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Es ist gut, sehr gut sogar, dass es bei dieser Europameisterschaft ums Fußballspielen und nicht um Sprachvirtuosität geht. Zwei junge deutsche Ballzauberer sind nämlich ganz schlecht darin, die besten Worte aneinanderzureihen. Am Mittwochmittag saßen Jamal Musiala und Florian Wirtz im DFB-Basiscamp in Herzogenaurach auf dem Pressekonferenz-Podium. Und das war wirklich eine zähe Sache für die nach prickelnden Zitaten lechzenden Reporter im Saal.
Die beiden 21-Jährigen verstehen sich als Fußballer mit offensiven Geniefähigkeiten fast blind. „Es macht Spaß, mit ihm auf dem Feld zu sein“, sagte Musiala über Wirtz. Und Wirtz sagte über Musiala: „Jamal ist ein sehr netter Junge.“ Man habe „viele gleiche Interessen“ und könne „viel miteinander anfangen“.
Virtuoses Zusammenspiel mit Worten geht anders
Aber im Angesicht der Medienmeute, die da auf den Stühlen saß, war es beiden am liebsten, wenn der jeweils andere reden musste. Als Musiala mühsam ein paar Sätze formuliert hatte, meinte Wirtz vom deutschen Meister Bayer Leverkusen: „Da schließe ich mich an.“ Als der für den FC Bayern München spielende Jamal Musiala sogar mal gar nichts sagte, grinste DFB-Pressesprecherin Franziska Wülle und drehte sich zu ihm hin: „Du schließt dich an?“ - „Ähhm, ja.“ Virtuoses Zusammenspiel mit Worten geht anders.

© Hannibal Hanschke
Deutlich mehr zu lachen gab es vor 18 Jahren, als die Nationalspieler Lukas Podolski (links) und Bastian Schweinsteiger auf einer Pressekonferenz zur Fußball-WM sprachen.
Das hatten beim deutschen WM-Sommermärchen 2006 die deutschen Youngster Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger viel besser drauf. „Poldi“ und „Schweini“ waren klasse Fußballer, aber auch Unterhaltungskünstler abseits des Platzes.
Im Team sind andere die Spaßmacher
Lang ist’s her. Können Jamal Musiala und Florian Wirtz mit diesen Typen aus grauer Vorzeit überhaupt noch was anfangen? „Idole von früher“ seien das, sagte Wirtz. Aber man wolle sich „nicht unbedingt in diese Rolle packen“.
Die Positionen der Spaßmacher sind im DFB-Team vom 34-jährigen Thomas Müller und dem 27-jährigen Deniz Undav vom VfB Stuttgart besetzt. Musiala und Wirtz sind nur auf dem Fußballrasen Unterhaltungskünstler auf Weltklasseniveau. Der Münchner, inzwischen 21, hat den Spitznamen „Bambi“ immer noch nicht komplett abgelegt. „Ein paar Spieler“ würden ihn immer noch so nennen. Er habe auch „kein Problem damit“, obwohl er in den vergangenen Jahren „schon Schritte nach vorn“ gemacht habe. Entwicklungsschritte als Mensch, als Typ, nicht nur als Fußballer.
Fußballerische Intuition der beiden von enormem Wert
Bundestrainer Julian Nagelsmann setzt bei der am Freitagabend mit dem Spiel gegen Schottland beginnenden EM auf die herausragenden Fähigkeiten der Supertalente, wenn sie den Ball haben. Im Dribbling. Im schnellen Aufdrehen. Auch im Abschluss. Aber die beiden Zauberer dürfen „auf jeden Fall nicht machen, was wir wollen“, sagte Florian Wirtz.
„Es gibt natürlich einen Plan.“ Über die grundlegende Struktur im Team hinaus ist aber die fußballerische Intuition der beiden von enormem Wert. „Im richtigen Augenblick die richtige Entscheidung zu treffen“, meinte Jamal Musiala, darauf komme es an. Auf dem Platz fällt ihm und Florian Wirtz das viel leichter als bei der DFB-Pressekonferenz.