Der alte Liebes-Schuppen: An die Afri-Bar in Geestemünde erinnert nur noch die Außenfassade.

Der alte Liebes-Schuppen: An die Afri-Bar in Geestemünde erinnert nur noch die Außenfassade.

Foto: Lothar Scheschonka

Bremerhaven

Als Geestemünde die Erotik-Hochburg Bremerhavens war - mit Afri-Bar und mehr

Autor
Von Matthias Berlinke
10. Oktober 2023 // 10:26

Geestemünde war mal so etwas wie eine Erotik-Hochburg in Bremerhaven. Erinnert ihr euch noch? Zum Beispiel an die Afri-Bar an der Georgstraße. Hier konnte man nette Abende am Whiskyglas verbringen und - bei Bedarf - käufliche Liebe haben. Bordell-Alltag halt. Aber es gab noch mehr.

Geestemünde war in der Vergangenheit schon ein echt heißes Pflaster - aus erotischer Sicht. Wer erinnert sich nicht an die Afri-Bar an der Georgstraße? Dieses geheimnisvolle Gebäude mitten an der Hauptstraße mit der bunten Außenfassade.

Gemütliches Ambiente in der Afri-Bar

Geschäftsleute haben sich dort getroffen, um fette Deals mit netten Drinks zu begießen. Das Ambiente war gemütlich.

Ja, käufliche Liebe gab es dort auch. Bezahlter Sex - gehört wohl zum Alltagsleben in einer Großstadt.

Heute gibt es die Afri-Bar nicht mehr. Sieht verwildert aus da an der Georgstraße.

Und dann noch ein frivoler Treff in Geestemünde

Ein paar hundert Meter weiter südlich gab es in 2007 mal für eine kurze Zeit eine weitere „erotische Einrichtung“. Einen frivolen Treff - auch direkt an der Georgstraße - „Pia‘s Eck“.

Hier ging es auch um Sex, aber mit einer gewissen Zurückhaltung. Es gab Raum für erotische Fantasien und mehr. Frauen und Männer fühlten sich hier gleichermaßen wohl. Frivole, heiße Kleidung war erwünscht.

Jetzt hat Geestemünde keine sündige Meile mehr. Alles weg.

Das Sonntagsjournal der NORDSEE-ZEITUNG hat 2007 über „Pia‘s Eck“ berichtet. Den Artikel könnt ihr hier lesen:

Wer mit dem Auto in den Süden der Stadt will, macht in diesen Tagen um die Georgstraße einen großen Bogen – besonders in der Rushhour. Überall röhrende Bagger, rote Ampeln und ödes Schritttempo. Die Baustelle nervt. Zudem scheint sich die Geschäftswelt immer mehr von der Hauptverkehrsachse zurückzuziehen. Verwaiste Schaufensterfronten prägen das Bild links und rechts am Rande der Straße. Doch es gibt auch ein zartes Pflänzchen, das dem Baustellenmief trotzt und auf seine Chance hofft.

Es geht um Erotik und Sex, um aufregende Fantasien und prickelnde Gespräche. Willkommen im frivolen Treff – willkommen in „Pia‘s Eck“.

Wer von außen durch die großen Scheiben des Gebäudes in der Georgstraße 106 linsen will, bekommt nicht viel zu sehen. Fensterläden, eine Gardine und eine zu einem Herz geformte Lichtschlange, die leuchtet, wenn sie an der Steckdose hängt. Keine Details, keine nackten Menschen, die sich ineinander verkeilt dem Liebesspiel hingeben, sind erkennbar. Die Neugier quält.

Was passiert da bloß in „Pia‘s Eck – Der kleine frivole Treff“? Ist das da ein Puff? Oder ein Kuppelschuppen? Oder am Ende doch nur eine stinknormale Kneipe?Für Spanner ist Endstation.

