
In China hat Akupunktur eine jahrtausendealte Tradition.
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Mein erstes Mal...bei der Akupunktur
Irgendwann ist immer das erste Mal. Für alles. Oder zumindest für fast alles, denn manches macht man auch nie. Aus Angst, Scham, Vorurteilen, Unwissenheit oder weil man es eben aus Prinzip einfach nicht tut. Damit ihr aber nicht alles selbst ausprobieren müsst, berichtet unser nord24-Reporter Felix Filke wöchentlich in der Kolumne "Mein erstes Mal..." von Selbstversuchen, die lustig, peinlich, interessant oder einfach nur schmerzhaft sind. Heute: Mein erstes Mal...bei der Akupunktur.
Neugierde tut weh
Wer sich Nadeln in den Körper stecken lässt, muss schon sehr verzweifelt sein. Oder krank. Denn in der traditionellen chinesischen Medizin wird die Akupunktur schon seit mehr als 2000 Jahren angewendet - bei allen möglichen und unmöglichen Krankheiten und Wehwehchen. Ich habe im Moment zwar keine, würde aber trotzdem gerne wissen, wie man sich so fühlt, wenn man aufgespießt wird. Also hin zum Heilpraktiker.
Nadeln für das Immunsystem
Der in meinem Fall eine Heilpraktikerin ist und Steffi heißt. Das Behandlungszimmer ist klein und warm - eine Liege, ein Schreibtisch, ein Schrank, viel mehr passt nicht rein. Vor der eigentlichen Akupunktur steht ein längeres Gespräch an, um abzuchecken, welche Probleme man eigentlich hat. Ich habe keine - als ich Steffi aber sage, dass ich vor einigen Wochen mit einem grippalen Infekt im Bett lag, überlegt sie nicht lange: "Dann machen wir was für dein Immunsystem."
Meine Zunge ist tip top
Zuvor fühlt sie aber noch meinen Puls (ich habe einen eher "saitenförmigen" Puls, der auf Leber- oder Verdauungsprobleme hindeuten kann) und guckt sich meine Zunge an ("die sieht gut aus, hat eine schöne rosige Farbe, ist nicht ausgefranst und nicht belegt"). Na dann ist ja gut. Aber dann kommen die Nadeln.
Mir bleibt kurz die Luft weg
Die sind ungefähr so lang wie ein Streichholz, aber zum Glück wesentlich dünner. Ich ziehe mich bis auf die Unterhose aus und setze mich auf die Liege. Als erstes bekomme ich acht Nadeln in den Rücken verpasst. Sieben merke ich fast gar nicht, die achte zieht ordentlich rein. Ich muss kurz die Luft anhalten, dann geht es wieder. Die Nadeln werden mit Pflastern überklebt, damit ich mich auf den Rücken legen kann.
Der Schmerz treibt mir Tränen in die Augen
Nun kommt Steffi in Schwung: eine Nadel steckt sie in den Bauch, eine in die Brust und zwei in die Nasenflügel - die sind fies. Danach landen jeweils zwei in beiden Händen, eine in der Stirn und jeweils vier in jedem Bein. Die in der Stirn treibt mir die Tränen in die Augen. Das ist die erste und einzige, die wirklich weh tut.
Wo kommt die ganze Wärme her?
Aber der Schmerz vergeht schnell und die Entspannungsmusik aus dem CD-Player tut ihr Übriges. Dafür schwitze ich plötzlich ungeheuerlich. Das kommt aber nicht von den Nadeln selbst, sagt Steffi, sondern eher von der Aufregung. Gut möglich, schließlich hat man nicht jeden Tag 25 Nadeln im Körper.
Ich bin kein Chinese
Dabei habe ich noch Glück: "Die Chinesen lachen über unsere kleinen Nadeln", sagt Steffi. Im Ursprungsland wollen die Patienten den sogenannten Akupunkturschmerz sogar spüren - "die westlichen Menschen sind da viel empfindlicher". Ich bin also nicht alleine.
Energie fließt durch den Körper
Akupunktur kann man bei allen möglichen Krankheiten anwenden, sagt mir Steffi, sie selbst setzt sie aber hauptsächlich bei Gelenk- und Muskelproblemen ein. Die Wirkungsweise erklärt sie knapp wie folgt: Den menschlichen Körper durchlaufen Energiebahnen wie Blutgefäße. Wo diese Bahnen sich kreuzen, liegen die Akupunkturpunkte.
Die Nadeln stellen das Gleichgewicht wieder her
Im Idealfall ist der Energiefluss im Körper ein Kreislauf. Krankheiten stören aber dieses Gleichgewicht - die Energie kann nicht mehr richtig fließen. Die Nadeln in den Knotenpunkten sollen durch Betäubung oder Stimulierung dafür sorgen, dass die Energiebalance wieder hergestellt wird.
Nichts ist passiert - ein gutes Zeichen!?
Auch das Rausziehen der Nadeln merke ich deutlich. Grundsätzlich geht es mir hinterher aber nicht anders als vorher. Ich werte das mal als gutes Zeichen. Erst später am Abend bekomme ich ziemlich dolle Kopfschmerzen. Wo habe ich bloß die Stecknadeln hingelegt...?

In China hat Akupunktur eine jahrtausendealte Tradition.
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Dies ist ein beliebter Punkt bei der Akupunktur - er soll generell gegen Schmerzen Entzündungen helfen.
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