Uschi Glas: „Ich will mich nicht verstecken“

Uschi Glas: „Ich will mich nicht verstecken“

Vom „Schätzchen der Nation“ zur engagierten Powerfrau: Uschi Glas kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Im TV-Melodram „Inga Lindström: Einfach nur Liebe“ (Sonntag, 1. 10., ZDF) spielt sie nun eine an Demenz erkrankte Seniorin.

„Ich will mich nicht verstecken“

Schauspielerin Uschi Glas ist in dem Inga-Lindström-Film „Einfach nur Liebe“ zu sehen.

Frau Glas, gesetzt den Fall, es ist Sonntagabend und Sie sitzen vorm Fernseher. Wofür entscheiden Sie sich: für den „Tatort“ oder für den Liebesfilm im Zweiten?
Ich war früher ein großer „Tatort“-Fan, aber ich muss zugeben, dass meinem Mann und mir das inzwischen öfter mal zu viel ist. Dann schalten wir lieber etwas Gemütliches wie „Inga Lindström“ ein - das ist entspannend und es macht Spaß zuzuschauen. Da werden Geschichten erzählt, die auf Gewalt verzichten, die man gerne an sich herankommen lässt, und in denen man schöne Landschaften sieht.

Sind Sie Romantikerin?
Ich bin ein sehr positiver Mensch, und deshalb bin ich automatisch eine Romantikerin. Denn romantisch bedeutet ja auch, dass man die Hoffnung hat, dass alles gut wird - auch wenn das im wahren Leben vielleicht nicht realistisch ist.

Nun spielen Sie im 100. „Inga Lindström“-Film mit, der wie üblich in Schweden gedreht wurde…
Ich fand es toll, als mir gesagt wurde, dass man mich für die 100. Lindström-Verfilmung haben will. Es gab vor Ort eine lustige Begebenheit: Die Crew hat in einem Hotel gewohnt, das auf einem denkmalgeschützten früheren Fabrikgelände steht. Das Hotel heißt „Sunlight“ - und allmählich fiel bei mir der Groschen: Dort wurde früher auch die Seife Lux der Firma Sunlicht hergestellt. Die wurde damals als „Die Seife der Filmstars“ beworben, mit Stars wie Sophia Loren, Gina Lollobrigida, Brigitte Bardot. Irgendwann durfte ich auch mitmachen, und es war ein Kompliment, dass ich in diesen Reklameolymp aufsteigen durfte. Wir haben dann dieses Werbefoto von 1970 gegoogelt und fanden es sehr lustig, gerade in diesem Hotel zu sein.

Ihre Gastrolle ist ziemlich dramatisch: Sie spielen eine Seniorin, die an Demenz erkrankt ist. Warum dieser ernste Stoff, nachdem man Sie in letzter Zeit so oft in Kinokomödien gesehen hat?
Das Drehbuch hat mir imponiert, und die Rolle stellte eine spannende Frage an mich. Eine Frau erkrankt an Demenz und will ihren Mann nicht damit belasten, dass sie pflegebedürftig wird, aber er will sich auf jeden Fall um sie kümmern. Wie würde man selber handeln? Ich habe mich mit der Frage ehrlich gesagt noch nicht intensiv beschäftigt, denn ich will nicht angstbesetzt leben. Die Zeit, die man hat, ist wertvoll, und je älter man wird, desto wertvoller wird sie. Gott sei Dank bin ich gesund, darf arbeiten, noch viele Dinge machen - das ist ein großes Glück und ein Geschenk an sich.

Im Film sagen Sie den Satz: „Ich bin eine alte Frau, da erwartet man nichts mehr vom Leben“…
Diesen Satz würde ich garantiert nicht unterschreiben. Ich erwarte und erhoffe mir noch viel. Wenn man meinen Opa früher gefragt hat, wie es ihm geht, hat er immer gesagt: „Ich wart aufs End.“ Das fand ich schon als Kind furchtbar. Inzwischen sind die Menschen natürlich fitter, wir werden alle älter, vor 50 Jahren war das noch anders. Ich ernähre mich gesund, ich bewege mich viel, ich will fit sein, meinen Sport machen, ich will arbeiten, meinen Verein „Brotzeit“ voranbringen. Das ist einfach das, was ich mir unter Leben vorstelle.

Aber als Schauspielerin älter zu werden, ist ja auch mit einem gewissen Druck verbunden. Wie gehen Sie damit um?
Diesem Druck nachzugeben, dass man als Frau nur etwas gilt, wenn man jung ausschaut, das finde ich eine absolute Zumutung. Ich werde manchmal gefragt, ob ich neidisch bin, wenn junge Kolleginnen eine Hauptrolle bekommen, aber da kann ich ja gar nicht neidisch sein, weil ich ja keine 20-, 30- oder auch 50-Jährige mehr spielen kann. Das will ich aber auch gar nicht. Ich will mich nicht verkleiden, verstecken oder dafür schämen, dass ich älter bin.

