Hamburger Trockendock

Ein Hamburger Trockendock: Egal, ob ein Schiff von Null gebaut oder nachträglich repariert bzw. umgebaut wird – stets sind in der Werft Hunderte Profis am Werk, die zu den Besten ihres Schaffens gehören.

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Der Norden

Zwischen Schlips & Schweißerhandschuhen: Die vielfältige Berufs- & Tätigkeitswelt einer Schiffswerft

Von Content Team
13. September 2024 // 16:24

Einige Schiffe, dazu Bohrplattformen, gehören zu den größten menschgemachten beweglichen Objekten überhaupt. Doch selbst wenn der Auftrag lautet, etwas deutlich Kleineres zu bauen, sind aufgrund der technischen Komplexität viele Personen in kaum minder vielfältigen Tätigkeitsbereichen beteiligt.

Blue Collar: Die zupackenden Jobs und Tätigkeiten

Im englischsprachigen Raum gibt es in Bezug auf Berufsbezeichnungen eine Unterscheidung, die sich an den (klassischen) Kragenfarben der jeweiligen Arbeitskleidung orientiert. Blue Collar Work ist demnach von handwerklich-körperlichen Tätigkeiten geprägt, wohingegen White Collar Work für die klassischen Büroberufe steht.

Von beidem gibt es in einer Werft reichlich. So brachten es im Jahr 2023 allein Bremen, Hamburg und Niedersachsen zusammen auf gut 8.300 im Schiffbau Beschäftigte. Wohl ist dabei mittlerweile heute vieles technisiert und automatisiert. Im Gegensatz zu fast allen anderen Herstellungsprozessen von Fahrzeugen ist der Schiffbau jedoch bis heute vor allem durch handwerkliche Tätigkeiten geprägt.

Schiffsbauer bei der Arbeit

Viele Schiffbauer auf einer Werft sind eigentlich Schweißer bzw. Stahlbauer. Die heutigen Vollmetallkonstruktionen sorgen für einen erheblichen „Metallanteil“ an der ganzen Arbeit.

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1. Die Schiffbauer

Bereits ab einer recht geringen Größe von Schiffen spielen alternative Materialien wie etwa GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff) praktisch keine Rolle mehr. Das derzeit größte GFK-Schiff der Welt bringt es zwar auf 54,40 Meter Länge. Im Gegensatz zu einem beliebigen Frachter oder Kreuzfahrer ist diese Yacht jedoch ein Zwerg. Metallarbeiten haben deshalb eine enorme Bedeutung auf der Werft.

Der Schiff- bzw. Bootsbauer ist der vielleicht universellste handwerkliche Beruf und definitiv der wichtigste auf der Blue-Collar-Seite der Werft. Denn hier geht es darum, all das herzustellen, was ein Schiff ausmacht. Schiffbauer sind deshalb ebenso für die Herstellung des Spantgerüsts verantwortlich wie für die Beplankung, die Aufbauten, Rohrleitungen und sämtliche anderen Teile, die nur bedingt mit der Einrichtung und Ausrüstung zu tun haben.

Als solche Generalisten lernen Schiffbauer nicht nur den Umgang mit den drei hierfür wichtigsten Materialien Stahl, GFK und Holz, sondern bringen auch unterschiedlichste Verfahren der Be- und Verarbeitung dieser Materialien zum Einsatz. Dazu müssen sie ebenso intime Kenntnisse über vorherige Arbeitsschritte haben. So werden heute beispielsweise die Stahlplanken des Rumpfs typischerweise gewalzt und bestehen aus speziellen Schiffbaustählen – hochfest selbst im Dauerkontakt mit eiskaltem Wasser und andauernder Wellenbewegung.
Das Walzen ähnelt auf physikalischer Ebene einer weiteren bedeutenden Bearbeitungstechnik, dem Schmieden. Es handelt sich dabei um eine Form der Metallbearbeitung, die aus rohen Materialien nutzbare Gegenstände macht – und das bereits seit fast 8.000 Jahren. Beim „Kneten“ der Rohmasse wird neben der Form auch das innere Gefüge des Materials verändert. Ähnliches passiert beim Walzen.

Deswegen muss der Schiffbauer beispielsweise exakt wissen, wie sich dadurch die Eigenschaften der Stahlplatten darstellen – damit er, wenn er sie auf dem Spantgerüst verschweißt, durch die Hitze keine inakzeptable Veränderung im Gefüge verursacht. Das könnte für die Haltbarkeit der Schweißnaht katastrophale Folgen haben.

