Roboter sind auch nur Menschen
„Cassandra“ (ab 6.2., Netflix) Die Älteren werden sich erinnern: Im Leinwand-Klassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ steuert der Computer HAL 9000 mit Künstlicher Intelligenz die Abläufe an Bord eines Raumschiffs – doch leider wird er auf der Reise zum Jupiter zunehmend neurotisch und killt die Besatzung.
Ähnliches erlebt eine junge Familie, die in dieser nicht zuletzt wegen ihrer liebevollen Retro-Ausstattung sehenswerten deutschen Serie in einen abgelegenen Bungalow aus den 70er Jahren zieht. Zur Zeit seiner Erbauung war das Haus das erste Smarthome überhaupt, und als die neuen Bewohner im Keller einen Schalter umlegen, wecken sie damit die Roboter-Frau Cassandra (Lavinia Wilson) aus dem Dornröschenschlaf.
Ab sofort kümmert sie sich im Stil einer Super-Hausfrau um die Familie, überwacht jeden Winkel des Anwesens und wirkt auf den ersten Blick skurril und harmlos. Als Zuschauer merkt man jedoch schnell, dass der putzige Haushaltsroboter mörderische Krallen hat und über Leichen geht, auch wenn es zu Beginn zunächst nur die einer Maus ist.
Das Thema Künstliche Intelligenz wird hier nicht als dystopische Science Fiction erzählt, sondern als klassische Gruselstory im Retro-Gewand – kurze Zeitsprünge führen in die 70er, in die Vergangenheit von Cassandra, und zeigen: Roboter sind auch nur Menschen.

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„Families Like Ours“ zeigt Dänemark am Abgrund. Das ganze Land wird evakuiert, aus Durchschnittsbürgern werden plötzlich Flüchtlinge. Zu sehen ist das in der ARD-Mediathek.
„The White Lotus“ (ab 17.2., Sky) Traumhafte Locations, witzige Storys, originelle Figuren und pointierte Kritik an Luxusleben und Doppelmoral der Reichen und Schönen, serviert mit einem sardonischen Lächeln: Die Serie „The White Lotus“ über die Gäste und Angestellten von Luxushotels gehört zum Besten, was man derzeit schauen kann, und erhielt schon zig Emmys.
Nach den ersten beiden Staffeln in Italien und Hawaii spielt die dritte Staffel nun in Thailand – gedreht wurde auf Ko Samui. Erneut wechselt der komplette Cast, und diesmal darf sogar ein Deutscher mitmachen: Christian Friedel, der im Kinofilm „The Zone of Interest“ den Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß spielte. Hier ist er als Hoteldirektor Fabian zu sehen, der es in erster Linie dem Eigentümer des Luxus-Resorts recht machen will.
Im Mittelpunkt stehen aber drei langjährige Freundinnen, die gemeinsam Urlaub machen, nachdem sie sich eine Weile nicht gesehen haben – doch der Versuch, zwischen Stränden, Tempeln und erotischen Abenteuern Entspannung zu finden, ist zum Scheitern verurteilt. Fans der Gesellschaftssatire können sich freuen: Eine vierte Staffel ist bereits angekündigt.
„Zero Day“ (ab 20.2., Netflix) Man kann es fast nicht glauben: Im Goldenen Zeitalter der Serie hat zwar fast jeder Hollywoodstar in der einen oder anderen Streamingsaga mitgespielt, einer der größten jedoch noch nicht: Robert De Niro. Im zarten Alter von 81 Jahren gibt der charismatische „Taxi Driver“-Star sein Seriendebüt und geht dabei gleich in die Vollen: Im politischen Verschwörungsthriller „Zero Day“ spielt der Oscar-Preisträger den ehemaligen US-Präsidenten George Mullen, einen allseits respektierten Staatsmann, der nach einem verheerenden Cyberangriff auf die USA die Hintergründe aufklären soll.

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„Krank Berlin“ ist der Titel einer Serie bei Apple*, die in einer Notaufnahme spielt und neben Humor auf hohes Tempo setzt.
Der virtuelle Anschlag hat Tausende Menschenleben gekostet und das Land ins Chaos gestürzt. Bei seinem Kampf fürs Wohl der Nation werfen Finanzmogule und politische Strippenzieher, die ihr eigenes Süppchen kochen, dem aufrechten Mullen Steine in den Weg: Die Serie will nicht nur eine spannende Story erzählen, sondern auch etwas über die Funktionsweisen von Macht.
