Christian Berkel über Film mit Ehefrau: „Erotische Komponente fiel diesmal weg“

Christian Berkel über Film mit Ehefrau: „Erotische Komponente fiel diesmal weg“

Christian Berkel und Andrea Sawatzki - im echten Leben ein Paar - stehen wieder gemeinsam vor der Kamera. Dieses Mal spielen die beiden ein Geschwisterpaar. Im Interview spricht Christian Berkel über den Film „Querschuss“ (12.2., ARD, 20.15 Uhr).

„Erotische Komponente fiel weg“

Interview mit Schauspieler Christian Berkel über den Film „Querschuss“

Herr Berkel, Sie sind einer der Hauptdarsteller, aber gemeinsam mit Ihrer Frau Andrea Sawatzki auch Ko-Produzent des Familiendramas „Querschuss“, an dessen Beginn ein Suizid steht. Wie ist die Idee zum Film entstanden?

Ich habe einen Zeitungsartikel darüber gelesen, in welcher Bevölkerungsgruppe es die höchste Suizidrate gibt, und da stand, dass sich vor allem Männer über 75 für einen Freitod entscheiden. Das hat mich überrascht, weil man ja denken könnte, wer so lange durchgehalten hat, schafft die letzten Meter auch noch. Aber es ist tatsächlich so, dass über 75-jährige Männer an der Spitze dieser Statistik stehen. Dann haben wir uns gefragt, was passiert denn mit einer scheinbar intakten Familie, wenn sich ein Familienmitglied das Leben nimmt, in unserem Film ist es der Großvater. Es ging uns nicht darum zu erklären, warum sich jemand das Leben nimmt, die Antworten darauf sind ja auch individuell völlig verschieden. Wir wollten vielmehr zeigen, welche Auswirkungen ein Suizid auf die Angehörigen hat.

Was passiert im Film mit den Angehörigen?

Die beiden von Andrea Sawatzki und mir gespielten Kinder dieses Mannes müssen erkennen, dass er zeit seines Lebens nicht über seine Gefühle sprechen konnte und sie deshalb gar nicht so richtig wissen, wer ihr Vater eigentlich war. Es geht auch ganz wesentlich um das große Schweigen, das oftmals zwischen den Generationen herrscht. Das überspringt übrigens oft eine Generation, so auch in unserem Film: Der Großvater hatte eine engere Beziehung zu seinen Enkeln als zu seinen Kindern.

Haben Sie schon persönliche Erfahrungen mit dem Thema Suizid gemacht?

Ich habe schon einige Freunde und auch Kollegen auf diese tragische Weise verloren, und das hat mich jedes Mal sehr mitgenommen – auch wenn ich den jeweils Betroffenen vielleicht gar nicht so gut kannte. Mich schockiert es immer wieder, wenn sich jemand für den Freitod entscheidet.

Sie haben die Idee für den Film gehabt, warum haben Sie nicht auch das Drehbuch geschrieben? Sie sind ja auch Schriftsteller.

Weil das bei der Autorin Esther Bernstorff in allerbesten Händen war. Meine Frau und ich wollten unbedingt mit ihr zusammenarbeiten und wollten ihr drei Themen vorschlagen. Als wir ihr das erste ans Herz gelegt haben, hat sie sofort zugesagt und wollte die anderen beiden Vorschläge gar nicht mehr hören – so ist „Querschuss“ entstanden.

Andrea Sawatzki und Sie standen nicht das erste Mal gemeinsam vor der Kamera, Sie haben schon einige Filme miteinander gedreht. Stimmt es, dass Sie sich vor gut 25 Jahren bei Dreharbeiten kennen gelernt haben?

Das stimmt, und zwar für den Film „Tod auf Amrum“, der 1998 ins Fernsehen kam. Der wurde, wie der Titel schon sagt, auf Amrum gedreht, und dabei hat es zwischen uns gefunkt. Wir waren für Wochen weg von Zuhause auf dieser Insel, und da ist es passiert: Wir haben uns kennen gelernt und ineinander verliebt.