Da bei Schiffen vieles einzeln hergestellt wird, ist es ein überaus vielfältiger Beruf und daher in Werften aller Art hochbegehrt und zahlreich vertreten. 2010 wurde zudem die Ausbildung neu geregelt. Seitdem existieren zwei unterschiedliche Fachrichtungen. Die eine befasst sich mit dem traditionellen Bau von Schiffen, die andere stärker mit der technischen Ausstattung. Dadurch entstehen verschiedene Berührungspunkte mit einem weiteren wichtigen Beruf:

2. Die Schiffelektriker
Selbst die kleinste Yacht ist längst umfassend elektrifiziert. Was größere Fracht- und Passagierschiffe anbelangt, gibt es wohl nur einen passenden Vergleich – den von Dörfern und Kleinstädten mit eigenem Kraftwerk.

Die Elektrik solcher Schiffe ist hochkomplex – selbst wenn wir den modernen dieselelektrischen Antrieb völlig ausklammern. Sie umfasst etwa

  • die Erzeugung von Strom im Megawatt-Bereich mit teils mehreren Generatoren,
  • die Umwandlung in die für die verschiedenen Abnehmer nötigen Spannungen samt Verteilung sowie
  • die zahlreichen Abnehmer zwischen Ruderantrieb, Lenzpumpen, Beleuchtung und Radar.

Um eine konkrete Zahl zu nennen: Als die Meyer Werft das 2008 übergebene Kreuzfahrtschiff AIDABella konstruierte, verbaute sie dabei gut 1.700 Kilometer Kabel. Das entspricht etwa der Strecke von Bremerhaven an die isländische Südost-Küste.

Schiffelektriker sind deshalb ebenfalls eine Berufsgruppe, die tagtäglich sehr unterschiedliche und vielfältige Fähigkeiten anwenden muss. Zudem bekommt der Beruf naturgemäß eine immer stärkere digitale Komponente. Der moderne Schiffelektriker ist deshalb ebenso ein Spezialist in Sachen Netzwerke und Computersteuerungen. Ähnlich wie der Schiffbauer, besonders der technischen Fachrichtung, ist er zudem nicht nur an der Konstruktion, sondern auch an der Reparatur, Wartung und Modernisierung beteiligt.

Brücke eines Schiffs

Ein modernes Schiff ist ähnlich elektrisiert und digitalisiert wie eine Kleinstadt. Die Schiffelektriker haben deshalb beim Bau einiges zu tun.

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3. Der Schiffmotorenspezialist

Korrekt lautet die Berufsbezeichnung Mechaniker bzw. Mechatroniker für Schiffsmotoren und ausgebildet wird als Schiffmechaniker. Was die Arbeit an Verbrennungsmotoren anbelangt, ist das ein absoluter Spitzenjob. Die größten und leistungsstärksten sowie effizientesten Triebwerke finden sich in Schiffen. Dabei handelt es sich um mehrere Zehntausend PS starke Motoren mit Abmessungen von Reihenhäusern und Kolben im Gullideckel-Durchmesser.

Zwar sind nicht in allen Schiffen derartige Giganten verbaut. Allerdings befinden sich selbst in den kleineren Klassen Triebwerke, die an Land höchstens in größten Baumaschinen zu finden sind.

Für den Schiffsmechaniker bedeutet das: Hier ist alles etwas größer. Wohl muss er sich niemals über verbaute Konstruktionen ärgern wie seine Kollegen aus dem Kfz-Bereich. Dafür jedoch ist hier nichts kompakt oder leichtgewichtig. Außerdem kann es trotz allem im Maschinenraum verblüffend eng sein. Der Job ist deshalb sehr körperlich und anstrengend. Etwa, wenn es darum geht, mit Schraubenschlüsseln im Format einer Bassgitarre zu hantieren.

4. Die Schifflackierer:

Manche Zahlen rings um den Schiffbau wirken auf Außenstehende geradezu fantastisch. So wird beispielsweise ein großes Containerschiff, ein Tanker oder Flugzeugträger mit bis zu einer Million Liter Farbe überzogen. Selbst bei deutlich kleineren Schiffen ist es nicht viel weniger.

Denn Gewässer, speziell die Meere, sind eine sehr herausfordernde Umgebung. Nicht nur für die im Wasser liegenden Teile des Schiffs, sondern alles, was mit Gischt und feuchter Luft in Berührung kommt:

  • Rost, der insbesondere durch das aggressive, da salzhaltige, Meerwasser entsteht – und bei Stahlschiffen umfassend wirkt.
  • Bewuchs mit Algen, Muscheln und ähnlichen Meereslebewesen. Sie können in Summe nicht nur erheblich den Wasserwiderstand erhöhen, sondern sogar dicke Lackschichten durchdringen.
  • Mitunter extreme Temperaturunterschiede zwischen dem sonnenbeschienenen Teil des Rumpfs und demjenigen, der im kalten Wasser liegt – samt Ausdehnen und Zusammenziehen des Materials.
  • Ständiges „Durchwalken“ des Schiffes aufgrund des Seeganges.
  • Starke Belastungen u. a. durch stählerne Container, Hafenschlepper, Schüttgut und die allgemein abrasive, regelrecht abschleifende Wirkung des am Rumpf entlangfließenden Wassers.

