Sechs Streamingtipps für September
„Ein neuer Sommer“ (ab 5.9., Netflix) – Ein herrschaftliches Strandhaus an der Ostküste der USA: Ein sagenhaft reicher Familienclan will hier die Hochzeit eines seiner Sprösslinge feiern. Doch ein Mord sprengt am Vorabend der Trauung das High-Society-Event und lässt die perfekte Fassade der Bilderbuchfamilie bröckeln. Wer die Serien „Big Little Lies“ und „The White Lotus“ mochte, der wird auch diese hier lieben: Der elegante Thriller setzt auf eine süffige Mischung aus tollen Kulissen, Krimihandlung und Luxusimmobilien. Die sechs Episoden begleiten die Ermittlungen, und natürlich kommen düstere Geheimnisse ans Licht, während die Atlantikbrandung leise plätschert. Nicole Kidman spielt die snobistische Matriarchin Greer, in weiteren Rollen sind Dakota Fanning („Ripley“) und Liev Schreiber zu sehen.
„Im Labyrinth der Lügen“ (ab 5.9., ZDF-Mediathek) – Wie erklärt man Kindern die DDR? Zum Beispiel mit dieser Animationsserie über den aufgeweckten Schüler Paul aus Ost-Berlin. Der lebt 1985 bei seiner Oma und wird in der Schule von seiner Lehrerin und fiesen Mitschülern getriezt, weil seine Eltern in den Westen geflohen sind. Seine Phantasie, mit der er sogar aus dem Organisieren von Obst und Gemüse im Land der Mangelwirtschaft ein lustiges Spiel macht, hilft Paul über das Schlimmste hinweg. Doch eines Tages wird aus dem Spiel ernst, als ein Mikrofilm in den Westen geschmuggelt werden soll. Bröckelnde Fassaden, Punks an den Straßenecken, Stasi-Spione und ein bisschen Drei-Fragezeichen-Flair: Die Serie mischt eine spannende Story mit Einblicken in den Alltag im real existierenden Sozialismus.

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„Im Labyrinth der Lügen“: Auf dem Dachboden bewahrt Paul in einem Schrank seine wertvollsten Erinnerungsstücke auf. Millie und Paul beratschlagen, warum sich die Erwachsenen so merkwürdig verhalten.
„Seconds“ (ab 7.9., ARD-Mediathek) – Das Telefon klingelt mitten in der Nacht. Der Anruf bei Marita Kaila (Leena Pöysti) verheißt nichts Gutes: Die Kamera begleitet die Unfallermittlerin an den Unglücksort, ganz allmählich schälen sich die schrecklichen Einzelheiten aus der Dunkelheit. Bei einem Zugunglück gab es eine mysteriöse Explosion, 60 Menschen sind tot, und als Stunden später Vögel leblos vom Himmel fallen, wird klar, dass auch eine giftige Gaswolke freigesetzt wurde. Marita würde gerne klären, was genau passiert ist – doch immer wieder wird sie ausgebremst: Von männlichen Kollegen, die sich von einer Frau nichts sagen lassen wollen, und von Politikern, die besorgt sind, wie sie wohl in den Medien rüberkommen. Das Besondere an dem Sechsteiler ist, wie authentisch er die Ermittlungen zeigt – zwei weitere Staffeln sind schon in Vorbereitung.
„Der Upir“ (ab 18.9., Joyn) – Seit Christopher Lee in den Dracula-Klassikern der 50er waren Blutsauger in Filmen meist elegant und verführerisch. Eine Gewohnheit, mit der die Comedyserie „Der Upir“ bricht: Fahri Yardim verkörpert den Berliner Burgerbuden-Betreiber Eddie, der vom Schmuddelvampir Igor (Rocko Schamoni) gebissen wird und nun zum „Upir“ wird, eine Art Dracula-Azubi. Während Eddie versucht, seinen normalen Alltag weiterzuleben, schreitet seine Metamorphose voran – spätestens wenn er seinen aufkeimenden Blutdurst am gebrauchten Tampon seiner Freundin stillt, möchte man in einer Mischung aus Ekel und Belustigung kreischen. Die acht Folgen sind wie ein „jerks.“ mit Vampiren: Originell, der Humor dabei aber etwas pennälerhaft und ohne Rücksicht auf guten Geschmack.
„La Maison“ (ab 20.9., AppleTV+) – Die Olympischen Spiele in Paris sind kaum vorbei, da lädt diese Serie in den Mode-Olymp: „La Maison“ erzählt vom Kampf zweier französischer Modeimperien um die Vorherrschaft in den Kleiderschränken der Elite. Im Mittelpunkt steht Vincent Ledu (Lambert Wilson), der Chef des Traditionshauses Ledu, der den Zug der Zeit verpasst hat: Er hat keine Lust, die Capricen reicher fernöstlicher Kundinnen zu bedienen, und als ein Video viral geht, in dem er sich rassistisch äußert, erntet Ledu einen Shitstorm statt Samt und Seide. Derweil sagen junge Öko-Rebellinnen, quasi die Letzte Generation der Designerwelt, der Ressourcenverschwendung der großen Modehäuser den Kampf an. Zehn Folgen lang trifft hier Seifenoper auf Haute Couture, Dior auf „Denver-Clan“.

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Sorgt sich um Marianne (Thea Sofie Loch Næss): Leonard (Alex Wolff) in der Serie „So Long, Marianne“.
„So Long, Marianne“ (ab 22.9., ARD-Mediathek) – Im September würde Leonard Cohen (1934 – 2016) seinen 90. Geburtstag feiern, und auch wer sonst nichts von ihm kennt – seinen Welthit „Hallelujah“ hat wohl jeder schon mal gehört. Der Achtteiler „So long, Marianne“ erzählt, basierend auf wahren Ereignissen, von Cohens (Axel Wolff) Anfängen als Musiker, von seinem Aussteigerleben auf der griechischen Insel Hydra in den 60ern und von seiner großen Liebe zur jungen Norwegerin Marianne Ihlen: Eine schmerzlich schöne, an Originalschauplätzen gedrehte Zeitreise in eine Künstlerkolonie, erfüllt von einem Summer-of-Love-Spirit. 2019 gab es übrigens schon eine Kinodokumentation über die tragische Romanze, und wie dieser Film setzt auch die Serie einer ganzen Ära ein Denkmal.