Michael-Jackson-Musical setzt auf spektakuläre Inszenierung und wenig Tiefgang

Michael-Jackson-Musical setzt auf spektakuläre Inszenierung und wenig Tiefgang

Der „King of Pop„ ist zurück. Am Sonntagabend feierte das Michael-Jackson-Musical in Hamburg seine Deutschlandpremiere. Aber trotz toller Inszenierung und herausragender Tänzer: Ganz überzeugen konnte die Darbietung nicht.

Moonwalk trifft Musical-Magie

Gesang und Tanz statt Tiefe: Deutschlandpremiere von „MJ“ überzeugt nur an der Oberfläche

Mit einem Ruck schnellt sein Arm nach oben, die Finger gespreizt, während er mit einer fast mechanischen Perfektion auf den Zehenspitzen rotiert. Dann gleitet er mühelos in den berühmten Moonwalk – eine Illusion, als würde er den Boden unter seinen Füßen zurückziehen. Sein Körper wirkt dabei wie fließendes Wasser, während sein Blick scharf und fokussiert bleibt. Michael Jackson in Perfektion. Oder besser: Benèt Monteiro in Perfektion. Der gebürtige Brasilianer hat gerade erst zwischen griechischen Tempel und Olymp agiert, jetzt hat er sein Hercules-Kostüm gegen Pailletten-Handschuh, rote Lederjacke, schwarze Loafers und weiße Socken getauscht. Er ist heute im Stage Theater an der Elbe der King of Pop.

Blick zurück zur „Dangerous“-Tournee im Jahr 1992

Mit einem Schrei sinkt er auf den Boden, eine Hand zum Himmel gestreckt, bevor er mit katzenartiger Geschmeidigkeit wieder hochspringt. Michael Jacksons Bewegungen erzählen Geschichten – seine Geschichte. Das Musical „MJ“ zeigt eine entscheidende Phase in Michael Jacksons Karriere: die Vorbereitungen zur „Dangerous World Tour“ im Jahr 1992. Mitten in den Proben für seine bahnbrechende Tournee wird er zwei Tage von einem Kamerateam begleitet, mit dem er Rückblenden auf die wichtigen Stationen in seinem Leben durchlebt.

Kinderdarsteller fängt Jacksons Stimmfarbe perfekt ein

Während seiner Kindheit und frühen Jahre in Gary in Indiana übernimmt dabei Kinderdarsteller Luan die Rolle des kleinen Michaels. Der 13-Jährige war zuletzt als Simba im König der Löwen Musical auf der Bühne. Er ist Profi. Er ist sensationell. Luan spielt den jungen Michael Jackson mit einer beeindruckenden Mischung aus kindlicher Energie und reifer Präzision. Beim Duett mit seiner Mama von „I will be there“ fängt er Michael Jacksons Stimmfarbe perfekt ein. Gleichzeitig zeigt er die Zerrissenheit eines Kindes, das im Rampenlicht steht. Seine Performance vereint Michaels kindliche Unschuld mit den ersten Anzeichen seines außergewöhnlichen Talents. Das zeigt er auch in den Anfängen als Mitglied der Jackson Five.

Mehr als 25 seiner größten Hits kommen zu Gehör

Den Teenie-Michael übernimmt Castinggewinner Prince Damien, der stimmlich ebenso ans Original herankommt, aber optisch so gar nicht Jackson trifft. Über 25 von Jacksons größten Hits können die Zuschauer im Proberaum mit Michael Jackson erleben, darunter „Billie Jean“, „Thriller“, „Beat It“ und „Smooth Criminal“. Jedes Michael-Double darf mal ran, manchmal singen sie sogar gemeinsam. Das macht Spaß.

Das Stück beleuchtet Jacksons Streben, sich selbst immer wieder zu übertreffen und neue Maßstäbe in der Unterhaltungsindustrie zu setzen. Dabei werden auch seine aufkommende Medikamente-Abhängigkeit, seine finanziellen Nöte und seine inneren Kämpfe thematisiert. Ein Highlight sind dabei die Reporter-Dämonen, die ihn tänzerisch einengen und umzingeln.

Geschichte bleibt weitgehend an der Oberfläche

Das ist dann aber auch schon alles. Die Einblicke sind erzählerisch flach und gehen wenig ins Detail. Die Darstellungen lassen den Zuschauer weitgehend kalt und emotional unbeeindruckt zurück. Problematisch ist, was nicht erzählt wird. Die Handlung bleibt oberflächlich und vermeidet wichtige Aspekte, wie die anhaltenden Missbrauchsvorwürfe gegen ihn. Dadurch wirkt das Stück wie eine reine Glorifizierung, ohne die Tiefen des Künstlers zu erforschen.

„Die Leute konzentrieren sich hoffentlich auf meine Musik“, sagt er im Stück zu der MTV-Reporterin. Und das ist es, was Stage Entertainment hätte machen sollen. Die Musik in den Mittelpunkt setzen, und um diese eine Story spinnen. So haben sie es auch schon mit Abba – „Mamma Mia“ – oder Udo Jürgens – „Ich war noch niemals in New York“ – getan.

Aufwendig inszeniertes audiovisuelles Spektakel

Die Inszenierung selbst ist ein audiovisuelles Spektakel. Mit aufwendigen Projektionen, Lichteffekten und Kostümen wird das Publikum in die Welt von Michael Jacksons Musik und Vision gezogen. Die Tänzerinnen und Tänzer liefern eine nahezu makellose Performance, die Michael Jacksons ikonischen Stil perfekt einfängt. Am Broadway hat das gereicht, um ein Kassenschlager zu werden. MJ wurde mit vier Tony Awards ausgezeichnet. In 685 Aufführungen in eineinhalb Jahren spielte die Broadway-Show rund 141,2 Millionen US-Dollar ein. Und ein Ende ist nicht in Sicht. (mcw)

Ein Tänzer in weißem Hemd und schwarzem Hut performt auf einer Bühne. Mit ausdrucksstarkem Gesichtsausdruck und ausgestrecktem Arm zieht er die Aufmerksamkeit auf sich. Der Hintergrund zeigt eine bunte, farblich beleuchtete Fensterkulisse und Musiker in gedämpfter Beleuchtung.

© Brandt/dpa

Nahezu makellos fangen die Darsteller des Hamburger Musicals den musikalischen und tänzerischen Stil von Michael Jackson ein.

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Erstellt:
02.12.2024, 06:00 Uhr
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