Eines steht deshalb fest: Womit Schiffe angestrichen werden, gehört zum Besten, was die chemische Industrie zu bieten hat. Dennoch ist der Beruf des Schifflackierers ein Paradebeispiel für eine Sisyphusarbeit.

Allein, um ein im Bau befindliches Schiff typischer „Hochseegröße“ mit einem ersten Anstrich zu versehen, benötigt eine Lackier-Crew etwa zwei bis drei Wochen. Sie muss die oftmals bereits flugrostigen Oberflächen säubern, muss mehrere Schichten Grundierung auftragen. Sind diese durchgetrocknet, folgt weitere Vorbereitung, damit der anschließend nötige Decklack gut haftet – dieser ist meist in zwei bis drei Schichten aufzutragen. Sobald das gemeistert ist, folgt jedoch noch ein Speziallack, genannt Anti-Fouling. Er erschwert vor allem das Anhaften von Meereslebewesen an den Unterwasserflächen.

Dabei ist eine Erstlackierung für Schifflackierer noch einfach. Viel schwieriger werden Reparaturen und Neulackierungen, weil dann oft viele Schichten Altlack entfernt werden müssen – und das unter freiem Himmel im Trockendock oder im Bootsmannstuhl am Rumpf herabhängend.

Übrigens gibt es hierzulande keine spezielle Ausbildung zum Schifflackierer. Diese Spezialisten haben fast immer zuvor eine Ausbildung in einem anderen Lackierhandwerk durchlaufen.

Schiff im Trockendock

Schifflackierer haben einen sehr anspruchsvollen Beruf. Denn mit der Lackgüte ist direkt die Lebensdauer verbunden – und es müssen viele Quadratmeter bearbeitet werden.

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5. Die Maschinenbediener

Ein Schiff wird zwar Stück für Stück zusammengesetzt. Allerdings ist kaum ein Bauteil leichtgewichtig oder leicht zu handhaben. Ein durchschnittlich großer Schiffpropeller etwa wiegt zirka 60 Tonnen – etwa so viel wie ein Kampfpanzer. Selbst die Stahlplatten, aus denen der Rumpf besteht, können es auf mehrere Tonnen bringen. Plus: Nicht selten werden Deckaufbauten an anderer Stelle der Werft vorgefertigt und anschließend auf das Schiff gesetzt.

Zu jeder Werft gehört deshalb ein kleines Heer an Maschinenbedienern. Sie steuern Kräne, fahren Gabelstapler und alles andere, damit aus zigtausenden, schweren Teilen ein großes Ganzes wird. Nicht einfacher wird der Job durch die Winde in Küstennähe und die aufgrund des Gewichts (Stichwort Trägheit) lange nachschwankenden Lasten am Haken.

White Collar: Zwischen Planung und Organisation

Nicht jeder, der in der Werft einen White-Collar-Job ausübt, sitzt den ganzen Tag im klimatisierten Büro. Ähnlich wie draußen auf See gibt es hier einige Überschneidungen. Den Anfang soll ein Beruf machen, dessen Ausübende in der Praxis mindestens genauso lange im Werftbecken oder unter Deck stehen, wie sie vor dem Computer sitzen.

Schiffsbauingenieur im Trockendock

Schiffbauingenieure sind „Wanderer zwischen den Welten“. Ihre Arbeit findet sowohl an Zeichenbrett und PC statt wie draußen im Dock.

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1. Die Schiffbauingenieure

Offiziell nennt sich dieser Beruf in Deutschland Ingenieur für Schiffbau und Meerestechnik. Immer handelt es sich um absolute Ausnahmetalente, was das Entwickeln und Designen von ganzen Schiffen und einzelnen Komponenten anbelangt. Denn Schiffbau ist ein gigantisches Kompromissprogramm, was vor allem am Salzwasser liegt.

Je nach so unterschiedlichen Faktoren wie Temperatur und Salzgehalt ergeben sich höchst unterschiedliche Dichtezustände. Immer muss ein Schiff bei einer gegebenen Größe (besonders prominent durch die limitierten Breiten und Tiefgänge von Schleusen) sicher sein, enorme Lasten transportieren zu können und dabei so ökonomisch wie nur möglich zu betreiben sein.

