Peter Urban

Peter Urban locker im Gespräch.

Foto: Ralf Masorat

Kultur

„Ich bin ein absoluter Nachtmensch“

29. August 2023 // 09:30

Der ESC-Kultmoderator und Musikexperte Peter Urban war Gast in der Schnack-Bar des Nord 24 Lotsemagazins. Er plauderte aus dem Nähkästchen.

Als sich Peter Urban zur gefühlten Late-Night-Ausgabe der Schnack-Bar um kurz nach 22 Uhr im Nordsee

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Hotel auf den Barhocker neben mir schwingt und sich einen trockenen Weißwein bestellt, ist sofort klar: Das wird ein gutes Gespräch.Denn zuvor hat die Stimme des ESC in einer Lesung in der Stadtbibliothek erzählt, dass er nur Wasser trinkt, wenn er „im Dienst“ ist.

Notizzettel helfen beim Schreiben

„Vielen Dank“, sagt der 74-Jährige mit dem beliebten Schmelz in der Stimme und richtet den Blick erwartungsvoll auf mich. „Ich werte die Weinbestellung jetzt mal als optimistische Vorfreude auf ein gutes, offenes Gespräch zu später Stunde“, beginne ich. Peter Urban schmunzelt. „Ich bin ein Nachtmensch, gehe selten vor 2 Uhr morgens schlafen, daher ist das jetzt gerade die perfekte Zeit für mich.“

„Hast du ‚On air‘ auch nachts geschrieben? Und wie bist du vorgegangen?“ Peter Urban nippt an seinem Wein, überlegt kurz, bevor er erneut Blickkontakt aufnimmt. „Ich habe mir eine Themenliste erstellt, habe meine Unterlagen durchforstet, wo ich viele Fotos, Erinnerungsstücke und kleine Notizzettel gefunden habe. Das alles zusammen hat mir geholfen, ein Gerüst zu erstellen. Dann habe ich angefangen, zu schreiben. Ich war es nicht mehr gewohnt, lange Strecken zu schreiben, aber mit der Zeit ging es immer besser.“

Spektakuläre Geschichten

Während Peter Urban von dieser Schaffensphase während und nach der Coronapandemie berichtet, dreht er das Glas sanft zwischen seinen Fingern, sodass sich das Barlicht silbrig in dem Wein spiegelt und bricht. „Ich habe im Kopf Szenen und Treffen mit prominenten Menschen nochmals durchlebt und so wurden auch meine Schreibphasen immer länger. Mir sind viele spektakuläre Geschichten wieder eingefallen, die ich aber nicht alle niederschreiben konnte, weil das schwierig für die Personen oder ihre Angehörigen gewesen wäre. Außerdem wollte ich auch nicht nur Anekdoten aneinanderreihen, sondern auch die Stimmung der jeweiligen Zeit und das Umfeld rüberbringen und welchen direkten und indirekten Einfluss dies auf meine Arbeit, mein Leben und die Gesellschaft im Allgemeinen hatte.“

„ESC ist ein eigener Kosmos“

„Die Veränderung spiegelt sich ja auch 1 zu 1 im ESC wider, der dieses Jahr in
Liverpool, der Heimat einer deiner Lieblingsbands The Beatles, stattgefunden hat. Du hast das Event nach 25 Jahren zum letzten Mal moderiert. Wie hast du die Veranstaltung erlebt und wie hat sich der Abschied für dich angefühlt?“ „Der ESC ist wie ein eigener Kosmos, in dem sich Künstler aus aller Welt zusammenfinden, um gemeinsam Musik zu machen. Es ist immer eine sehr herzliche Stimmung voller Respekt und Wertschätzung. Deshalb kann ich einige Reaktionen nach dem Abschneiden von Lord of the Lost (LOTL) nicht nachvollziehen.

Lord of the Lost waren super

Ihr Beitrag hätte meiner Meinung nach eine bessere Platzierung verdient. Außerdem ist die Rangliste nicht entscheidend, sondern vielmehr das Bild, das die Künstler von ihrem Land vor Ort vermitteln. Und LOTL haben das super gemacht. Sie haben beispielsweise mit Schulklassen musiziert, in einer Kultlocation in Liverpool ein kleines Konzert gegeben, waren zu Passanten offen und empathisch. Chris Harms war eigentlich krank, aber er hat alles durchgezogen.

Flug ausgefallen

Wir sind nach dem ESC zusammen zurückgeflogen, weil ein Flieger ausgefallen ist. Deshalb waren wir die ganze Zeit unter Stress zusammen und daher kann ich klar sagen, dass die Jungs wirklich freundlich und professionell sind. Ich hätte mir zu meinem Abschied auch ein besseres Ergebnis erhofft, und ich werde den ESC auf jeden Fall vermissen. Aber ich bin überzeugt, dass es besser ist, zu gehen, bevor ich vielleicht nicht mehr fit bin oder Aussetzer habe. Schließlich bin ich ja nicht mehr der Jüngste.“ Peter Urban lacht verschmitzt bei dem letzten Satz und seine Augen blitzen auf.

Ein gern gesehener Gast in Fernsehshows

„Jetzt bist du auf Promotour für dein Buch, dein Podcast Urban Pop beim NDR läuft weiter, feiert Erfolge, und in Fernsehshows bist du ebenfalls gern gesehener Gast. Vermisst du etwas, oder welche Ziele hast du dir gesetzt?“ Während er zuhört, legt sich kurz ein kaum erkennbarer Schleier über über seine Miene. Als er antwortet, schwingt in seiner vertrauten Stimme Bedauern mit.

Spätes Vaterglück

„Ich bin erst mit 50 das erste Mal Vater geworden, habe zwei Kinder und mit 55 die Mutter meiner Kinder geheiratet. Von einer missglückten Hüft-OP und trotz folgender Operationen konnte ich danach nie wieder unbeeinträchtigt laufen. Deshalb benutze ich auch den hier“, ergänzt Urban und schwingt demonstrativ seinen Gehstock. „Früher habe ich gerne Tennis gespielt, bin Ski gefahren. Doch das geht nicht mehr, damit musste ich mich abfinden. Genauso wie ich mich von dem Wunsch verabschieden musste, mit meinem Sohn wie jeder andere Vater im Garten Fußball zu spielen.“

Mick Jagger treffen

Der Moment der Wehmut verfliegt sofort wieder, als sich Peter Urban auf seinem Barhocker gerade macht, sich einen Cognac bestellt und mir zuraunt, während er mir zuprostet: „Ich habe nie geschafft, Mick Jagger zu treffen. Das möchte ich ändern.“

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