Heinz Rudolf Kunze singt bei dem Konzert in den Gärten der Welt. (Archivbild)

Heinz Rudolf Kunze singt bei dem Konzert in den Gärten der Welt. (Archivbild)

Foto: Carsten Koall

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Liebe, Krieg und Tod – Kunzes neues Album spiegelt das Leben

Von Leonard Fischer, dpa
12. September 2025 // 05:33

Heinz Rudolf Kunze packt „die menschlichen Kardinalthemen“ in seine 47. Platte – mal wütend, mal melancholisch, immer persönlich. Welche Fragen stellt er sich selbst beim Blick aufs eigene Leben?

Als selbst bezeichnetes „Arbeitstier“ macht Musiker Heinz Rudolf Kunze mit seinem neuen Album ein Angebot. Seine am Freitag (12. September) erscheinende Platte mit dem Titel „Angebot und Nachfrage“ enthält laut Kunze jedoch auch eine tiefere Nachfrage. „Wir wollen nämlich genau wissen, was los ist“, sagt der 68-Jährige. Das Album im Detail:

Genre, Songanzahl, Länge:

Deutscher Rock – die 17 Lieder dauern 64 Minuten und 52 Sekunden.

So klingt „Angebot und Nachfrage“:

Das 47. Album klingt vertraut nach Heinz Rudolf Kunze. Texte zwischen Biografie, Politik und Gesellschaft, getragen von seiner markanten Stimme – mal wütend, mal melancholisch, aber immer nuanciert. Musikalisch reicht die Spannbreite von Rock bis zu filigranen, atmosphärischen Momenten.

Ein Höhepunkt ist die Duettversion von „Dein ist mein ganzes Herz“ mit Annett Louisan. Stücke wie „Einen andern Menschen lieben“ bestechen durch poetische Bilder und emotionale Tiefe. Kunze versteht seine Alben als sorgfältig komponierte Reise vom ersten bis zum letzten Lied.

Darum geht es:

Auf „Angebot und Nachfrage“ behandelt Kunze zentrale Themen des Lebens: Liebe, Alter, Vergänglichkeit, Herkunft, Krieg und Tod. Gleichzeitig reflektiert er den Zustand der Gesellschaft, politische Entwicklungen und den zunehmenden Vertrauensverlust in Institutionen. Dabei verbindet er persönliche Erfahrungen wie seine Kindheit als Flüchtlingskind mit gesellschaftlichen Beobachtungen. Die Texte sind pointiert, nachdenklich und oft doppeldeutig. So ist das Album ein Hort intimer Liebesgeschichten und Spiegelbild der Gegenwart zugleich.

Das sagt der Künstler:

Trotz seiner überbordenden Produktivität setzt Kunze nicht auf Masse: „Ich arbeite nicht nach dem Prinzip „ich konzentriere mich auf drei Titel und der Rest sind Füller““, sagt er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Sein neues Album kreist um die großen Themen Liebe, Krieg und Tod. Kunze sucht darin nach Tiefe, stellt Fragen nach Wert und Sinn des eigenen Lebens und nach dem jüngsten Gericht: „Um diese Themen kommt ein Autor nicht herum.“

Besorgt zeigt sich der Musiker mit Blick auf die Gesellschaft. „Ganz bedrohlich finde ich, dass immer mehr Menschen das Gefühl haben, dass unser Staat einen Kontrollverlust erleidet“, sagt Kunze. Den etablierten Parteien werde immer weniger zugetraut, Sicherheit, Stabilität, Ordnung oder Wohlstand zu sichern – weshalb viele Wähler sich den Extremen zuwenden.

Diesen Song nicht überspringen:

„Besuch mich Marie“ klingt wie eine späte Fortsetzung von Kunzes Klassiker „Dein ist mein ganzes Herz“. Es sei ein Lied über Liebe, die immer noch existiere, auch wenn die Protagonisten älter und vom Leben gezeichnet sind: „Marie ist schon ein bisschen beschädigt vom Leben. Sie hat offenbar viel Pech gehabt mit Lovern. Und er ist auch nicht mehr taufrisch, aber liebt sie immer noch.“

Die skurrilen Szenen im Text – etwa, wenn Maries untreuster Lover nackt bis zum Kehlkopf im Schnee steckt oder sich die unterversicherte Protagonistin im Tiefschlaf das Knie verrenkt – verbinden Kunzes typischen Wortwitz mit emotionaler Tiefe. Die wiederkehrende Aufforderung „komm‘ und besuch‘ mich, Marie“ geht schnell ins Ohr – und bleibt im Kopf.

Die größte Überraschung:

Heinz Rudolf Kunze hat seinen größten Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ neu aufgenommen – diesmal als Duett mit der deutschen Chanson- und Popsängerin Annett Louisan. Die berühmte Doppelzeile „Dein ist mein ganzes Herz, Du bist mein Reim auf Schmerz“ ist auch vier Jahrzehnte nach Veröffentlichung seine prägnanteste Zeile.

„Jetzt redet die Frau mit, jetzt ist es ein Dialog geworden. Für mich ein ganz anderes Lied“, sagt Kunze. Louisans Stimme verleiht dem Klassiker eine neue Perspektive – aus jugendlicher Schwärmerei wird ein reiferes Gespräch über Liebe. „Unfassbar, dass sich das Lied so lange halten konnte. Ein Evergreen.“

Für wen sich das Album lohnt:

„Angebot und Nachfrage“ richtet sich nicht nur an eingefleischte „HRK“-Fans, die seine Sprachgewalt seit Jahrzehnten schätzen. Auch Hörer, die ein deutschsprachiges Album jenseits von oberflächlichem Pop suchen, dürften hier fündig werden. Die Mischung aus persönlichen Geschichten, gesellschaftlichem Kommentar und poetischer Bildsprache macht das Werk vielseitig anschlussfähig. Wer sich für Musik interessiert, die Haltung zeigt, Fragen stellt und dennoch unterhält, findet in diesem Spätwerk einen lohnenden Begleiter.

Der Liedermacher lebt seit über 40 Jahren für die Musik. (Archivbild)

Der Liedermacher lebt seit über 40 Jahren für die Musik. (Archivbild)

Foto: Carsten Koall

Kunze nimmt in seinen Liedern gerne Bezug auf politische und gesellschaftliche Zustände. (Archivbild)

Kunze nimmt in seinen Liedern gerne Bezug auf politische und gesellschaftliche Zustände. (Archivbild)

Foto: Carsten Koall

Sein neues Album „Angebot und Nachfrage“ ist zwar schon sein 47. Tonträger, aber Johnny Cash will Kunze noch einholen. (Archivbild)

Sein neues Album „Angebot und Nachfrage“ ist zwar schon sein 47. Tonträger, aber Johnny Cash will Kunze noch einholen. (Archivbild)

Foto: Carsten Koall

Kunzes musikalische Vorbilder sind unter anderem Bruce Springsteen, Bob Dylan und Neil Young. (Archivbild)

Kunzes musikalische Vorbilder sind unter anderem Bruce Springsteen, Bob Dylan und Neil Young. (Archivbild)

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