Allein das Rumpf-Design ist deshalb vom Bug bis zum Heck eine Wissenschaft für sich, weil jede Formgebung spezifische Auswirkungen hat. Immer spielt Aquadynamik bzw. Strömungslehre dabei eine große Rolle. Das Schiff muss mit so wenig Kraft wie möglich durchs Wasser gleiten, darf aber gleichzeitig nicht zu sehr durch Wellen beeinflusst werden – und muss dennoch im Höchstmaß stabil sein und Lasten tragen.

Neben diesem schwierigen mathematisch-physikalischen Teil ist der Schiffbauingenieur ebenso in die Ausführung eingebunden. Er

  • erstellt Pläne und Abfolgen,
  • überwacht die Fertigung und Installation,
  • sorgt für Materialauswahl und -bereitstellung und
  • ist für Qualitätssicherung und Fehlerkorrektur verantwortlich.

Gerade wo es um neue Schiffklassen und/oder besonders prestigeträchtige Wasserfahrzeuge geht, handelt es sich daher eher um mehrere Schiffbauingenieure, die als Konstruktionsteam zusammenarbeiten – und dabei meistens nur für einen begrenzten Aufgabenbereich allein zuständig sind.

2. Die Maschinenbauingenieure

Diese Spezialisten gehören eher selten direkt zur Werft, sind aber dennoch in den Schiffbau involviert. Denn sie sind diejenigen, die die erwähnten riesigen Schiffmotoren planen, deren Konstruktion und den Einbau im Schiff überwachen. Ebenfalls ein Beruf, der zwar „irgendwie“ mit seinen Pendants bei landbasierten Motoren verwandt ist, aber dennoch im Alltag völlig andere Anforderungen stellt.

Dazu muss man nicht zuletzt bedenken, von welchen Summen wir hier reden. Selbst bei kleineren kommerziellen Schiffen in der Leistungsklasse zwischen 10-.000 und 20.000 PS belaufen sich nur die Kosten für einen Dieselmotor auf bis zu fünf Millionen Euro – pro Stück. Bei größeren Schiffen ist schnell die Zehn-Millionen-Marke überschritten.

Dazu müssen solche Motoren maximal lange mit geringsten Wartungsarbeiten laufen können. Aus diesen Gründen:

  • Maschinenschäden auf See können leicht in einen Totalverlust von Schiff, Crew und Ladung münden.
  • Die Motoren liegen oft mehrere Decks tief. Ein Entfernen ist meist nicht ohne massivste Eingriffe in die Schiffstruktur möglich. Denn im Prinzip wird ein erheblicher Teil des Schiffs um den bereits eingesetzten Motor herum gebaut.
  • Alles, was nur in einer Werft, womöglich gar im Trockendock, erledigt werden kann, ist für den Schiffbetreiber sehr teuer.

Moderne Schiffmotoren gehören deshalb zu den langlebigsten, effizientesten Verbrennungsmaschinen überhaupt. Allerdings sind ingenieurstechnische Meisterleistungen vonnöten, um sie zu konzipieren und sauber in ein Schiff zu integrieren.

Schiffsmotor

Trotz der Größe sind Schiffdiesel meist Zweitaktmotoren. Dennoch handelt es sich nicht um simple Triebwerke, daher sind die dahinterstehenden Maschinenbauingenieure große Meister ihres Fachs.

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3. Die Projektmanager

Keine Werft kann es sich leisten, größere Schiffe auf Halde zu produzieren und sich dann erst die Kunden zu suchen. Das mag bei kleinen Booten und Yachten funktionieren, aber nicht im Bereich der gewerblichen Schifffahrt. Deswegen ist jede Schiffkonstruktion ein Einzelfertigungsprojekt – selbst wenn dahinter serielle Elemente stehen.

Hier kommen die Projektmanager ins Spiel. Sie haben auf jeder Werft sozusagen die Oberaufsicht über den Bau oder die Reparatur eines einzelnen Schiffs. Das heißt, sie

  • koordinieren mit den Kunden, welche Leistungen gewünscht sind, und erstellen darauf basierend Zielvorgaben und Pläne für die Werft-Crew;
  • planen und koordinieren die nötigen Arbeitskräfte von den Ingenieuren bis zu den Hilfsarbeitern;
  • sorgen in Zusammenarbeit mit den Ingenieuren für die Auswahl der Materialien, Bauteile und Ausrüstungsgegenstände;
  • führen alle Kostenverhandlungen mit dem Kunden, teilweise den Lieferanten sowie etwaigen Subunternehmern durch und
  • planen und überwachen den insgesamten Zeit- und Kostenrahmen sowie die einzelnen Budgets.

