„Den Geschmack kriege ich nicht hin“
Herr Rosin, erleben wir gerade einen neuen Kochshowboom? Ihr Kollege Tim Raue ist bei Prime Video zu sehen, Johann Lafer kocht neuerdings täglich im Nachmittagsfernsehen, und Sie bekommen nun eine große Primetime-Sendung…
Eigentlich sind es ja sogar fünf Formate, die ich mache, darunter „Rosins Restaurants“, „The Taste“ und „Roadtrip Amerika“. Klar haben wir einen Boom. Aber nicht nur das – wir haben auch eine Werteveränderung, denn sich schmackhaft und gesund zu ernähren, kommt immer mehr in der Mitte der Bevölkerung an. Die Menschen wollen sich auch die Völkervielfalt erkochen und die Diversität erschmecken, die dadurch angeboten wird, das ist ein Reiz, der durch Social Media verstärkt wird.
Als Kind haben Sie an der Imbissbude Ihrer Mutter Pommes frittiert, inzwischen haben Sie seit vielen Jahren ein Sterne-Restaurant. Wann hatten Sie eigentlich Ihren ersten Kontakt zur Haute Cuisine?
Mein Vater hatte ja einen Großhandel und war der Erste in Deutschland, der Pommes und Zusatzartikel für Restaurants und Imbissbetriebe gehandelt hat. Dann kam 1976 eine Pommesbude meiner Mutter dazu, später wurden es mehr. Ich habe beim Großhandel meines Vaters beim Ausliefern geholfen und habe die Restaurants alle durch den Kücheneingang kennengelernt, und diese Hektik, diese Teamarbeit fand ich toll, ich wollte ein Teil davon sein.
Dann kam erst die Gemeinschaft, dann der Gaumen?
Definitiv. Schon als Kind mit 13, 14 Jahren, wenn ich daheim mal gekocht habe oder mich um das Frühstück am Wochenende gekümmert habe, wollte ich einfach für die Familie eine schöne Zeit kreieren. Mir ging es immer um Gemeinschaft.
In Ihrer neuen Kochsendung treten Sie gegen wechselnde Herausforderer an, die Studiogäste sind die Testesser. Was wollen Sie servieren, damit es möglichst allen schmeckt?
In der Sendung wird nicht Gourmetküche inszeniert, sondern wir kochen leckere Sachen, um an die Herzen der Gäste herankommen. ich nenne das Yummy-Küche Es geht auch nicht nur ums Kochen, sondern auch ums Gastgeber sein, wir haben im Studio ein Restaurant aufgebaut und bemühen uns, die Gäste für uns zu gewinnen. Das inspiriert mich extrem, denn ich bin zwar Koch, aber am liebsten bin ich Gastgeber. Schnell ein Blitz-Eis zubereiten oder eben mal was backen, während die Gäste aufs Hauptgericht warten, und ihnen so zeigen, wie viel Mühe man sich macht – das finde ich toll.
Werden Sie auch moderne Ernährungstrends wie vegane Küche abbilden?
Vegane Küche ist kein Trend, sondern eine Ernährungsform. Vegane und vegetarische Küche bedeutet einfach nur, dass ich das tierische Protein weglasse, und das ist nicht schwer – man lässt es weg und isst gut zubereitetes Gemüse. Viele Menschen denken in ihrem Unterbewusstsein, deftige Küche hätte immer was mit Schweinebraten oder Bratwurst zu tun, aber das stimmt nicht. Auch ein perfekt geschmortes Ratatouille, ein französisches Gemüsegericht, kann richtiges deftiges Soulfood sein.
Was tischen Sie üblicherweise auf, wenn jemand sich bei Ihnen privat daheim zum Essen anmeldet?
Wenn ich Besuch bekomme, koche ich meine Herzensküche. Und das wären dann auf jeden Fall Pasta oder Dinge, die ich liebe, die 100 Prozent aus meinem kulinarischen Gedankengut kommen. Wenn Sie mit Liebe und Seele kochen, schmeckt es immer am besten.
Frank Rosin kam 1966 im nordrhein-westfälischen Dorsten zur Welt, sein Vater war Großhändler für Gastronomiebedarf, seine Mutter hatte eine Imbissbude.
Er absolvierte eine Kochlehre in Gelsenkirchen, arbeitete unter anderem als Koch auf einem Luxus-Segelschiff und eröffnete 1991 das Gourmetrestaurant „Rosin“, das einen Stern im Gastroführer „Guide Michelin“ hat.
Schon früh trat Rosin im Fernsehen als Koch auf, unter anderem in der ZDF-Sendung „Topfgeldjäger“. Mit seiner Coachingsendung „Rosins Restaurants“ hat er sich einen Ruf als harter Hund erworben, außerdem ist Rosin Juror in „The Taste“.
Der Sternekoch hat drei Kinder und ist geschieden, er lebt in seiner Heimatstadt Dorsten.
Was würden Sie zubereiten, wenn Sie einen anderen Profikoch-Kollegen mit einem Gericht so richtig beeindrucken wollten? Kann man Profis überhaupt mit etwas beeindrucken?
Doch, Profis haben zwar einen professionellen Ansatz beim Blick aufs Kochen, aber auch einen Seelen-Ansatz, und da sind sie alle gleich: Mit der Mutterküche und der Großmutterküche kann man jeden beeindrucken, und ich würde es mit Königsberger Klopsen machen.
Aber die sind doch gar nicht so schwer in der Zubereitung?
Aber zu allem gehört ein Rezept und ein gelebtes Wissen, wie es zu schmecken hat. Ich versuche immer noch herauszufinden, wie meine Großmutter Königsberger Klopse gemacht hat, aber den Geschmack kriege ich einfach nicht hin. Sie hat es mit so wenig gemacht, denn damals hatte man ja nix. Aber sie hat Seele und Liebe reingesteckt, und das hat es ausgemacht.
Wie unterscheidet sich das Kochen vor der Kamera vom Kochen im Restaurant oder daheim?
Es unterscheidet sich überhaupt nicht.

© Weber/Seven.One
Frank Rosin, Jana Ina Zarrella und Alexander Herrmann sorgen nicht nur für Geschmack, sondern auch für gute Unterhaltung.
Die Hitze der Scheinwerfer und Fettschwaden beim Frittieren, die sich auf der Kameralinse absetzen, macht das gar nichts aus?
Wissen Sie, man gibt in einer Kochsendung Tipps und Tricks, versucht die Menschen wie in einem Kochkurs beratend und authentisch zu animieren. Es geht um die Message, ums Wesentliche. Ein Kochrezept ist immer auch eine Anleitung, die Kreativität, den eigenen Geschmack in Wallung zu bringen und seine eigene Idee zu kreieren. Eine Rezeptur sollte dazu anregen, sich selbst in etwas zu verlieren und das daraus zu machen, was einem für sich am besten gefällt.
Die Gastronomie in Deutschland ist in der Krise, jeder zehnte Betrieb gab 2023 auf. Warum ist das so?
Ich kann diese Zahlen nicht kommentieren, weil ich diese Statistiken nicht kenne. Aber wenn das wirklich so ist, dann hat das auch mit der Unfähigkeit vieler Gastronomen zu tun, richtig zu kalkulieren, wir erleben das in meiner Sendung „Rosins Restaurants“ regelmäßig. Die schreiben einfach die Preise von der Konkurrenz ab und verlangen zehn Euro für eine Pizza, weil das andere Restaurant das auch macht. (wil)
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