Stefan Jürgens Backstage Music Hall Worpswede

Stefan Jürgens im Backstagebereich der Music Hall Worpswede beim Schnack-Bar Schnack.

Foto: Simon Schnäckel

Kultur

„Musik ist die Nabelschnur zu meinen Emotionen“

11. Juni 2023 // 09:00

Als Carl Ribarski jagt er in der Vorabendserie Soko Wien Verbrecher, ist unkonventionell mit Ecken und Kanten. Beim Konzert in der Music Hall in Worpswede zeigte er kürzlich seine sensible und nachdenkliche Seite: Schauspieler und Musiker Stefan Jürgens. In der Schnack-Bar verriet er, wo seine künstlerischen Wurzeln liegen, was ihn aufregt, freut und wie er den Spagat zwischen Schauspielerei, Songwriting, Konzerten und Comedy schafft.

Multitasking-Talent?

Du bist in so vielen verschiedenen Genres unterwegs und erfolgreich. Warst du im Gegensatz zu den meisten Männern schon immer ein Multitasking-Talent?“ Stefan Jürgens schüttelt sofort vehement den Kopf. „Auch ich bin nicht multitaskingfähig. Da bin ich keine Ausnahme. Ich kann auch nicht mehrere Dinge gleichzeitig verarbeiten, ich mache alles nacheinander oder abwechselnd.“

Musik war zuerst da

Auf die Konterfrage, was denn dann zuerst da war - die Musik oder das Schauspiel - kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Eindeutig die Musik. Bei uns zuhause stand das alte Klavier von meinem Großvater. Ich habe ihn nie kennengelernt, aber sein Instrument war mein Begleiter. Ich komme aus einem bürgerlichen Haus, deshalb mussten meine Schwester und ich ein Instrument lernen, obwohl mir eindeutig die Bereitschaft fehlte, mich auf Bach & Co. einzulassen.

Stefan Jürgens

Foto: Simon Schnäckel

Eigene Gedichte vertont

Dennoch hatte ich bis zum 15. Lebensjahr Klavierunterricht. Das war die schlimmste Zeit - danach kam die zweitschlimmste Zeit - die Pubertät.“ Stefan nippt an seinem Kaffee, lehnt sich vor und flüstert: „Ich habe ständig meine tief melancholischen Gedanken niedergeschrieben. Mit 12 bis 13 habe ich versucht, diese auf dem Klavier zu vertonen.“ Er verzieht sein Gesicht, seine Augen blitzen. „Das war nicht nur für mich schmerzhaft, auch für mein Umfeld.

Logo Schnack Bar

Foto: Content Pool

Prosa führte zum Schauspiel

Ich habe den Interpreten meiner Prosa gespielt. Die Darstellung von Inhalten stand immer im Mittelpunkt für mich. Ich habe beides parallel entwickelt: Die Musik und die Präsentation, auch heute noch.“ Außerdem spielte Stefan Kontrabass in einem Orchester. „Dort haben sie mich nur genommen, weil sie keinen für Kontrabass finden konnten. Ich habe im Grunde nur so getan, als könnte ich gut spielen. Die hätten auch meine Mutter genommen, wenn ich sie mitgebracht hätte. Auf jeden Fall bin ich so an die Schauspielerei gekommen, womit klar ist, dass ich kein Schauspieler bin, der jetzt auch Musik macht, sondern umgekehrt. Ich hatte nur das Glück, als Schauspieler durchgehend engagiert zu sein.

Lockere Atmosphäre  mit Stefan Jürgens in der Schnack-Bar.

Foto: Simon Schnäckel

Musik in jeder freien Minute

So war die Musik immer im Hintertreffen, aber in jeder freien Minute habe ich Songs geschrieben. Beides sind Teile von mir.“

Nach dem Abitur ging Stefan Jürgens auf die Schauspielschule in Bochum, als 25-Jähriger nach Bremen ans Theater, wechselte daraufhin nach Berlin. „In der Zeit war ich mit anderen Prozessen als Musik beschäftigt. Als ich 32 war, kam RTL Samstag Nacht mitsamt der Euphorie.“

Keine Schublade passt

Zurück zu Musikauftritten fand Stefan Jürgens bei einer Veranstaltung auf Ibiza. „Ich habe ziemlich angetrunken Musik gespielt, als der Produzent Kurt Kress auf mich zukam und fragte, ob ich mehr von dem Zeug hätte.“ So erschien 2003 das erste Album „Langstreckenlauf“, es folgten 6 weitere.

„Ich mache Musik nicht aus gesellschaftspolitischen Gründen, sie war immer die Nabelschnur meiner eigenen Emotionen. Mit ihr kann ich Gefühle ausdrücken. In eine Schublade passt meine Musik nicht. Sie ist eher wie eine Schatzschatulle, die ich bedienen darf.

Logo mit Barhocker

Foto: Content Pool

Früher Grabenkämpfer

Die Bezeichnung Liedermacher habe ich musikalisch immer mit Langeweile verbunden, aber da ich weder klassischen Rock mache noch Chansonier bin, fühle ich mich letztendlich mit dieser Beschreibung am wohlsten. Insgesamt wirkt der Hüne privat entspannt und ausgeglichen, ist er doch auf der Bühne und im Fernsehen nicht selten ein Draufgänger, der keinem Konflikt aus dem Weg geht. „Früher bin ich privat auch mit hochrotem Kopf in jeden Grabenkampf gesprungen. Heute bemühe ich mich, mein Leben im Einklang mit anderen zu führen, mit mir im Reinen zu sein.

stefan jürgens mit Nord24 Lotsemagazin

Foto: Simon Schnäckel

Abgründe der Seele

Die vernetzte Welt zeigt aber immer wieder die Abgründe der menschlichen Seele. Auch daran arbeite ich mich wie jeder vernünftige Mensch ab.“ „Apropos vernetzte Welt. Im Netz wird gemunkelt, Carl Ribarski ist bald raus. Stimmt das?“ Stefans blaue Augen werden stechend. „16 Jahre als TV-Ermittler haben gereicht. Der Fisch ist gegessen.“