Seither waren Sie in Filmen oft als Paar zu sehen, in „Querschuss“ spielen Sie dagegen Bruder und Schwester. Mal ganz was anderes…

Stimmt, das war neu für uns und die erotische Komponente fiel in dieser Konstellation natürlich komplett weg (lacht). Das war auch deshalb so interessant für uns, weil Andrea im richtigen Leben keinen Bruder hat und ich keine Schwester. Da haben wir uns vielleicht unbewusst auch eine Sehnsucht erfüllt.

Christian Berkel und Andrea Sawatzki sind Eltern von zwei Söhnen und leben in Berlin.

© Lukas Barth

Christian Berkel und Andrea Sawatzki sind Eltern von zwei Söhnen und leben in Berlin.

Halten Sie sich an bestimmte Verhaltensregeln, wenn Sie gemeinsam einen Film drehen?

Das tun wir schon, meine Frau und ich wohnen dann zum Beispiel zwar im selben Hotel, aber nicht im selben Zimmer. Damit jeder nach der Arbeit des Tages auch eine Rückzugsmöglichkeit für sich hat. Es ist unheimlich wichtig, zeitweise Distanz zu schaffen, wenn man als Paar schauspielerisch arbeitet, und zwar einfach, um sich auch wieder ein Stück weit fremd werden zu können. Ich will am Set ja nicht meiner Frau begegnen, sondern einer Kollegin, die eine Figur spielt, die mit der von mir gespielten Figur interagiert. Dazu ist eine gewisse Distanz aber unbedingt nötig.

Geht man als Schauspieler anders an eine Rolle ran, wenn man den Film gleichzeitig auch produziert?

Nein, in dem Moment, in dem ich vor der Kamera stehe, konzentriere ich mich nur noch darauf. Anders geht es auch gar nicht.

Wie waren Ihre Erfahrungen als Ko-Produzenten, Sie beide haben das ja zum ersten Mal gemacht?

Interessant für uns war, wie langwierig ein solcher Prozess sein kann. Wir haben schnell begriffen, warum die meisten Produzenten immer fünf oder sechs Stoffe parallel entwickeln, weil man praktisch nie sicher sein kann, welcher Film letztendlich tatsächlich realisiert wird. Die Gründe, warum ein Projekt scheitern kann, sind vielseitig – es kann finanzielle Engpässe geben oder andere Produktionen werden von den Sendern vorgezogen. Produzenten müssen mit allen möglichen Unwägbarkeiten umgehen, nicht nur während des Drehs, sondern auch davor und danach.

Wie lange hat es in diesem Fall denn von der Idee bis zum fertigen Film gedauert?

Sage und schreibe sieben Jahre. Man braucht einen langen Atem in diesem Gewerbe (lacht).

Wollen Sie trotzdem weitere Filme als Produzent verantworten?

Ja, unbedingt. Meine Frau und ich haben die Produktionsfirma „A Couple of Pictures“ gegründet und wollen auf jeden Fall weitere Stoffe entwickeln. Wir wollen Geschichten erzählen, die nicht alltäglich sind, die unterhalten, aber auch eine gewisse Bedeutung haben. Wir wollen die Zuschauer berühren.

Christian Berkel kam 1957 in Berlin zur Welt und lebte in seiner Jugend zeitweise in Frankreich. Er absolvierte eine Ausbildung an der Deutschen Film- und Fernsehakademie und war in großen deutschen und internationalen Produktionen wie „Der Untergang“, „Operation Walküre“ und „Inglourious Basterds“ zu sehen.
Von 2006 bis 2020 ermittelte er in der ZDF-Reihe „Der Kriminalist“. Der 67-Jährige ist auch als Schriftsteller tätig und sorgte 2018 mit seinem Debütroman „Der Apfelbaum“ für Aufsehen. Im Frühjahr erscheint mit „Sputnik“ schon sein drittes Buch.
Christian Berkel und Andrea Sawatzki sind Eltern von zwei Söhnen und leben in Berlin.

Christian Berkel.

© Andreas Arnold

Christian Berkel.

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Erstellt:
10.02.2025, 19:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 05sec

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