Wer mehr wissen will, muss da rein in den Laden. An der großen, schweren Eingangstür hängt ein Klingelknopf. Einfach nur drücken, dann wird einem die Tür geöffnet. Und prompt wird der Wissensdurst des neugierigen Besuchers gestillt. Petra und Jens Meyer sind sympathische Gastgeber – jede Frage wird beantwortet.

Der erste Blick ins „Pia“-Reich weckt den Appetit auf mehr. Gemütliche Sitzecken mit weichen Sofas und bequemen Sesseln fallen ins Auge, ein wuchtiger Tresen ebenfalls. Alles ist farblich in warmen, angenehmen Tönen gehalten. Hier lässt es sich aushalten. Absolut kein Schmuddelkram, das Ambiente ist gemütlich.

Petra Meyer ist die Chefin. Die blonde Frau mit der süßen Brille ist gebürtige Bremerhavenerin und will etwas bewegen. Ihr Ehemann Jens hilft ihr dabei. „Die Gaststätte, die hier mal drin war, ist schon lange zu. Anfang des Jahres dachten wir: Hier muss etwas passieren“, erzählt die 37-Jährige. „Etwas Neues muss her, etwas, dass es hier noch nicht gibt.“

So entstand die Idee, einen frivolen Treff aufzumachen. Die Meyers kennen sich aus. In Varel gibt es eine ähnliche Lokalität. Dort sind sie häufiger zu Gast. Sie wissen, wie das Geschäft läuft. „Bei uns kann man sich lockerer unterhalten, als das in anderen Gaststätten möglich ist“, sagt Petra Meyer. „Jeder ist willkommen, frivole Kleidung ist erwünscht, ist aber kein Muss.“

Logisch, dass in einem frivolen Treff nicht gerade die Diskussionen über die steigenden Müllgebühren oder die neuen Aldi-Angebote im Mittelpunkt stehen. Es geht viel mehr um Gespräche zum Thema Geschlechtsverkehr. Um sexuelle Vorlieben und Praktiken, Stellungen und Partnertausch.

„Wir sind aber kein Swinger-Club“, sagt Petra Meyer. „In den Swinger-Club geht man, und man weiß, dass auf sexueller Ebene was passiert. Bei uns ist es nicht vorgesehen, dass etwas passiert. Man kann einfach nur reden, in gemütlicher Runde etwas trinken. Dass sich daraus vielleicht etwas entwickeln kann – okay.“

Es sind zumeist Pärchen, die in der Georgstraße 106 vorbeischauen und einen netten Abend haben wollen. Einzelne Herren kommen auch. Nur die Solo-Damen – die kommen nicht. Noch nicht. „Erfahrungsgemäß dauert das eine Zeit, bis sich herumgesprochen hat, dass man auch als Single-Frau in einen frivolen Treff gehen kann“, sagt Petra Meyer.

Es gibt wissenschaftliche Berechnungen – Quelle unbekannt – , wonach Männer alle drei Minuten an Sex denken. Frauen bestimmt auch. Und so wundert es nicht, dass sich in „Pia‘s Eck“ eine bunte Mischung an Menschen trifft. Der 20-Jährige lebt seine Gedanken dort genauso aus wie der 70 Jahre alte Pensionär. Es sind alle Schichten vertreten.

Nur die Bremerhavener, die üben sich noch in Zurückhaltung. „Der größte Teil unserer Gäste kommt aus dem Umland. Bis nach Bremen geht das“, berichtet Petra Meyer. „Die Bremerhavener scheinen sich noch nicht zu trauen.“ Das wird sich vielleicht bald ändern.

Irgendwann ist ja auch die lästige Baustelle weg. Und dann setzt auch die Mundpropaganda ein. „Für den normalen Einzelhandel ist die Georgstraße tot“, sagt Petra Meyer. „Wenn man etwas machen will, muss es etwas Besonderes sein – so wie unser frivoler Treff.“

Auch im frivolen Treff ging es natürlich um das Thema Sex.

Auch im frivolen Treff ging es natürlich um das Thema Sex.

Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa (Symbolfoto)