HSV-Ultras beschmieren Zug
Die Gruppe - vermutlich HSV-Ultras - hat am Dienstagmorgen einen S-Bahn-Zug in Dollern großflächig mit Farbe besprüht. Außerdem hätten die Fußballfans laut Polizei unzählige Aufkleber hinterlassen - unter anderem der HSV-Ultragruppe Castaways.
Die Polizei vermutet, dass die „Fans“ vor dem Spiel gegen den Tabellenführer St. Pauli am Millerntor ein Zeichen setzen wollten. Ein 21 Jahre alter Hamburger könnte Licht ins Dunkle bringen. Der Mann war von einem in der Bahn sitzenden Polizisten und Fahrgästen überwältigt und an die Polizei übergeben worden. Doch der mutmaßliche Mittäter musste wieder auf freien Fuß gesetzt werden. „Es handelt sich um Sachbeschädigung, Haftgründe lagen nicht vor“, sagte Polizeisprecher Rainer Bohmbach unserer Redaktion. Lediglich die Personalien seien aufgenommen worden. Eine Vernehmung stehe noch aus.
Weitere Täter flüchten ins Wohngebiet
Was ist passiert? Kurz nach 5 Uhr hatte die S-Bahn - unterwegs in Richtung Hamburg - in Dollern gehalten. Auf dem Bahngleis wartete eine 20-köpfige Gruppe - vermummt mit HSV-Utensilien. Die Täter hätten laut Polizei mehrere Waggons betreten, die Notbremse gezogen und Fahrgäste daran gehindert, den Zug zu verlassen. „Anschließend stellten sich die Unbekannten an der gesamten Länge des Zuges auf und besprühten die Waggons dann großflächig und waggonweise mit blauer, weißer und schwarzer Farbe“, sagte der Sprecher der Polizeiinspektion Stade.
Die übrigen Täter sollen laut Angaben der Zeugen in das angrenzende Dollerner Wohngebiet geflüchtet sein. Eine sofort eingeleitete Fahndung blieb erfolglos. Der angerichtete Sachschaden dürfte sich laut Polizeisprecher Rainer Bohmbach auf mehrere Zehntausend Euro belaufen. Die für den Bahnbetrieb zuständige Bundespolizei wurde eingeschaltet.
Fahrgast von HSV-Ultra durch Farbe verletzt
Mindestens ein Fahrgast soll bei der Sprühaktion „durch Farbe verletzt“ worden sein. Er wurde von alarmierten Rettungskräften in das Elbe Klinikum in Stade eingeliefert. „Gegen die noch Unbekannten wird nun wegen Sachbeschädigung, Körperverletzung und Nötigung ermittelt“, so der Polizeisprecher. Laut Bohmbach handelt es sich um eine „leichte Körperverletzung“. Diese werde erst verfolgt, wenn das Opfer - es stammt ebenfalls aus Hamburg - bei der Polizei in Stade eine Anzeige stellt.
Das Bahnpersonal habe den Zug evakuiert, es sei ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet worden. Die S-Bahn blieb bis 6 Uhr stehen. Später ging es leer in Richtung Hamburg, so die Polizei. Die Wagen werden erst nach der Reinigung wieder eingesetzt. Der morgendliche Berufsverkehr in Richtung Hamburg sei durch die Schmierfinken-Aktion erheblich gestört worden, Schüler und Arbeitnehmer kamen zu spät. Die Strecke war bis etwa 8 Uhr gesperrt.
Zeugen, die die Schmieraktion der Ultras beobachtet haben oder mit ihrem Mobiltelefon sogar Video-Aufnahmen gemacht haben, sollen sich beim Polizeikommissariat Buxtehude unter der Rufnummer 04161/647115 melden.
So schützt die Bahn ihre Züge vor Sprayern
Der Vandalismus, insbesondere durch Graffiti-Schmiererei, kostet die Deutsche Bahn AG im Schnitt zwölf Millionen Euro im Jahr. „Für die Prävention und Beseitigung von Graffitischäden entstehen der S-Bahn Hamburg jährliche Kosten von rund einer Million Euro. Geld, das die S-Bahn lieber zum Nutzen ihrer Kunden einsetzen würde“, sagte ein Bahn-Sprecher unserer Redaktion. Damit die Täter kein dauerhaftes Erfolgserlebnis haben, würden die Schmierereien „möglichst schnell“ durch die Deutsche Bahn beseitigt. Des Weiteren tragen die Fahrzeuge einen Schutzlack. Dieser mache es einfacher, die Graffiti und Tags zu beseitigen. An den Bahnhöfen werden Folien und Beschichtungen aus mikroporösem Wachs angebracht.
Eine weitere Schutzmaßnahme sei der verstärkte Einsatz von Videotechnik in den Zügen und an den Stationen. Das erleichtere der Bundespolizei das Identifizieren der Täter und liefere Beweismaterial für spätere Gerichtsprozesse. Rund 3200 Täter würden im Jahr im Schnitt ermittelt. Von 35.000 aktenkundigen Vandalismus-Fällen seien im vergangenen Jahr 24.000 in den Bereich Graffiti gefallen.
S-Bahn wird in Waschanlage begutachtet
Die S-Bahn werde jetzt in der Waschanlage begutachtet. Der Reinigungsaufwand und die Umweltbelastung durch Graffiti seien immens. Die Reinigung der Züge ist nur in speziell ausgestatteten Werkstätten unter Einhaltung von strengen Arbeits- und Umweltvorschriften möglich. Die Kosten variieren je nach Größe und Schichtdicke des Graffitis. Zum Teil geschehe das in Handarbeit. „Graffiti ist keine Kunst, sondern ärgerlich und eine Straftat, da es erhebliche Kosten verursacht“, sagt der S-Bahn-Sprecher. Und: Die Täter gefährdeten sich selbst, wenn sie mit Oberleitung oder Stromschienen in Kontakt kommen.
Bahn will Schadenersatz verlangen
Sollten die Täter geschnappt und verurteilt werden, werde die Bahn ihre Schadenersatzansprüche durchsetzen - zusätzlich zu den strafrechtlichen Folgen. Auch wer noch minderjährig sei oder gerade kein Geld auf der hohen Kante habe, müsse irgendwann für seine Taten auch finanziell einstehen. „Wir werden auf jeden Fall Schadensersatzzahlungen fordern“, so der Unternehmenssprecher am Dienstag. Die Bahn könne bis zu 30 Jahre lang zivilrechtlich - nach einer Verurteilung - einen Ersatz des Schadens einfordern. Hinzu komme, dass die Schmierereien viele Fahrgäste in ihrem subjektiven Sicherheitsgefühl beeinträchtigten.