen, in der es entstanden ist, und analysieren, wer Hitler damals stark gemacht hat.“
"Warum haben sich die Menschen nicht gegen Hitler gewehrt?"
Bremerhavens Schuldezernent Michael Frost (parteilos) glaubt nicht, dass das Buch Hauptgegenstand in der Auseinandersetzung mit der NS-Zeit wird: „Als Klassensatz werden wir ,Mein Kampf‘ daher wohl kaum einsetzen.“
Gleichwohl könnten einzelne Originalzitate hilfreich sein, betont Frost: „Etwa um deutlich zu machen, dass die Haltung, hinterher zu sagen, man habe nichts von Hitlers Plänen gewusst, indiskutabel ist – heute müssen wir genau hinschauen und uns fragen, warum sich die Menschen damals nicht gewehrt haben, und dafür sorgen, dass sich eine solche Geschichte nicht wiederholt.“
Von Hitlers Kampf- und Hetzschrift waren bis 1945 rund 12,5 Millionen Exemplare gedruckt worden.