Durch milde Winter bleiben Muscheln wie Herzmuschel und die baltische Plattmuschel aktiv und verbrauchen ihre Energiereserven – mit fatalen Folgen.
Foto: Heiko Lossie/Symbolbild
Nordsee-Muscheln in Not! Experte warnt vor fatalen Folgen
Muscheln an der Nordsee geraten unter Druck: Milde Winter und heiße Sommer schwächen die Tiere – mit Folgen für das ganze Ökosystem.
Muscheln im Überlebenskampf an der Nordsee
„Weil wir jetzt keine kalten Winter haben, führt es dazu, dass die Muscheln auch im Winter Nahrungsaufnahme betreiben, was sie sonst nicht tun“, so Dr. Matthias Mertzen vom Nationalpark-Haus Wurster Nordseeküste.
Da Muscheln wechselwarme Tiere sind, können sie ihre Aktivität an die Umgebung anpassen. Deswegen bleiben sie selbst in der kalten Jahreszeit aktiv – obwohl kaum Nahrung vorhanden ist.
Ohne Winterruhe für Muscheln schwinden die Reserven
Normalerweise sorgt Frost für eine natürliche Ruhephase, in der Muscheln ihre Energiereserven schonen. Doch ohne diese Winterpause verbrauchen sie weiterhin Energie beim Filtern von Wasser. Die Reserven, die eigentlich für die Fortpflanzung gedacht sind, schwinden dahin. „Deshalb gehen ganz viele Muschelarten deutlich bei uns zurück“, bedauert Mertzen.
Doppelte Belastung im Sommer und Winter
Nicht nur milde Winter setzen den Muscheln zu, auch heiße Sommer verschärfen die Lage. Warmes Wasser enthält weniger Sauerstoff, was zusätzlich Stress bedeutet. Diese doppelte Belastung kann langfristig zum Rückgang der Populationen führen und das empfindliche Ökosystem im Wattenmeer aus dem Gleichgewicht bringen.
Weniger Fleisch für hungrige Vögel
Die Folgen dieser Entwicklung spüren auch die Fressfeinde. Möwen und Eiderenten müssen mehr fressen, um ihren Energiebedarf zu decken – denn das Muschelfleisch ist magerer geworden. Mertzen gibt zu bedenken: „Das wirkt sich dann natürlich wieder auf den Bruterfolg der Vögel aus und auf deren Fitness gegenüber Krankheitserregern“
Krankheiten nehmen durch Schwächung zu
Die geschwächten Vögel sind zudem anfälliger für Krankheiten. Die Vogelgrippe, die mittlerweile ganzjährig auftritt, kann sich dadurch leichter ausbreiten. So wirken sich die Veränderungen an der Basis der Nahrungskette bis weit nach oben aus – mit potenziell dramatischen Folgen für die Artenvielfalt an der Nordsee. (dm)