Über zwei Jahre lang musste die Gemeinde das Wasser aus dem Appelner Dorfgraben in die Beverstedter Kläranlage abfahren, weil dort ein Abwasserpilz entdeckt worden war.

© Archivfoto Plesse

Über zwei Jahre lang musste die Gemeinde das Wasser aus dem Appelner Dorfgraben in die Beverstedter Kläranlage abfahren, weil dort ein Abwasserpilz entdeckt worden war.

Auflagen für Kleinkläranlagen werden im Cuxland verschärft

Der Kreis Cuxhaven zieht bei der Abwasserentsorgung die Zügel an. Kleinkläranlagen-Besitzer in Schutzgebieten müssen ihre Anlagen nachrüsten.

Höhere Auflagen für Kleinkläranlagen

Kreis zieht bei Abwasserentsorgung die Zügel an – Kleinkläranlagen-Besitzer müssen nachrüsten

Dass die Abwasser in der Kläranlage landen, ist für die meisten selbstverständlich. Auf dem Land ist es das aber nicht. Dort nutzen viele Bürger Kleinkläranlagen auf dem eigenen Grundstück. Auf die Besitzer der Mini-Kläranlagen kommt nun einiges zu.

Der Landkreis zieht die Zügel an. Die Besitzer von Kleinkläranlagen im Kreis Cuxhaven müssen sich auf verschärfte Auflagen einstellen. Jedenfalls wenn sie in einer Region leben, in der das Grundwasser besonders geschützt werden muss. Das hat der Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss einstimmig auf den Weg gebracht. Schließlich seien im Landkreis Cuxhaven nur drei Prozent der Fließgewässer in einem Zustand, der nach den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie als gut zu bezeichnen sei, machte Dr. Jessica Ramm, Fachgebietsleiterin für Gewässerschutz beim Kreis, deutlich. „20 Prozent der Fließgewässer dagegen sind in einem schlechten Zustand“, so Ramm.

Höhere Reinigungsstufen in Schutzgebieten

Darauf müssen sich die Besitzer von Kleinkläranlagen nun einstellen:

In Dörfern, die in Wasserschutz- oder nitratsensiblen Gebieten liegen oder die ihre Klärreste in vorbelastete Gräben, Flüsse oder Seen eingeleitet werden, gelten künftig höhere Reinigungsstufen. Dort werden neue Kleinkläranlagen nur noch genehmigt, wenn sie es schaffen, Grenzwerte von 90 Milligramm chemischen Sauerstoffbedarf (CSB), 20 Milligramm biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB) sowie 30 Milligramm Stickstoff pro Liter einzuhalten. Es sind die Anforderungen der Ablaufklasse D. Gesetzlich vorgeschrieben ist mindestens Ablaufklasse C. Dort liegen die Grenzwerte bei 150 Milligramm (CSB) sowie 40 Milligramm (BSB), für Stickstoff gibt es keine Angaben.

Für bestehende Kleinkläranlagen, die noch funktionsfähig sind und über eine gültige Genehmigung verfügen, gibt es eine Galgenfrist: Erst wenn die Anlage 15 Jahre in Betrieb ist oder die wasserrechtliche Genehmigung ausläuft, die ebenfalls 15 Jahre lang währt, müssen sie aufrüsten.

Betreiber von Anlagen mit Wirbelbett oder Belebtschlamm müssen mit Kosten von etwa 500 Euro für die Umrüstung rechnen. Naturnahe Anlagen wie Sandfiltergräben, Tropf- oder Rotationstauchkörper können die Grenzwerte der Ablaufklasse D nicht erreichen. Für eine neue Kleinkläranlage, die für vier Personen ausgelegt ist, muss man laut Verwaltung mit Kosten von 7.000 Euro rechnen.

Betroffen von den neuen Regeln sind im weitläufigen Cuxland rund 13.800 Besitzer von Kleinkläranlagen. Die Kreisverwaltung macht seit längerem kaum einen Hehl daraus, dass es ihr am liebsten wäre, wenn die allermeisten davon über kurz oder länger durch den Anschluss an eine zentrale Kläranlage ersetzt werden. Für manche abgelegenen Höfe oder auch Einzelhäuser ist das aber schwierig beziehungsweise nur mit sehr hohen Kosten umzusetzen. Aber mit Kleinkläranlagen, so Fachgebietsleiterin Ramm, habe es in der Vergangenheit im Landkreis immer mal wieder erhebliche Probleme gegeben. Zuletzt in Elmlohe-Marschkamp.

Abwasser-Drama in Appeln sorgte für Schlagzeilen

Schlagzeilen hat vor bald zehn Jahren der Fall Appeln gemacht. Nahe des 450-Einwohner-Ortes wurde im Sommer 2013 in der Lune ein schleimiger Abwasserpilz entdeckt.

Genau an der Stelle, an der der Appelner Dorfgraben, in den die Dorfbewohner die Klärreste aus ihren Kleinkläranlagen einleiteten, auf den Fluss trifft. Der Kreis ließ den Zufluss sofort abklemmen. Und die Gemeinde musste das Wasser aus dem Dorfgraben daraufhin über zwei Jahre lang für teures Geld per Tankwagen in die Beverstedter Kläranlage fahren. Appeln war viele andere Dörfer in der weitläufigen Gemeinde nicht an die Kläranlage angeschlossen.

Es folgten monatelange Debatten über die Zukunft der Abwasserentsorgung in dem Dorf. Ob die Kleinkläranlagen für die Nitrit-Belastung in der Lune verantwortlich gewesen sind oder die intensive Landwirtschaft mit ihren Gülle-Einträgen, konnte nie endgültig geklärt werden. Viele Appelner jedenfalls wehrten sich damals mit Händen und Füßen gegen den Anschluss an die Kläranlage. Dafür mussten sie neue Sickergruben bauen – und die Gemeinde ein nagelneues Staubecken mitsamt Filter, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Gemeinde hat Konsequenzen gezogen

In Beverstedt hat man daraus Konsequenzen gezogen. Die umweltfreundliche Entsorgung von Abwasser und Regenwasser steht dort jetzt ganz obenan. Verwaltung und Politik treiben den Anschluss der Dörfer an die Kläranlage voran. Derzeit bekommt gerade Heerstedt einen eigenen Kanal. Als Nächstes ist angedacht, Frelsdorf anzuschließen. „Wir gehen das Thema aber nur in den Dörfern an, in denen die Mehrheit der Einwohner dafür ist“, sagt Beverstedts Bauamtsleiter Dieter Allers.

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Erstellt:
28.11.2022, 18:41 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 01sec

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