„Bin begeisterte Kampfsportlerin“
Sie fürchtet weder Tod noch Teufel: Sarah Kohr, die unerschrockene Ermittlerin aus Hamburg. Seit Beginn der ZDF-Krimireihe „Sarah Kohr“ vor zehn Jahren wird die schlagkräftige Kommissarin von Lisa Maria Potthoff gespielt. Im neuen Fall „Sarah Kohr: Koma“ (9.9., ZDF) liegt Sarahs Mitstreiter und Vertrauter Anton Mehringer (Herbert Knaup) nach einem Angriff im Koma – und die Kommissarin muss den wehrlosen Staatsanwalt vor einem Killer beschützen.
Frau Potthoff, seit zehn Jahren spielen Sie die schlagkräftige Ermittlerin Sarah Kohr. Wie viele Männer haben Sie in dieser Zeit verprügelt?
Lassen Sie mich nachdenken, so um die zehn dürften es schon gewesen sein. Wir haben zehn Filme gedreht, und Sarah hat im Schnitt in jedem gegen einen Mann gekämpft, das dürfte also hinhauen (lacht).
Frauen sind in Fernsehfilmen meist die Opfer körperlicher Gewalt. Macht es Ihnen Spaß, als Sarah Kohr den Spieß mal umzudrehen?
Es macht mir auf jeden Fall Spaß eine unkonventionelle und auch schlagkräftige Frau zu spielen. Frauenfiguren werden in Filmen ja Gottseidank immer komplexer, und man hat glaube ich erkannt, dass sie weit mehr sein sollten als das schmückende Beiwerk für einen Helden. Außerdem spiele ich die Rolle einfach gerne, weil ich das Körperliche daran mag. Ich bin seit Beginn der Reihe mit großer Leidenschaft dabei.
Haben Sie für die Rolle Kampfsport erlernt oder den schon vorher betrieben?
Ich hatte schon vor „Sarah Kohr“ für ein anderes Projekt damit angefangen und bin dann dabeigeblieben. Mittlerweile bin ich begeisterte Kampfsportlerin, und wir versuchen tatsächlich, alle Kampfszenen ohne Stuntdouble zu drehen. Wenn es sehr gefährlich wird, lasse ich mich auch mal doubeln, Sicherheit geht schließlich vor. Aber in den meisten Fällen bin das schon ich, die da kämpft und rennt und über Hindernisse springt.

© Christine Schroeder
Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff) im Kampf mit Tim Schulmann (Adrian Topol)
Was zeichnet Sarahs Kampfstil aus?
Sie ist eine versierte Straßenkämpferin, würde ich sagen, die sich bei verschiedenen Kampftechniken bedient – von Kickboxen bis Krav Maga. Ich trainiere drei- bis fünfmal die Woche mit meinem Trainer Yi-Chung Chen im „Chimosa“, einem Kampfkunst-Studio in Berlin. Das „Chimosa“ ist mittlerweile mein zweites Zuhause, kann ich schon sagen.
Würden Sie anderen Frauen raten, Selbstverteidigung zu lernen?
Schon, weil es Techniken gibt, die einem absolut helfen können, sich aus bedrohlichen Situationen zu befreien. Es kann auf keinen Fall schaden, mal bei einem Selbstverteidigungskurs reinzuschnuppern und zu schauen, wie man sich wehren kann – und sei es nur durch Einsatz der Stimme oder unter Ausnutzung des Überraschungsmoments. Es hilft auch schon ungemein, einfach das Gefühl zu haben, nicht ohnmächtig zu sein – das schafft Selbstbewusstsein, und das ist oft schon die halbe Miete.
Haben Sie sich schon mal verletzt?
Habe ich, das ist noch gar nicht lange her. Da habe ich mir in einer Kampfszene den Meniskus und das Kreuzband gerissen. Ich musste operiert werden und war dann einige Zeit ziemlich eingeschränkt. Das war einfach Pech und ist das erste Mal in zehn Jahren gewesen, dass ich mich ernsthaft verletzt habe. Wir haben strenge Sicherheitsvorkehrungen, und auch diese Szene lief eigentlich super. Aber ich bin nach einem Sprung einfach blöd aufgekommen, der Körper ist in einem ungünstigen Winkel gelandet. Wo gehobelt wird fallen eben Späne.
Mussten Sie die Dreharbeiten abbrechen?
Ich konnte zunächst weiterdrehen und habe die Schmerzen weggeatmet. Wir sind zum Glück auch ziemlich weit gekommen im Drehplan. Als die Diagnose dann aber klar war, mussten wir in der Tat erst mal abbrechen.
Gucken Sie selber gerne Actionfilme, in denen gekämpft wird?
Mittlerweile ja. Ich war früher kein Fan von Actionfilmen, habe aber inzwischen ein Auge dafür entwickelt, wie Filmaction gemacht ist – und wenn sie gut gemacht ist, begeistert mich das einfach. Vor den Klassikern, also Filmen mit Bruce Lee oder Jackie Chan, ziehe ich meinen Hut. Gut gefallen hat mir in letzter Zeit auch Keanu Reeves in den John-Wick-Filmen. Von dem kann Sarah Kohr noch was lernen (lacht).
Viele Zuschauer kennen Sie nicht nur als Sarah Kohr, sondern auch aus den Eberhofer-Krimis, wo Sie die schnippische Susi spielen. Einen größeren Kontrast kann es kaum geben, oder?
Potthoff: Stimmt, Sarah ist ein wortkarges Nordlicht, Susi dagegen eine vor Emotionen sprudelnde Bajuwarin – das ist schon ein starker Gegensatz. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten: Beide sind starke Frauen, um diesen in letzter Zeit etwas strapazierten Begriff mal benutzen zu wollen. Sowohl Sarah als auch Susi sind ausgesprochen willensstark, die machen beide ihr Ding.

© Bernd Schuller
Sebastian Bezzel als Franz und Lisa Maria Potthoff als Susi in einer Szene des Eberhofer-Krimis "Rehragout-Rendezvous".
Mit welcher von den beiden wären Sie eher befreundet?
Schwer zu sagen, nur so viel: Die Freundinnen, die ich im echten Leben habe, sind total anders als Sarah oder Susi (lacht). Ob ich mit den zweien befreundet sein würde, kann ich nicht sagen, aber ein Bierchen würde ich mit beiden trinken.
Welche Rolle macht mehr Spaß?
Beide machen immens viel Spaß. Vielleicht gerade deshalb, weil es die jeweils andere Rolle gibt. Und nicht nur das: Ich spiele zum Glück ja auch noch immer wieder ganz andere Rollen als die von Sarah oder Susi.
Lisa Maria Potthoff wurde 1978 in West-Berlin geboren und wuchs in Höhenkirchen bei München auf. Sie absolvierte eine Ausbildung an einer Münchner Schauspielschule, startete ihre Film- und Fernsehkarriere Ende der Neunziger und war seitdem in vielen Produktionen zu sehen. Bekannt wurde sie mit den 2013 gestarteten Eberhoferkrimis um den bayerischen Polizisten Franz Eberhofer, in denen sie die schnippische Susi spielt, und als Sarah Kohr in der Krimireihe, die seit 2014 im ZDF läuft. Lisa Maria Potthoff ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Zur Person

© Felix Hörhager
Die Schauspielerin Lisa Maria Potthoff.