
Annika und Fenja vom Lotse-Team haben sich mit dem Kite auf die Außenweser gewagt.
Foto: Ralf Masorat
Wind bringt Segel und Adrenalin in Schwung
Endlich werden die Tage wieder länger und es weht immer eine steife Brise. Perfekte Voraussetzungen für den Beginn der Kitesurf-Saison.
Annika und Fenja vom Lotse-Team haben sich an einem der letzten sonnigen Tage im Herbst unter Anleitung der Kiteschule von Ansgar Pahl in Wremen erstmals mit dem Kite in die Außenweser gewagt.
Worauf haben wir uns da nur eingelassen?
Kite Surfen – Was ist das eigentlich schon wieder für eine verrückte Idee? Klar sieht es cool aus, wenn die Kite-Surfer mit ihren Boards auf dem Wasser gleiten. Aber ich auf so einem Ding? Das kann gar nicht gut gehen. Aber die Chance entgehen lassen, spontan eine Kite-Stunde nehmen zu können? Niemals.
In Fenjas Kopf gibt es schon vor dem großen Tag am, im und auf dem Wasser windige Turbulenzen. Sie gewährt uns Einblick in ihr Wechselbad der Gefühle. „Der Morgen vor der Kite-Stunde: Ich stehe im Badezimmer und packe Badeanzug und Handtücher zusammen. Absolut verrückt zu überlegen, dass wir Ende September noch in die Weser steigen. Das wird sicher unglaublich kalt.“ Fenja wird immer nervöser, überspielt dies aber in Gegenwart ihrer Kollegin Annika zunächst - frau will sich ja nicht die Blöße geben. Doch dann bricht es auf der Fahrt nach Wremen aus ihnen heraus; denn langsam steigt die Nervosität – „Worauf haben wir uns da nur eingelassen?“ Annika lacht und wirkt nach außen lässig.
Schnupper-Kite-Surferinnen
„Hi, ihr seid also die beiden Mädels vom Lotsen“, begrüßt Anisha die beiden Schnupper-Kite-Surferinnen lächelnd vor dem Container der Kite-Surfschule. Das Lächeln der beiden Neulinge fällt nervös aus, denn keine kann die Anspannung verbergen. Fenja und Annika schauen verstohlen einigen Kite-Surfern hinterher, die sich vom Übungsplatz jetzt mit ihren Kite-Segeln in Richtung Wasser aufmachen. Wasser. „Da sollen wir auch rein?“ flüstert Fenja Annika verstohlen zu und verzieht das Gesicht.
Als erste unerwartete Hürde entpuppt sich das Einpellen in die Neoprenanzüge in den mobilen Umkleidekabinen, aus denen jetzt Fenjas Stimme erklingt. „Oh Gott, ich kriege den nicht mal über den Oberschenkel. Keine Chance, ich brauche mindestens eine 38, die sind höllisch eng.“ Unter Anwendung von Gewalt, lautem Stöhnen und Fluchen steckt Fenja nach einer gefühlten Ewigkeit endlich in dem hautengen Anzug. „Wow, mir wird jetzt schon warm, vor dem kalten Wasser habe ich jetzt keine Angst mehr.“

