
Ein Schild mit der Aufschrift „Angeklagter“ wird auf die Gerichtsbank gestellt.
Foto: Arne Dedert
Prozess
Zweieinhalb Jahre für jungen IS-Rückkehrer
Das Oberlandesgericht Hamburg hat einen 21-Jährigen wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat (IS) zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren nach Jugendstrafrecht verurteilt. Das Gericht sah es zudem als erwiesen an, dass er in Syrien eine militärische Ausbildung des IS erhalten und von 2016 bis 2017 als 14 beziehungsweise 15-Jähriger an Kampfhandlungen teilgenommen hat.
Vom Vorwurf der Bundesanwaltschaft, dass er sich auch nach seiner Gefangennahme in einem kurdischen Lager weiterhin als IS-Mitglied betätigt und andere Jugendliche aufgewiegelt habe, wurde er hingegen freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; eine Revision ist möglich.
In seinem Urteil blieb die Staatsschutzkammer des Oberlandesgerichts hinter der Forderung der Bundesanwaltschaft zurück, die drei Jahre und sechs Monate gefordert hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Zugunsten des Angeklagten sei unter anderem gewertet worden, dass er als Elfjähriger von seiner Mutter gegen seinen Willen von Hamburg nach Syrien gebracht worden war. „Damit hat die Mutter ihn der Möglichkeit beraubt, eine unbeschwerte Jugend in Freiheit und Frieden zu verbringen“, sagte die Vorsitzende Richterin.
Zudem sei das Kind von seiner Mutter, die sich dem Islam zugewandt und radikalisiert habe, um dem Einfluss des Rotlichtmilieus zu entgehen, und ihren Lebenspartnern, die in Syrien als IS-Kämpfer dienten, im radikalislamischen Sinne der Terrormiliz erzogen worden.
Das Gericht bedauere, dass der Angeklagte kein Geständnis abgelegt und damit die Gelegenheit verpasst habe, seine Sicht auf die Taten darzulegen, sagte die Richterin. In der aus Jugendschutzgründen nicht öffentlichen Verhandlung hatte der 21-Jährige ihren Angaben zufolge die Taten bestritten. Wegen einer Beinverletzung, die er während eines Luftangriffs erlitten habe, habe er weder in den IS integriert werden noch an Kampfhandlungen teilnehmen können, soll er erklärt haben. Das Gericht stufte diese Aussage als nicht glaubhaft ein.
Der 21-Jährige sitzt seit neun Monaten in Untersuchungshaft. Bis zur Rechtskraft des Urteils ordnete das Gericht die Fortsetzung der U-Haft an. Anschließend sei eine schnelle Verlegung in eine Jugendstrafanstalt möglich, sagte die Richterin.