Bei Jauch Million gewonnen: Leon Windscheid ist jetzt ZDF-Moderator

Bei Jauch Million gewonnen: Leon Windscheid ist jetzt ZDF-Moderator

Als Kandidat in „Wer wird Millionär?“ wurde Leon Windscheid auf einen Schlag reich und berühmt: 2015 konnte er in der Quizshow die Million gewinnen. Inzwischen ist Windscheid Fernsehmoderator und präsentiert gleich zwei aufwendige Dokureihen.

„Bei 64.000 Euro ist meist Schluss“

Bei Jauch Million gewonnen: Leon Windscheid ist jetzt ZDF-Moderator

Im Dreiteiler „Terra XPlore: Toxische Männlichkeit“ befasst sich der studierte Psychologe mit der Frage, wann ein Mann ein Mann ist (5.8., ZDF-Mediathek), im September beleuchtet er für die Reihe „Terra X“ den Mythos großer Weltstädte.

Herr Windscheid, 2015 saßen Sie als Kandidat bei „Wer wird Millionär?“ und gewannen eine Million Euro, jetzt sind Sie selber TV-Moderator. War dieser Karriereweg von Anfang so geplant?

Nein, gar nicht. Ich bin nicht zu Jauch gegangen, um ins Fernsehen zu kommen, sondern weil ich schnell viel Geld brauchte für meinen Plan, ein Partyschiff zu kaufen. Ich habe das Schiff dann auch tatsächlich gekauft, obwohl mir nach dem Gewinn jeder riet: „Hol dir eine Doppelhaushälfte in Münster, dann hast du ausgesorgt.“ Günther Jauch kam zur Taufe des Schiffs, wie er es versprochen hatte, es gab eine große Medienwelle, und für mich wäre es wunderbar gewesen, wenn sich danach niemand mehr für mich interessiert hätte.

Warum sind Sie als promovierter Psychologe dann doch in den Medien gelandet?

Ich habe 2017 mein erstes Psychologiebuch geschrieben und wurde von einem Künstlermanagement gefragt, ob ich damit nicht auf eine Bühnentour gehen will. Weil ich sehr neugierig bin, habe ich es gewagt. Ich glaube, mein erster Auftritt war schrecklich, ich habe das meiste davon verdrängt. Trotzdem habe ich damals Feuer dafür gefangen, das komplexe Thema Psychologie so zu vermitteln, dass Leute es verstehen und etwas für sich mitnehmen.

Sie zählen jetzt zum Moderationsteam der Sendung „Terra X“ und deren Ableger „Terra XPlore“. Sind Sie quasi der Harald Lesch für Psycho-Themen?

Genau, Harald Lesch macht Kosmos und Mumien, Mai Thi Nguyen-Kim macht das Thema Chemie, Mirko Drotschmann macht die Geschichte und ich bringe jetzt die Psychologie mit (lacht). Es ist etwas Besonders für mich, diese Sendung zu moderieren, weil ich wie so viele andere damit groß geworden bin, das ist für mich eine Kindheits- und Jugenderinnerung. Jetzt selber dazuzugehören, fasziniert mich.

In „Terra XPlore“ präsentieren Sie eine Dokureihe über toxische Männlichkeit. Wie sieht Ihre Definition dieses Begriffs aus?
Ein Mannsein, das in erster Linie den Frauen auf diesem Planeten schadet. Es gibt dieses Bild vom harten Machertyp, der keine Schwäche zeigt und denkt, Fühlen ist was für Frauen oder Weicheier, der Fleisch auf den Grill haut, Bier trinkt, riskant Auto fährt und nie zum Arzt geht. Das ist ein Muster von Männlichkeit, das heute noch in vielen Köpfen spukt. Wenn es uns gelingt, das zu ändern, verbessert sich die Lage nicht nur für Menschen, die unter dieser toxischen Männlichkeit leiden, sondern auch für diese Männer selber. Denn man darf ja nie vergessen: Männer sitzen viel öfter im Knast, konsumieren viel häufiger Drogen und sterben wegen ihrer Lebensweise im Schnitt fünf Jahre früher als Frauen. Ganz vielen Männern geht‘s nicht gut.

Rückblick ins Jahr 2015: Leon Windscheid aus Münster beantwortet die 1-Million-Frage in der RTL-Sendung "Wer wird Millionär?".

© RTL-Handout

Rückblick ins Jahr 2015: Leon Windscheid aus Münster beantwortet die 1-Million-Frage in der RTL-Sendung "Wer wird Millionär?".

Wo sind Sie im Medien- und Wissenschaftsbetrieb schon auf toxische Männlichkeit gestoßen?