Anisha begrüßt die Kitesurf-Neulinge Fenja und Annika mit einem freundlichen Lächeln. Masorat
Foto: Ralf Masorat
Als Annika nach ähnlichen Anstrengungen endlich aus der Kabine tritt, kann es mit den Trockenübungen auf der Wiese losgehen. Beim Anblick des unerwartet großen Kite-Segels fällt den Anfängerinnen die Kinnlade runter, während die Augenbrauen ungläubig nach oben schnellen. Anisha schmunzelt und erklärt geduldig, wie die Gurte und Karabiner angelegt werden und wie das Konstrukt mit den Seilen zum Kite-Segel funktioniert. „Wer legt die Schnüre gerade auf den Rasen und wer pumpt Luft in das Segel?“, fragt Anisha. Annika übernimmt das Aufpumpen und gerät schnell in Schweiß bei der unerwarteten Anstrengung, während Fenja sorgfältig die Seile nebeneinander drapiert. „Jetzt wird mir erst klar, wie groß das Segel und diese Teile eigentlich sind. Wahnsinn! – Da sollen wir uns ranhängen und es in der Luft halten? Da fliegen wir doch weg!“, fragt Fenja verzweifelt. Nach einigen Sicherheitsanweisungen und Erklärungen schnallt sich Annika mutig an das Kite-Segel. Sie stellt sich gut an, das Segel steigt empor - und Annika wird von der Kraft des Windes überrascht, macht mit einem Schrei einen riesigen Satz nach vorne und wird einige Meter über den Boden gezogen, bevor sie japsend liegen bleibt. Es ist nichts passiert, aber der Hund von Passanten hat sich bei dem Vorfall erschrocken und war zur Seite gesprungen. „Entschuldigung!“, rufen Fenja und Anisha sofort und Annika hebt zustimmend die Hand, während sie sich aufrappelt.

Annika muss sich gleich zu Beginn des Schnupperkurses strecken, um das Kite-
segel in den Griff zu bekommen.
Foto: Ralf Masorat
Erfolgreiche Trockenübungen
Nach weiteren erfolgreichen Trockenübungen stapft das Trio barfuß Richtung Wasser, während Anisha das Segel über ihnen im Zaum hält, um im Wasser weiterzumachen. „Das ist ja gar nicht so kalt“, nicken sich Fenja und Annika bei den ersten Schritten durch den Schlick zu. Das ändert sich schlagartig, als sie das Wasser erreichen. „Das ist ja arschkalt!“, ruft Fenja erschrocken und hüpft. „Die Füße kribbeln, aber ansonsten ist es warm.“ Bald darauf ist Fenja nur noch am Strahlen. „Es ist so schön, in der Sonne durch die Weser zu laufen, ohne großartig die Kälte zu spüren. Ich liebe es!“
Die Anspannung ist in den Gesichtern zu erkennen
Als den Dreien das Wasser bis zum Bauchnabel reicht, wird es ernst. Schlagartig ist die Anspannung in den Gesichtern zu erkennen. „Fenja, du startest“, sagt Anisha, löst den Karabiner von ihrem Anzug und klickt diesen bei ihrer Schülerin ein. Sie erklärt nochmals den Ablauf. Auch hier auf dem Wasser stellt das Hochziehen des Kite-Segels schon die erste Herausforderung dar. Fenja agiert mit Bedacht, das Segel sträubt sich etwas, doch Fenja hat längst der Ehrgeiz gepackt, so wie der Wind jetzt das Segel. Es schwingt hoch und innerhalb von Sekunden fängt sich der Wind in dem Segel. „Loslassen!“, ruft Anisha, was Fenja befolgt und durch das Wasser rauscht. Der Adrenalinschub hatte längst eingesetzt und Fenja wird mit jedem Mal mutiger „Ist das aufregend“, ruft sie strahlend und prustend. Auch Annika bekommt das Kite-Segel in die Luft und schlägt sich gut bei ihren Versuchen. „Ich bin voll in meinem Element“, lacht sie euphorisch. Für beide verfliegen die Stunden wie im Nu. Als sie vom motorisierten Schlauchboot aus dem Wasser gefischt werden, sind Annika und Fenja erschöpft, aber sie strahlen über beide Ohren. „Das hat ultra viel Spaß gemacht, unfassbar, wie viel Kraft und Körperbeherrschung man in diesem Sport aufbringen muss. Aber es muss ein absolutes Gefühl von Freiheit sein, wenn man es geschafft hat, auf dem Board durchs Wasser zu gleiten.“

Anisha düst nach der Trainingseinheit auf dem Wasser davon.
Foto: Ralf Masorat
Kite-Spots im Landkreis Cuxhaven
Die Kiterei, www.kiterei.de
Surfschule Cuxhaven, www.surfschule-cuxhaven.de
Kite Buddy, www.kite-buddy.de
Kiteschule Wremen
Ansgar Pahl