„Ich lebe nicht im Elfenbeinturm“
Ein Anruf bringt das Leben der Seniorin Irene Steinwirt aus dem Gleichgewicht: Die Witwe fällt auf die als Enkeltrick berüchtigte Betrugsmasche herein und verliert dabei viel Geld – danach zieht sie ins Altenheim. Dort gewinnt die von Uschi Glas in der Komödie „Wir vier und der Enkeltrick“ (Mittwoch, 17.9., 20.15 Uhr, ARD) gespielte Seniorin neue Freundinnen, mit denen sie sich auf die Jagd nach den dreisten Betrügern macht.
Frau Glas, die von Ihnen gespielte Irene fällt auf den sogenannten Enkeltrick herein und landet schließlich im Altenheim. Könnten Sie sich vorstellen, im Seniorenheim zu leben?
Irene lebt alleine und ist, obwohl sie einen Sohn, eine Schwiegertochter und einen Enkel hat, ziemlich einsam. Einsamkeit ist mit das Schlimmste, was einem passieren kann. Deshalb ist das Seniorenheim für sie das Richtige: Sie ist hier nicht mehr allein und ihr Alltag bekommt wieder eine Struktur, was gut ist, aber auch eine Herausforderung sein kann. Für Irene ist das Altenheim also eine vernünftige Option, für mich wäre es das in meiner jetzigen Lebenssituation allerdings nicht. Ich bin berufstätig, habe ein Familienleben und bin keineswegs einsam.
Im Heim schließt sich Irene mit anderen Frauen zusammen. Wie wichtig sind solche Frauenfreundschaften, gerade im Alter?
Sehr wichtig. Aber auch Freundschaften zu Männern. Ich habe einen ganz alten Freund, bei dem ich zu hundert Prozent weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann, wenn etwas sein sollte. Ich habe in meinem Leben nicht viele, aber ein paar sehr gute Freundinnen und Freunde gehabt und habe zum Glück einige immer noch. Andere sind leider gestorben.
Kann man auch im Alter noch neue Freunde gewinnen?
Es ist glaube ich schwieriger, als alte Freundschaften zu bewahren. Wenn man sich schon lange kennt, dann ist das wie bei zwei Bäumen, die über die Jahre gemeinsam in die Höhe wachsen, und irgendwann stehen dann da die alte Buche und die alte Eiche in voller Pracht nebeneinander. Aber mein Mann und ich machen auch immer wieder die Erfahrung, dass man durch Aktivitäten viele neue Bekanntschaften macht, und manchmal entstehen daraus auch Freundschaften. Wenn du mit Leuten zusammentriffst, die ähnliche Interessen haben, dann ergibt sich das ja fast schon von selber. Ein gemeinsames Vorhaben verbindet.
Kann man in der Filmbranche Freunde gewinnen?
Meine Freunde stammen in der Regel aus einem ganz anderen Milieu als dem Showgeschäft. Aber es gibt natürlich Ausnahmen. Ich war zum Beispiel sehr eng mit dem Kollegen Elmar Wepper befreundet, der ja leider vor zwei Jahren verstorben ist. Das war ein Ausnahmemensch, mit dem du einfach über alles reden konntest. Elmar war ein ganz enger Freund. Aber insgesamt muss man sagen, dass echte Freundschaften in der Filmbranche eher selten sind. Mit wem ich mich aber jetzt gerade bei den Dreharbeiten zum neuen Film angefreundet habe, ist Katharina Thalbach, deren Arbeit ich schon lange verfolge. Eine Kollegin, die ich irre gut finde, und eine ganz tolle Frau. Wir haben zum ersten Mal miteinander gedreht und es war fantastisch.
Was verbindet Sie mit Katharina Thalbach?
Wir haben die gleichen Werte: Respekt, gute Umgangsformen und Bodenständigkeit vor allem. Und die Freude am Job, dass man es als Schauspielerin genießt, etwas herzustellen und dass es einem nicht egal ist, wie das Publikum reagiert. Ich habe Katharina als eine nachdenkliche und auch eine unglaublich fleißige Person erlebt. Ich bin ein großer Fan von ihr.
Sie haben im Film ein Enkelkind und im echten Leben mehrere. Was für eine Oma sind Sie denn?
Eine begeisterte, würde ich sagen. Ich bin unheimlich fasziniert davon, wie Kinder heranwachsen, wie große Leute aus ihnen werden. Einer meiner Enkel ist jetzt zehn geworden, mit dem kann man schon über alle möglichen Sachen diskutieren – wunderbar. Ich sehe meine Enkel ja nicht jeden Tag, was das Ganze noch faszinierender macht.