Und das ist nur ein grober Überblick. Beim Schiffbau-Projektmanager stimmt der Begriff des „Managens“ in jeglicher Hinsicht. Die Mitglieder dieser Berufsgruppe sind die ganzheitlichen Leiter eines derart hochkomplexen, teuren und sehr kleinteiligen Projekts. Meist arbeiten sie deshalb ebenfalls mit eigenen Teams zusammen – und müssen diese daher zusätzlich noch anleiten.

4. Die Beschaffer

Woher soll der Stahl für den Schiffrumpf in der vom Ingenieur festgelegten Güteklasse besorgt werden? Wo soll der Schiffpropeller gefertigt werden, weil beim eigentlichen Partnerunternehmen im Fertigstellungszeitraum keine Kapazitäten vorhanden sind? Welches vorgesehene Radarsystem kann für die geringsten Kosten hinsichtlich der erforderlichen Leistungsparameter beschafft werden? Wo sind die benötigten Mengen an edlen Hölzern für die Auskleidung der Kabinen der ersten Klasse zu bekommen?

Ein kommerzielles Schiff besteht nicht nur sprichwörtlich aus mehreren Millionen Einzelteilen bis hinab zum Sicherungssplint, der die Reedereiflagge am Wegfliegen hindert. Alles muss einerseits möglichst vom günstigsten Anbieter stammen, muss andererseits aber alle vertraglich vereinbarten sowie durch Normen, Gesetze und die Ingenieure vorgegebenen Parameter einhalten.

Die Beschaffer sind angesichts dieser so oft kollidierenden Anforderungen die vielleicht gewieftesten Personen, die sich auf dem Werftgelände befinden. Sie müssen zahlreiche Zulieferer kennen, müssen ständig einen Überblick über die aktuellen Marktpreise haben, immer auf eine Alternative zurückgreifen können und darüber hinaus exzellentes Verhandlungsgeschick aufweisen.

Die maritimen Berufe: Häufig dicht dabei

Es braucht viele Hundert Spezialisten, um ein Schiff fertigzustellen. Selbst nach dem Stapellauf ist meistens noch vieles zu tun, bis das Schiff auf seine erste Probefahrt gehen und dann final an den Kunden übergeben werden kann.

Das meiste läuft mit den internen Profis der Werft ab. Allerdings darf man eines hier nicht vergessen: die Crew, die das Schiff später über die Flüsse und Meere steuern wird. Es ist deshalb keineswegs unüblich, wenn bestimmte Arbeitende der Seefahrtbranche ebenfalls in verschiedenen Stadien des Schiffbaus anwesend sind – oder wenigstens in diesen Berufen erfahrene Angehörige der Reederei.

Sie arbeiten wahrscheinlich zwar nicht direkt am Schiff, bis es zur ersten Probefahrt geht. Stattdessen liefern sie Input und verfolgen im Detail, was am Schiff wie konstruiert wird. Dass das durchaus sinnvoll ist, soll anhand des Schiffsingenieurs (nicht zu verwechseln mit dem Schiffbauingenieur) gezeigt werden.

Dieser Offizier wird später auf See die Oberhoheit über die gesamte technische Ausrüstung des Schiffs haben – mit Fokus auf Antrieb und Steuerung. Natürlich wird es auf dem Schiff detaillierte Grundrisse, technische Zeichnungen und ähnliche Dokumente geben. Manchmal ist es jedoch besser, wenn der Ingenieur sich von wichtigen Details selbst ein Bild macht, bevor sie hinter stählernen Platten verschwinden und nur noch durch enge Mannlöcher erreichbar sind.

Zudem ist zu bedenken, dass ein kommerzielles Schiff aufgrund seiner Kosten möglichst rasch nach Stapellauf und Indienststellung anfangen muss, diese Summen buchstäblich wieder einzufahren. Daher ist es bei vielen anderen seemännischen Berufen äußerst sinnvoll, bereits mit Schulungen zu beginnen, wenn das Schiff noch mitten in der Fertigstellung steckt. Nicht alles lässt sich in der Werft vermitteln, etwa das tatsächliche Fahrverhalten auf See, aber doch genug, um so die Eingewöhnungszeit deutlich zu verkürzen.

Nicht zuletzt gibt es zwischen den Werftbeschäftigten und dem seemännischen Personal viele Möglichkeiten für berufliche Querbewegungen. Zu Beginn des Berufslebens an Land oder auf See zu starten, bedeutet daher keineswegs, dort bis zur Rente zu bleiben.