„Families Like Ours“ (ab 21.2., ARD-Mediathek) Die Klimaapokalypse ist da, und in dieser Serie heißt es schon bald Land unter im hohen Norden: In Dänemark steigt der Grundwasserspiegel immer weiter an. Das Wasser quillt aus den Gullys, in Kürze wird alles überschwemmt sein. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion beschließt die Regierung deshalb, das Land zu evakuieren – alle sechs Millionen Einwohner müssen Knall auf Fall ihre Häuser und Jobs verlassen und als Flüchtlinge im Ausland sehen, wo sie bleiben.
Der dänische Starregisseur Thomas Vinterberg („Der Rausch“) erzählt in seiner siebenteiligen Near-Future-Serie von den potenziellen Folgen des Klimawandels ohne dystopische Bilder, sondern ganz realitätsnah, aus der Sicht einer betroffenen Familie.
Die Serie ist so nüchtern, wie man das von Vinterberg erwarten kann, der vor 30 Jahren zu den Gründern der legendären Dogma-Bewegung gegen die Wirklichkeitsentfremdung des Kinos zählte. Auf Spannung hat er es in seinem epischen Familienepos weniger abgesehen, die Saga über eine Wohlstandsgesellschaft, die zerbricht und auf die Hilfe anderer angewiesen ist, spiegelt aber etliche Themen unserer Zeit.
„A Thousand Blows“ (ab 21.2., Disney+) Serienfans kennen Steven Knight: Er ist der Schöpfer der Saga „Peaky Blinders“ über brutale Ganovenbanden im England der 1920er und 30er Jahre. Jetzt gibt es Neues von Knight, wieder ist es eine historische Gangsterserie – aber „A Thousand Blows“ führt noch ein Stückchen tiefer in die britische Vergangenheit, nämlich ins viktorianische Zeitalter, was bedeutet: tolle Kostüme sind garantiert.
Im Mittelpunkt steht eine besondere Räuberbande, die es wirklich gab: Die „Forty Elephants“ führten jahrzehntelang in London ihr Unwesen und bestanden ausschließlich aus Frauen, angeführt von einer sogenannten Queen – die wird hier von Erin Doherty verkörpert. Die opulente Historiensaga spielt in der kriminellen Unterwelt des Boxermilieus im viktorianischen London, wo sich die Ärmsten der Armen mit brutalen Kämpfen ihren Lebensunterhalt verdienen.
Die Serie folgt dabei den Spuren zweier erbitterter Rivalen: Hezekiah (Malachi Kirby), der aus Jamaika in die Metropole gekommen ist und sich buchstäblich durchschlagen muss, und sein gefährlicher Gegenspieler Sugar Goodson, gespielt vom großartigen Stephen Graham. Wie ein großer Boxkampf geht die Serie über zwölf Runden, soll heißen: Episoden.
„Krank Berlin“ (ab 26.2., AppleTV+) Die legendäre Kultserie „Emergency Room“ hat nicht nur George Clooney berühmt gemacht, sondern auch einen neuen Typus von Krankenhausserie eingeführt: Weg von den salbungsvollen Göttern in Weiß und hin zu hektischen, realistischen Szenen aus dem Alltag in einer völlig überlasteten Notaufnahme.
In dieser Tradition steht auch die neue Serie „Krank Berlin“, die auf der ständig überfüllten Rettungsstelle einer Klinik in einem Berliner Problembezirk spielt. Die junge Ärztin Dr. Parker (Haley Louise Jones) übernimmt die Leitung der Abteilung, in der sich die Krise des Gesundheitssystems wie unter einem Brennglas manifestiert – eine Schocktherapie für die Medizinerin, die zuvor an einem Münchener Krankenhaus für Senioren zuständig war.
Im Minutentakt werden Menschen mit Schusswunden und Drogenproblemen eingeliefert, die Ausstattung ist desolat, das Personal am Rande des Nervenzusammenbruchs. Eine schnell geschnittene Starkstrom-Serie mit viel Berlin-Schmuddellook, schwarzem Humor sowie Peter Lohmeyer und Bernhard Schütz in Nebenrollen. (bal)