
Ein an eine Wand im Künstlerviertel Vila de Gràcia gesprühter Schriftzug „Tourists Go Home“.
Foto: Emilio Rappold
Nicht nur auf Mallorca: Spanische Wut auf Touristen steigt
Trotz der hohen Inflation könnte Spanien dieses Jahr den Touristenrekord von 2019 brechen. Die Kassen klingeln wie nie zuvor. Doch immer mehr Einheimischen ist der Massentourismus ein Dorn im Auge. Einige schäumen vor Wut.
„Man sollte sie alle zum Teufel jagen, am besten die Grenzen dichtmachen! Die Engländer und die Deutschen sind die schlimmsten, die machen uns das Leben zur Hölle hier“, schimpft mit wutverzerrtem Gesicht die Frau in den Achtzigern, die nahe des Park Güell in Barcelona mühsam ihre Einkaufstüten nach Hause schleppt. Kurz zuvor hatte sie eine Gruppe junger Touristen beschimpft, die ihr auf dem engen Bürgersteig keinen Platz gemacht hatten. Im Café stimmt ein älterer Herr der Rentnerin zu. Unter dem Johlen seiner Freunde ruft er: „Von meinem Balkon spucke ich auf das Gesindel.“
Nicht alle äußern ihren Zorn so drastisch - aber in diesem Sommer ist es schwer, in Barcelona einen Einheimischen zu finden, der den stetig wachsenden Tourismus nicht satthat. Das Wort „Turismofobia“ (Tourismusphobie) macht in Spanien - dem beliebtesten ausländischen Reiseziel der Deutschen - immer mehr die Runde. Nicht nur in Barcelona und ganz Katalonien, auch auf Mallorca, in Galicien oder auf den Kanaren wird die Ablehnung des Massentourismus immer offener und auch schon mal gewalttätig zur Schau getragen.
Aktionen, um Touristen zu ärgern
Vielerorts gibt es Protestkundgebungen der Anwohner. Aber nicht nur. Man lässt sich auch spektakuläre Aktionen einfallen. Etwa auf Mallorca, wo eine Aktivistengruppe namens Caterva an der Ostküste ausländische Touristen im August von den Stränden zu verscheuchen versuchte, in dem sie täuschend echt aussehende Hinweisschilder aufstellte, auf denen auf Englisch ein Badeverbot mitgeteilt oder vor „gefährlichen Quallen“ oder Steinschlag gewarnt wurde. Alles natürlich falsch und erfunden. Man müsse gegen die „Enteignung“ der Strände durch die Urlauber vorgehen, erklärte die Gruppe später.
Davor hatten in Barcelona Anwohner des Viertels El Carmel unweit vom Park Güell jene Schilder, die den Weg zu den alten Bunkern auf dem Hügel Turó de la Rovira anzeigen, einfach umgedreht, um Fremde in die Irre zu führen. Der Aussichtspunkt, der einen der besten Panoramablicke auf die Stadt bietet, war in den vergangenen Jahren zu einem Hotspot für Sonnenuntergangs- und Picknickfans, aber auch für Tiktoker, Instagramer und Sauftouristen geworden.