Schauen Sie sich die Filme mit der jungen Uschi Glas wie etwa „Zur Sache, Schätzen“ noch manchmal an?
Nein, zum Erstaunen meines Mannes. Ich schaue meine Filme gar nicht an, es gibt ganz viele, die hab ich nie gesehen, weil ich schon wieder mit dem nächsten Projekt beschäftigt war, wenn sie fertiggestellt waren.

Die Zeiten ändern sich. In „Zur Sache, Schätzchen“ haben Sie 1968 schon mit einem Beinahe-Striptease für Wirbel gesorgt, heute ist im neuen „Inga Lindström“ eine lesbische Liebesszene total normal. Begrüßen Sie diese Liberalisierung?
Offen gesagt hat es mich bei Inga Lindström schon gewundert, dass sie so mutig vorangehen. Aber im Endeffekt: Warum nicht? Ich habe in meinem Leben so viele liebenswerte homosexuelle Menschen kennengelernt, da mische ich mich nicht ein - das hat mit Toleranz zu tun. Jeder soll sein Leben so leben, wie er will, das ist für mich total in Ordnung.

Einer Ihrer ersten Filme war „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ von 1966. Rund um die Karl-May-Stoffe ist zuletzt eine Debatte über kulturelle Aneignung entbrannt. Wie bewerten Sie das?
Ich habe diese Debatte verfolgt und es hat mich sehr empört, ich finde die Vorwürfe lächerlich.

Warum?
Ich finde, dass sie gar nicht stimmen. Ich rede jetzt nicht von amerikanischen Western, wo es sicherlich manchmal rassistische Elemente gegeben hat, sondern nur von den Karl-May-Filmen. Da sind Winnetou und Old Shatterhand doch Blutsbrüder, die wollten ja, dass die Ethnien sich verstehen, miteinander und nicht gegeneinander leben - und auf beiden Seiten gab es Gute wie auch Böse. Deshalb habe ich die ganze Aufregung nicht verstanden. Und wenn es rassistisch oder beleidigend sein sollte, dass man in den Filmen „Indianer“ sagt, dann kann man es ja mit einer erklärenden Fußnote versehen.

Der Medienrummel um Ihre Person hält seit Ihrem Durchbruch in den 60er Jahren an - lieben Sie den roten Teppich?
Wissen Sie, ich habe Kollegen, die mir sagen: Ich rede mit überhaupt keinem Journalisten, mache keine Pressearbeit. Und natürlich würde ich auch oft lieber daheim bleiben. Aber ich habe eben einen Beruf, der öffentliche Auftritte einfach beinhaltet. Ich für mich, als Uschi, brauche den Rummel allerdings nicht. (yvo)

Eine Szene aus „Einfach nur Liebe“: Anna (Uschi Glas, r.) ist am Strand der Insel in Ohnmacht gefallen. Die ehemalige Ärztin Ilse (Gerit Kling, l.) kümmert sich um sie.

© Wilschewski

Eine Szene aus „Einfach nur Liebe“: Anna (Uschi Glas, r.) ist am Strand der Insel in Ohnmacht gefallen. Die ehemalige Ärztin Ilse (Gerit Kling, l.) kümmert sich um sie.

Uschi Glas in der Rolle der Apanatschi bei den Dreharbeiten zu „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“.

© dpa

Uschi Glas in der Rolle der Apanatschi bei den Dreharbeiten zu „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“.

Zur Person

Uschi Glas kam 1944 in Landau an der Isar zur Welt. Sie arbeitete zunächst als Sekretärin, ehe sie für die Leinwand entdeckt wurde und in einem Edgar-Wallace-Film ihr Debüt gab. Seit ihrem Durchbruch vor bald 60 Jahren drehte Glas unzählige Filme und Serien, von der Schulsatire „Die Lümmel von der ersten Bank“ über den TV-Klassiker „Zwei Münchner in Hamburg“ bis zur Kino-Trilogie „Fack ju Göthe“, in der sie in einer selbstironischen Nebenrolle als überspannte Lehrerin ein viel beachtetes Leinwandcomeback gab. 2009 gründete Uschi Glas den Verein „Brotzeit“, der Schulkinder kostenlos mit Frühstück versorgt. Die 79-Jährige lebt mit ihrem zweiten Ehemann in München, sie hat drei Kinder aus erster Ehe.

Wenn man meinen Opa früher gefragt hat, wie es ihm geht, hat er immer gesagt: „Ich wart aufs End.“ Das fand ich schon als Kind furchtbar.
Uschi Glas

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Erstellt:
27.09.2023, 14:28 Uhr
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