Musical „Catch me if you can“ bietet in Bremerhaven beste Unterhaltung

Musical „Catch me if you can“ bietet in Bremerhaven beste Unterhaltung

Was für eine Tat: Da erschwindelt sich ein Teenager Millionen. Im Stadttheater Bremerhaven fliegen diesem Hochstapler in einer grandiosen Show alle Herzen zu. Wirklich kein Schwindel: Im Musical „Catch me if you can“ treten nur wahre Könner auf.

Der Hochstapler gewinnt die Herzen

Das Musical „Catch me if you can“ bietet im Stadttheater Bremerhaven allerbeste Unterhaltung

Der erste Experte - allerdings mit etwas zweifelhaften Ruf - in der langen Reihe ist natürlich der Titelheld selbst, Frank Abagnale Jr. Seine Geschichte, wie er mit nichts in der Tasche über zwei Millionen Dollar erbeutete, erzählte er in den 1980er Jahren in einem Buch. Diese unglaubliche Gauner-Karriere verwandelte Regisseur Steven Spielberg 2002 in eine elegante Spielerei mit Leonardo DiCaprio als Scheckfälscher und Tom Hanks als FBI-Agent. Ein paar Jahre später folgte das Musical, vertont von Marc Shaiman.

Auf der Bühne geht es um den Schein

Keine Frage, die Story von einem, der auszog, ganz oben mitzuspielen und dabei auf die Macht des schönen Scheins setzte, ist der Stoff, aus dem Theaterträume sind. Denn auch auf der Bühne geht es immer um den Schein. Wenn es gut geht, glauben wir im Parkett, was da oben auf der Bühne passiert. Und in der Bremerhavener Inszenierung passiert da eine Menge. Dafür sorgen nicht nur die Gäste, die extra engagiert wurden, sondern das gesamte Ensemble. Nach einer rasanten Aufführung von „Catch me if you can“ hält es das Publikum nicht mehr auf den Sitzen.

Den Applaus haben sie sich alle verdient, aber besonders Regisseur und Choreograf Till Nau. Bei seiner Inszenierung stimmt einfach alles: das Tempo, die leisen und die lauten Töne, die Figurenführung, egal, ob bei einer großen oder kleinen Rolle. Und dass der Opernchor (Einstudierung: Edward Mauritius Münch) nicht nur singen, sondern auch tanzen kann, beweist er in fast jeder Szene. Die Regie nutzt diese Spielfreude, so dass der Chor wunderbar mit dem Profi-Quintett harmoniert.

Das Spiel mit den rosafarbenen Riesenfächern

Die Showgirls und -boys - Ramona Helder, Nadja Kilchherr, Verena Kollruss, Valerio Croce und Stefan Preuth - übernehmen die spektakulären Auftritte, das große Beineschwingen der Stewardessen ebenso wie das Spiel mit den rosafarbenen Riesen-Fächern. Sie gefallen als FBI-Agenten in dunklen Mänteln und Hüten ebenso wie beim Tanz mit den Koffern. Als Krankenschwestern oder Bardamen sorgen sie ebenfalls für Wow-Effekte.

Die Szenen gehen nahtlos ineinander über. Die Stimmungen wechseln schnell bei dieser biografischen Revue. Gerade noch haben die FBI-Agenten in dunklen Mänteln und Hüten vor einer roten Wand getanzt, da sind wir schon in einem Nobel-Restaurant in New York. Im Hintergrund erscheinen Bilder von New York, Los Angeles, einem Bahnhof oder einem Flughafen. Manchmal sehen wir wie bei einem Riesen-Fernseher nur einen Ausschnitt.

Viele Schauplätze auf der riesigen Showtreppe

Das Bühnenbild von Lukas P. Wassmann, eine riesige Showtreppe, lässt sich - dank des Gaze-Vorhangs - blitzschnell verwandeln. Wenige bewegliche Requisiten genügen, um ein Wohnzimmer, eine Schule, eine Krankenstation anzudeuten. Der Ausstatter kann allerdings auch völlig anders. Bei den Kostümen greift er in die Vollen, zitiert die Mode der 60er mit Pailletten-Kleidern, engen Hosen und grellen Farben. Die 60er Jahre - das war nicht nur modisch eine andere Zeit, auch das Frauenbild wirkt von gestern. Das lässt sich heute nur noch mit Ironie und Übertreibung ertragen - und an beidem spart die Gauner-Komödie nicht.

Natürlich gibt es sie ebenfalls, die ernsten Untertöne. Denn Frank, dieser Trickser und Täuscher, ist eigentlich ein armer Wurm. Seine Eltern lassen sich scheiden, der Vater (Andrew Irwin) trinkt, die Mutter (Boshana Milkov) heiratet einen anderen. Der Sohn betäubt seinen Schmerz, will das Leben „live und ganz in Farbe genießen“, wie es in einem Song heißt. Tobias Bieri ist als dieser jugendliche Gernegroß ein überwältigender Sympathieträger.

Knurriger Ermittler scheucht seine Untergebenen

Sein Gegenspieler, der FBI-Agent Hanratty wirkt anfangs knurrig, scheucht seine Untergebenen Cod (MacKenzie Gallinger) und Branton (Róbert Tóth) herum. Doch bald stellt sich heraus, der Fahnder ist genauso einsam wie der Fälscher, was sie in „Weihnachten ist meine liebste Jahreszeit“ gemeinsam beklagen. Frank Winkels baut den schrulligen Ermittler allmählich zur zweiten Sympathiefigur auf.

Die Dritte in diesem Profi-Bunde ist Celena Pieper, die als Franks Verlobte Brenda nur ein großes Solo hat. „Flieg, flieg ins Glück“ ist allerdings ein Lied mit Gänsehaut-Moment. Wirklich unglaublich, wie gut die drei Musical-Stars und das Ensemble harmonieren, niemand fällt ab. Selbst kleinere Rollen füllen Iris Wemme-Baranowki und James Bobby mit Feuereifer aus.

Mit Feuereifer ist ebenfalls Dirigent Davide Perniceni dabei. Er spielt mit seiner Band, zusammengesetzt aus Musikern des Philharmonischen Orchesters so munter und engagiert auf, als würde jeden Moment einer der Superstars der Sixties die Showtreppe herunterkommen. „Flieg, flieg ins Glück“: Die Zuschauer kommen dieser Aufforderung nach. Und glauben für einen Moment, sie wären tatsächlich am Broadway in New York.

Der Hochstapler Frank Abagnale Jr. (Tobias Bieri) hat sich verliebt, doch die Krankenschwester Brenda (Celena Pieper) bleibt skeptisch.

© Heiko Sandelmann

Der Hochstapler Frank Abagnale Jr. (Tobias Bieri) hat sich verliebt, doch die Krankenschwester Brenda (Celena Pieper) bleibt skeptisch.

Auf einen Blick

Was: „Catch me if you can“, Musical nach dem gleichnamigen Film von Steven Spielberg, Buch von Terrence McNally, Musik von Marc Shaiman

Wo: Großes Haus des Stadttheaters Bremerhaven

Wann: Weitere Aufführungen am 6., 9., 16. und 21. Februar, am 6., 21. und 26. März, am 6. April, am 7. und 24. Mai.

Karten: Zwischen 20,50 und 45,50 Euro unter 0471/49001 oder www.stadttheaterbremerhaven.de/catch-me-if-you-can

Da schwingen sie alle gemeinsam die Beine: die Piloten und die Stewardessen.

© Heiko Sandelmann

Da schwingen sie alle gemeinsam die Beine: die Piloten und die Stewardessen.

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Erstellt:
03.02.2025, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 34sec

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