Wenn in Los Angeles der rote Teppich zur Grammy-Verleihung ausgerollt wird, fiebern Millionen mit. Auch Hip-Hop bahnt sich langsam den Weg zur prestigeträchtigsten Auszeichnung der Musikbranche. Und doch zeigt sich auch dieses Jahr: Mainstream setzt sich durch.
Ganz abgeräumt hat er am Ende dann doch nicht. Elf seiner Grammy-Nominierungen auf einen Schlag zu gewinnen, das wäre auch irgendwie undenkbar gewesen. Und trotzdem war Kendrick Lamar der heimliche Champion des Abends. Denn in der sekundengenau durchgetakteten, lang einstudierten und für die Musikbranche beispiellos wichtigen Grammy-Verleihung in Los Angeles lieferte der Rapper einen politisch aufgeladenen, hitzigen Auftritt, der das Publikum aufrütteln musste.
Liebesbekundung von Adele
Der an die schwarze Bürgerrechtsbewegung erinnernde, packende Auftritt, der in einem Gefängnis begann und sich beim Wechsel zu "Alright" vor einem großen Lagerfeuer abspielte, bleibt hängen. "Ich liebe Dich Kendrick, Du bist unglaublich!", schrie
Adele dem Rapper zu, als sie für ihren tontechnisch verpatzten, aber kristallklar vorgetragenen Hit "All I Ask" im Scheinwerferlicht stehenden Applaus bekam. "Kendrick Lamar sollte nächstes Jahr einfach die ganze Show machen", kommentierte die "New York Times".
Mainstream siegt
Doch was Lamar an Energie ins Staples Center gebracht hatte, wurde dem für elf Grammys nominierten Künstler bei der Preisverleihung entzogen. Zwar räumte er fünf Trophäen ab, unter anderem für das beste Rap-Album, doch für die Königskategorien zur besten Aufnahme, dem besten Album oder dem besten Song reicht es nicht. Es wurde, trotz einiger anders gearteter Hoffnungen im Voraus, wieder nicht das Grammy-Jahr des Rap, sondern des Mainstream.
Seitenhieb von Taylor Swift in Richtung Kanye West
Was nicht heißen soll, dass
Ed Sheeran für "Thinking Out Loud" den Preis als bester Song oder Mark Ronson mit
Bruno Mars für "Uptown Funk" die Auszeichnung Aufnahme des Jahres nicht verdient hätten. Oder dass Sternchen
Taylor Swift, die für "1989" die Trophäe für das Album des Jahres und das beste Pop-Gesangsalbum sowie mit "Bad Blood" den Preis für das beste Musikvideo absahnte, dem Publikum nichts zu sagen hatte: Ihre Dankesrede über Widersacher, die fremde Erfolge für sich beanspruchen wollten, war klarer Hieb gegen Rapper
Kanye West. Der hatte vergangene Woche nicht weniger getan, als sich in seinem neuen Album "The Life of Pablo" zum Ziehvater von Swift aufzuspielen.