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Ohne Ausnahme: Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (vorn) wird bei seinem Besuch in den Produktionshallen von Siemens Gamesa in Cuxhaven mit Schutzbrille, Sicherheitsjacke und Käppi ausgestattet.
Habeck: Tempo bei Offshore-Ausbau
„Was für Kolosse.“ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist sichtlich beeindruckt von der Kulisse, als er am Dienstag gemeinsam mit Siemens-Gamesa-Geschäftsführer Dr. Jochen Eickholt das 2017 eingeweihte Turbinenwerk von Siemens Gamesa in Cuxhaven besichtigt. Seit einem Jahr werden laut Eickholt „im modernsten Werk dieser Art in Deutschland und vielleicht sogar weltweit“ Maschinenhäuser für die SG 11-200 DD produziert.

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Zur Erinnerung an seinen Besuch in der Produktionshalle von Siemens Gamesa überreichte Geschäftsführer Dr. Jochen Eickholt (rechts) dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das Modell eines Offshore-Winkraftrades.
Die Offshore-Turbine hat eine Leistung von 11 Megawatt und einen Rotordurchmesser von 200 Metern. „Eine einzige Umdrehung macht eine Autobatterie voll“, staunt der Grünen-Politiker. „Was für eine Kraft für eine Branche, die noch vor wenigen Jahrzehnten eine Tüftlerbranche war.“
1.800 Bewerbungen nach Mitarbeiteroffensive von Siemens Gamesa
Das hat sich gründlich gewandelt. Längst plant die Branche Offshore-Anlagen mit einer Leistung von 14 oder gar 15 Megawatt. Siemens Gamesa will diese Entwicklung mitgehen. 200 Millionen Euro hat der Windanlagenbauer in sein Cuxhavener Werk bereits investiert. 800 Mitarbeiter arbeiten hier - und ab 1. Februar 2023 - sind es 50 mehr.

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Ein bisschen Zeit muss sein: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (von links) im Gespräch mit den Fertigungsmitarbeitern Steve Winter und Marco Lange in der Fertigungshalle von Siemens Gamesa in Cuxhaven.
Im Herbst 2022 hatte das Unternehmen für Cuxhaven 212 neue Mitarbeiter gesucht. 1.800 Bewerbungen sind nach Auskunft des stellvertretenden Werkleiters Björn Christiansen seither eingegangen. Bis März hofft er, alle Stellen besetzen zu können.
30 Gigawatt Offshore-Ausbauziel für 2030 - für Habeck schaffbar
Gute Nachrichten. Auch für Robert Habeck, der darauf drängt, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 die installierte Leistung von Offshore-Windenergie von derzeit 8 auf mindestens 30 Gigawatt und bis 2040 auf mindestens 70 Gigawatt steigert. Allein am Dienstag habe die Bundesnetzagentur eine neue Ausschreibung für Offshore-Anlagen mit einer Leistung von 7 Gigawatt in Nord- und Ostsee gestartet, berichtet der Wirtschaftsminister, der bei seinem Besuch von den Bundestagsabgeordneten Stefan Wenzel (Grüne), Daniel Schneider (SPD) und dem Cuxhavener Oberbürgermeister Uwe Santjer (SPD) begleitet wird. Weitere 1,8 Gigawatt sollen in diesem Jahr noch folgen.

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Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung einen mehrstufigen Plan für den Ausbau der Offshore-Windenergie erstellt. Er biete der Industrie die geforderte Verlässlichkeit. „Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall“, sagt Habeck mit Blick auf die Vorgänger-Regierung. „Deutschland war dumm genug, in den erneuerbaren Sparten, auch der Windenergie, den Markthochlauf selber kaputt zu machen." Die Ampel-Koalition sei dabei, mit hohem Tempo die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Es sei ein sehr ehrgeiziger Plan, den sich Deutschland vorgenommen habe, betont der Minister. „Aber natürlich kann er gelingen.“
Siemens Gamesa braucht mehr Fläche für den Offshore-Hafen
Eickholt lobt die Offensive der Bundesregierung: „Die Beschleunigungsmaßnahmen zum Wind- und Netzausbau, die am Montag im Kabinett beschlossen worden sind, sind das, was uns nach vorne tragen wird. Wir hoffen auch, dass die Länder und Genehmigungsbehörden all das auch umsetzen können.“
Doch der Siemens-Gamesa-Geschäftsführer verweist auch auf rote Zahlen, die die Branche angesichts der hohen Inflation derzeit überall schreibe. „Für uns muss der Markt sichtbarer werden, als es bisher der Fall ist“, fordert er. Zwar gebe es eine Reihe von Maßnahmen, um den Markt anzukurbeln und zu beschleunigen. „Aber von den Intensionen ist längst noch nicht alles in den Auftragsbüchern oder Vorreservierungen gelandet.“
Auch in der Fläche drückt der Schuh: So ist der Cuxhavener Windanlagenproduzent dringend auf den Ausbau des Offshore-Hafens vor seinen Werkstoren angewiesen. Die Stellfläche ist bereits knapp. 300 Million Euro werden für den Ausbau weiterer Liegeplätze benötigt, 100 Millionen Euro hat das Land Niedersachsen zugesagt. Nun geht der Blick in Richtung Bund.
Mittel für Offshore-Hafenausbau: Nur Ländersache?
Zwar ist der Hafenausbau Ländersache, doch Habeck beurteilt die konkrete Lage anders. Der Cuxhavener Offshore-Hafen sei kein reines niedersächsisches Infrastrukturprojekt, sondern diene ganz Deutschland und sogar Europa. „Aus Sicht des Wirtschaftsministers, der Deutschland als wettbewerbsfähigen Standort für Windturbinen erhalten will, brauchen wir eine ausgebaute Hafeninfrastruktur.“

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Der Rundgang von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (links) durch die Produktionshallen von Siemens Gamesa am Standort Cuxhaven wurde von zahlreichen Medienvertretern begleitet.
Aus Habecks Sicht sollte die Infrastruktur zum Ausbau der erneuerbaren Energien eine Bundesangelegenheit sein. Doch solche Strategien seien immer ein Gemeinschaftswerk und müssten auch finanziell hinterlegt werden. „Ich für meinen Amtsbereich möchte, dass das schnell umgesetzt wird.“ Andere Kollegen hätten andere Verantwortungsbereiche und möglicherweise auch andere Prioritäten. Vorerst gebe es die Möglichkeit, für den Hafenausbau vom Bund Regionalisierungsgelder einzuwerben.
Deutschland war dumm genug, in den erneuerbaren Sparten, auch der Windenergie, den Markthochlauf selber kaputt zu machen
Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister