„Ich wollte nie rebellieren“
Frau Stumph, 30 Jahre lang waren Sie Teil der Fernsehfamilie Stubbe, jetzt verabschiedet sich die Reihe vom Bildschirm. Waren die Dreharbeiten zum letzten Film besonders emotional?
Nein, es war reguläre Arbeit wie immer. Wir waren viel zu sehr auf das Produkt konzentriert, als dass wir unsere Wehmut in den Vordergrund gestellt hätten. Ich bin auch gleich nach Drehschluss abgereist, weil ich am nächsten Tag schon die neuen Folgen von „Der Alte“ gedreht habe. Es ist sowieso eine Seltenheit, dass eine Reihe so lange läuft, das ist ein Geschenk an sich. Deshalb darf man sich nicht beschweren, dass es irgendwann ein Ende findet.
Ihr Vater Wolfgang Stumph hat bis 2014 in 50 „Stubbe“-Folgen als Kommissar ermittelt, tauchte aber seither in einigen Specials als Pensionär auf. Ist denn nun endgültig Schluss?
Ja, diesmal ist definitiv Schluss. Die Reihe gab es viele Jahre lang, und irgendwann ist das ein oder andere auserzählt. Die Entscheidung ist tatsächlich auf dem Mist meines Vaters gewachsen, aber alle um ihn herum inklusive mir haben das akzeptiert. Wenn ich zu ihm gesagt hätte: Du, lass uns bitte, bitte weitermachen, hätte er das bestimmt noch mal überdacht, aber ich war damit total fein. Es war eine schöne Zeit, aber ich freue mich jetzt darauf, meine Energie in neue Sachen zu stecken.

© Christoph Assmann
Stubbe (Wolfgang Stumph) überrascht Marlene (Heike Trinker) mit einem Tango-Tanz.
Sie spielten in den Filmen Stubbes Tochter und waren noch ein Kind, als es damals losging. Wie war es dazu gekommen, dass Sie die Filmtochter gaben? Hat Ihr Papa Sie eingeflogen?
Ich war schon immer im Chor und der Tanzgruppe und habe Fernsehauftritte gemacht im MDR, das künstlerische Interesse war schon sehr früh vorhanden und wurde auch gefördert. Da war es kein weiter Schritt mehr zu sagen: „Sie kann doch mal am Casting für die Reihe, die da geplant wird, teilnehmen.“ So bin ich eben zum Casting und habe die Rolle bekommen. Aber nicht weil ich die Tochter von Wolfgang Stumph bin, das war sicherlich nicht entscheidend. Es hätte sich doch keiner einen Gefallen getan, mich zu besetzen, nur weil ich die Tochter bin, wenn ich total talentfrei gewesen wäre. Davon hätte niemand etwas gehabt, weder mein Vater noch ich noch irgendwer.
Sie haben von Kindesbeinen an mit vielen Prominenten gedreht, die Gastauftritte in „Stubbe“ hatten. Haben Sie da Kontakte geknüpft, die bis heute halten?
Es haben viele namhafte Leute mitgespielt, Stars wie Christine Kaufmann, Jörg Schüttauf oder Lukas Gregorowicz. Im allerersten „Stubbe“ hat Tom Wlaschiha mitgespielt, wir haben uns sehr gerne, sehen uns aber viel zu selten – zuletzt haben wir beide gemeinsam den Semperopernball zum zweiten Mal moderiert. Damals bei den Dreharbeiten war ich neun und er um die 20, das war natürlich ein himmelweiter Unterschied. Ich weiß noch dass er sich damals in mein Poesie-Album eingetragen hat. Er war Ornella-Muti-Fan und hat mir reingeschrieben, dass das seine Lieblingsschauspielerin ist (lacht).
Wurden Sie an der Schule von Ihren Mitschülern anders behandelt, weil Sie ein Fernsehstar waren?
Ich wurde weder bewundert noch hat jemand was dazu gesagt, das wurde wegignoriert. Wahrscheinlich haben sie es heimlich geschaut. Für mich war es in dem Sinn auch nichts Besonderes, vor den Augen des Fernsehpublikums groß zu werden, ich kannte es ja nicht anders. Ich habe einfach immer versucht, möglichst unauffällig durch meinen Alltag und mein Schulleben zu kommen.
Schauen Sie sich die alten Filme manchmal an?
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich einen ganzen Film durchstehen würde. Das waren andere Zeiten, da sind der Schnitt und die Inszenierung noch wahnsinnig langsam gewesen. Da ist man mittlerweile anderes gewöhnt. Aber natürlich sind die Filme definitiv ein Stück Zeitgeschichte, also wenn ich sie schauen würde, dann aus nostalgischen Gründen.
Ein roter Faden bei „Stubbe“ war immer die Frage: Was weiß der Westen vom Osten und umgekehrt…
Das Ost-West-Thema war aber nicht permanent präsent, eher in den ersten Jahren. Ich bin ja bundesweit aufgewachsen, und ich sehe das so, dass es keine unterschiedlichen Probleme in Ost und West gibt, sondern dass wir alle gemeinsame Probleme haben. Diese Mauer im Kopf kenne ich nicht, das ist einfach nicht meine Generation.

© Christoph Assmann
Christiane Stubbe (Stephanie Stumpf, r.) diskutiert gereizt mit Helge Kleinert (Wanja Mues) wegen des teuren Handy-Geschenks an ihre gemeinsame Tochter Caro (Greta Kasalo, 3.v.l.).
Was ist das Wichtigste, was Ihr Vater Ihnen mitgegeben hat?
Geduld, Diplomatie und Offenheit für die Menschen. Für jeden.
Ihr Vater hat seit vielen Jahren den Spitznamen „Stumpi“ weg. Nennen Sie ihn eigentlich auch so?
Nein, ich sage Papa oder Wolfgang. Mein kleiner Sohn sagt ab und zu „Stumpi“ zu ihm.
Viele Kinder berühmter Menschen sind ja verärgert, wenn sie als „Sohn oder Tochter von“ wahrgenommen werden. Wie ist das bei Ihnen?
Damit hatte ich nie ein Problem, ich hatte nie das Bedürfnis zu rebellieren. Natürlich war ich froh, irgendwann was Eigenes zu haben, aber es fing bei mir ja schon früh an, dass ich mich selbständig gemacht habe. Der erste Schritt mich zu emanzipieren war, dass ich auf die Schauspielschule gegangen bin. Danach folgte gleich der TV-Zweiteiler „Die Muschelsucher“ mit Maximilian Schell, Vanessa Redgrave und Sebastian Koch, ich hatte also rasch die Möglichkeit, unabhängig vom „Stubbe“ mein Ding zu machen.
Dinge wie Ihre Rolle als Kommissarin Anna Lorenz in der Krimireihe „Der Alte“. In der neuen Staffel können Sie sogar ein Jubiläum feiern…
Zehn Jahre bin ich jetzt dabei, und das Team ist in dieser Zeit wie eine Familie für mich geworden. Ich fühle mich da sehr gut aufgehoben, da stoße ich auf viel Kooperationsbereitschaft und Verständnis für meine Situation als Mutter mit Kind. Ich bin wirklich dankbar für die Rolle – es ist für die meisten Schauspieler ja gar nicht selbstverständlich, dass sie ihren Beruf ausüben dürfen.
Für die Dreharbeiten müssen Sie zwischen Dresden und München pendeln. Wollen Sie vielleicht mal ganz nach München ziehen?
Nein, ich liebe Dresden, und ich liebe meine Wohnung hier und versuche, so viel Zeit wie möglich in Dresden zu verbringen. An München schätze ich die Nähe zu den Bergen, den Seen, zur Natur – man kann da herrlich entspannen. Ich finde aber, die Kindergarten-Situation könnte besser sein, da hinkt München deutlich hinterher. Da bin ich Dresden deutlich besser dran.

© Robert Michael
Schauspielerin Stephanie Stumph.
Zur Person
Stephanie Stumph kam 1984 in Dresden zur Welt, schon als Neunjährige stand sie als Serientochter ihres Vaters Wolfgang Stumph vor der Kamera.
Nach ihrem Abitur studierte sie Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig und legte 2006 in Dresden eine Prüfung zur Diplom-Schauspielerin ab. Im Fernsehen war sie außer in den Stubbe-Filmen in Produktionen wie dem Zweiteiler „Der Turm“ zu sehen, seit 2015 spielt sie in der Traditionsserie „Der Alte“ die Ermittlerin Annabell Lorenz. Außerdem ist sie festes Panelmitglied in der NDR-Show „Kaum zu glauben“.
Stephanie Stumph ist mit einem Münchner Chirurgen liiert und wurde 2022 Mutter eines Sohns, sie lebt in Dresden.