Wie waren denn Ihre Großmütter?
An meine Oma mütterlicherseits kann ich mich gut erinnern, sie war eine hart arbeitende und sehr gerechte Frau. Ich habe sie eigentlich nur arbeiten sehen. Sie war eine ganz dünne Person, die sieben Tage die Woche gerackert hat. Freie Tage gab‘s bei ihr nicht, es wurde rund um die Uhr geschuftet.
Was können Sie Ihren Enkeln fürs Leben mitgeben?
Das Bewusstsein, dass man sich Menschen gegenüber so verhalten sollte, wie man selber auch behandelt werden möchte. Also gutes Benehmen, um es mit einem etwas altmodischen Begriff zu sagen. Außerdem den Willen, etwas auf die Beine zu stellen, und sich nicht darauf zu verlassen, dass irgendwann das Glück vorbeikommt – von selber kommt nämlich gar nichts.
Fragen die Enkel ihre berühmte Oma denn auch manchmal aus?
Nein, die wissen ja gar nicht so genau, was ich mache, dass ich Schauspielerin bin und so. Für sie bin ich nur die Oma, fertig.
Sie stehen seit 60 Jahren vor der Kamera, jeder kennt Sie. Beneiden Sie manchmal all die Menschen, die auf der Straße nicht sofort erkannt werden?
Nein. Ich habe damals diesen Beruf gewählt, und wenn man sich dazu entscheidet, Schauspielerin zu sein, dann muss man mit einer gewissen Bekanntheit rechnen. Natürlich nur, wenn man erfolgreich ist, und das war ich Gottseidank ja. Ich empfinde es als Kompliment und nicht als Last, wenn mich die Leute auf der Straße erkennen. Es gibt ja viele Kollegen, denen das auf die Nerven geht, dafür habe ich kein Verständnis. Meistens kann ich mich auch ganz normal bewegen, in meiner Heimstadt München sagen die Leute Hallo, wenn sie mich sehen, und dann sage ich auch Hallo. Und wenn in der Fußgängerzone jemand ein Selfie machen will, dann mache ich halt ein Selfie, das geht doch schnell.
Gehen Sie im Supermarkt einkaufen?
Aber klar, ich lebe doch nicht im Elfenbeinturm – und das will ich auch gar nicht. Wenn man nicht will, dass einen die Leute erkennen, dann darf man diesen Beruf nicht machen. Wem das lästig ist, der darf in diesem Beruf nicht erfolgreich sein.
Welche Leistung aus 60 Jahren vor der Kamera macht Sie besonders stolz?
Stolz bin ich nicht, ich mag das Wort nicht so. Aber ich bin dankbar dafür, dass ich es geschafft habe, mit meinen Rollen zu altern. Erst war ich in Filmen das Mädchen, dann die junge Frau, dann habe ich die Unternehmerin gespielt, schließlich die ältere Frau und jetzt bin ich eben die Großmutter. Ich bin dankbar dafür, dass mir das gelungen ist und man mir immer wieder die Möglichkeit geboten hat zu spielen.
Gibt‘s auch das ein oder andere, was Sie beruflich bereuen?
Den einen oder anderen Film hätt‘s vielleicht nicht gebraucht. Aber richtig bereut habe ich nie etwas.

© SWR/wüste medien/O-Young Kwon
Helene (Katharina Thalbach) hat sich getarnt und behält bei der Observation die Signale des GPS-Senders im Blick

© Sven Hoppe
Die Schauspielerin Uschi Glas.
Zur Person
Uschi Glas kam 1944 in Landau an der Isar zur Welt. Sie arbeitete zunächst als Sekretärin, ehe sie für die Leinwand entdeckt wurde und in einem Edgar-Wallace-Film ihr Debüt gab.
Seit ihrem Durchbruch vor 60 Jahren drehte Glas unzählige Filme und Serien, vom Kultfilm „Zur Sache, Schätzchen“ und der Schulsatire „Die Lümmel von der ersten Bank“ über den TV-Klassiker „Zwei Münchner in Hamburg“ bis zur Kino-Trilogie „Fack ju Göthe“, in der sie in einer selbstironischen Nebenrolle als überspannte Lehrerin ein vielbeachtetes Leinwandcomeback gab.
2009 gründete Uschi Glas den Verein „Brotzeit“, der Schulkinder kostenlos mit Frühstück versorgt. Die 81-Jährige lebt mit ihrem zweiten Ehemann in München, sie hat drei Kinder aus erster Ehe.