Ich möchte nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Ich finde, jeder Mann muss sich an die eigene Nase fassen und sich kritisch hinterfragen, ob er nicht selber Teil des Problems ist. Nur ein Beispiel: Als ich so um die 16 war, da war es ganz normal, das Wort schwul abwertend zu verwenden, in Sätzen wie: „Boah, ist das schwul“. Wenn ich heute darauf zurückschaue, denke ich mir: Das war ein Fehler von mir. Sexismus, Homophobie, immer der Harte sein müssen – das ist ein Mannsein, das wir nicht brauchen.

In Ihrem neuen Bühnenprogramm, mit dem Sie im Herbst auf Tour gehen, sagen Sie dem Perfektionismus den Kampf an. Was ist an Perfektionismus denn so schlecht?

Wir leben in einer Welt, die unheimlich viel Druck macht. Es gibt Anti-Aging-Cremes für Zwölfjährige, wir tracken unsere Schritte, wir müssen auf der Yogamatte, im Bett und im Job immer gut aussehen, und jeder, der in sich hineinfühlt, merkt: Der Druck ist zu hoch, wir verlangen zu viel von uns. Natürlich wäre es die einfachste Lösung, zu sagen: Nimm mal einen Gang raus, lass Fünfe mal gerade sein und bleib, wie du bist. Aber so sind wir Menschen eben nicht. Menschen wollen sich weiterentwickeln, wollen wachsen. Diesem Problem gehe ich in meinem neuen Programm auf den Grund.

Sind Sie nicht selber ein Perfektionist? Immerhin haben Sie sich auf „Wer wird Millionär?“ vorbereitet, indem Sie damals drei Monate lang zehn Stunden am Tag Wissen gepaukt haben…

Aber das ist es ja, was guten Wissenschaftsjournalismus ausmacht. Man nimmt die Leute mit auf eine Reise – und die ist bei mir maximal persönlich motiviert. Ich selber will auch immer besser werden, nämlich in Wissenschaftskommunikation. Ein anderer will vielleicht ein guter Papa werden oder Italienisch lernen, der gibt sich ja auch nicht zufrieden mit fünf Wörtern. Ich will Wege finden und aufzeigen, wie man sich weiterentwickeln kann, ohne es zu übertreiben und immer unzufrieden mit sich zu sein.

Schauen Sie „Wer wird Millionär?“ noch regelmäßig?

Nur noch selten, weil es sich für mich seltsam anfühlt. Als ich damals in diesem Quizstudio war und auf diesem Stuhl saß, als das Feuerwerk von oben kam, weil ich gewonnen hatte – da dachte ich, das ist jetzt der krasse Moment. Aber noch heftiger war es danach. Ich weiß noch, wie ich wie in Trance in meinem WG-Zimmer saß und plötzlich viel früher als angekündigt beim Onlinebanking auf meinem Girokonto die Überweisung sah: eine Million Euro. Und das mit 26 und netto. Dafür arbeiten andere ihr ganzes Leben. Damit musst du auch erst mal klarkommen. Das ist etwas, was die Sendung für mich zu so einer unwirklichen Erfahrung macht. Aber manchmal, wenn sie gerade läuft, bleibe ich hängen und gucke, wie weit ich kommen würde.

Und wie weit kommen Sie?

Bei 64.000 Euro ist normalerweise Schluss. Bis zur Millionenfrage komme ich nicht. Um weit zu kommen, braucht es ein paar Zutaten. 15 Prozent, dass man sich mit Günther Jauch gut versteht, 15 Prozent Wissen, aber 70 Prozent sind Glück, dass die richtigen Fragen kommen. Und ich hatte damals ganz viel Glück.

Wofür sind Sie dem Millionengewinn rückblickend dankbar?

Dafür, dass ich als Kind zweier Lehrer das Sicherheitsdenken zur Seite schieben konnte und mich getraut habe, etwas zu machen, bei dem mir das Herz aufgeht. Nämlich Wissenschaft zu vermitteln – und in einer Zeit, wo die Wahrheit nicht mehr viel wert zu sein scheint, wo Verschwörungstheorien und rechter Populismus verbreitet werden, dem etwas entgegenzuhalten.

Leon Windscheid kam 1988 in Bergisch Gladbach als Kind eines Lehrerehepaars zur Welt und wuchs in Solingen auf. Er machte sich 2007 als Eventmanager selbstständig, studierte Psychologie an der Universität Münster und promovierte über Geschlechtervielfalt in Unternehmen. 2015 holte Windscheid als elfter Kandidat bei „Wer wird Millionär?“ die Million – vom dem Geld kaufte er sich ein Partyschiff, das er „MS Günther“ nannte. Windscheid hat seitdem mehrere Psycho-Ratgeber geschrieben, er bringt gemeinsam mit dem Comedian Atze Schröder den Podcast „Betreutes Fühlen“ heraus und geht bald mit einem neuen Bühnenprogramm auf Tournee. Der 35-Jährige lebt in Münster.

Psychologe und TV-Moderator: Leon Windscheid.

© Henning Kaiser

Psychologe und TV-Moderator: Leon Windscheid.

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Erstellt:
04.08.2024, 17:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 43sec

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