
Die beiden Angeklagten (2.v.l. und 2.v.r) sitzen mit ihren Anwälten (l-r) Karsten Randt, Erik Duesberg, Jochen Bachmann, Anwältin Eva Kohler im Gericht.
Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Bilanzmanipulationen
Angeklagter im Steinhoff-Prozess bestreitet Vorwürfe
Fast sieben Jahre ist der Bilanzskandal beim Möbelhändler her. Ein Gericht bemüht sich nun um Aufklärung - nur schwierig, wenn die Hauptfigur fehlt.
In einem Prozess wegen Bilanzmanipulationen beim internationalen Möbelkonzern Steinhoff hat einer der angeklagten Ex-Geschäftsführer die Vorwürfe zurückgewiesen. Er habe nur Anweisungen des früheren Konzernchefs Markus Jooste erfüllt, sagte der 64-Jährige am Mittwoch in Oldenburg. „Ich habe mich auf meine Befehlsempfängerrolle zurückgezogen.“ Der Manager ist in fünf Fällen der Beihilfe zur unrichtigen Darstellung in Bilanzen angeklagt. Ein 51 Jahre alter Mitangeklagter soll die Manipulationen aktiv vorgenommen haben (Az. 2 Kls 97/20).
Beim Auffliegen der verfälschten Bilanzen bei Steinhoff im Jahr 2017 waren Milliarden an Anlegervermögen vernichtet worden. Seit Mitte April läuft am Landgericht Oldenburg parallel ein Prozess gegen den Ex-Chef Jooste (62), der zu Verhandlungsbeginn aber nicht aus Südafrika erschien. Über einen von der Staatsanwaltschaft beantragten Haftbefehl hat das Landgericht noch nicht entschieden.
Der mittlerweile aus Südafrika gesteuerte Steinhoff-Konzern hat seine Wurzeln in Westerstede in Niedersachsen. Der Staatsanwaltschaft zufolge sollen die Angeklagten von 2010 bis 2014 Scheingeschäfte durchgeführt haben; so seien Verluste europäischer Steinhoff-Tochtergesellschaften verschleiert worden, die Bilanz des Mutterkonzerns sei aufgehübscht worden.
„Es war niemals meine Idee, Verluste auszugleichen“, sagte der 64-jährige Angeklagte. Jooste habe „die maßgeblichen Anweisungen erteilt“. Der Chef habe „äußerst manipulativ“ kommuniziert. Im Konzern habe ein „Klima der Angst“ geherrscht, so dass niemand die Vorgaben in Frage gestellt habe. Wegen dieser Vorwürfe verlangte der Verteidiger des anderen Angeklagten, dass Jooste auch für dieses Verfahren geladen wird - und zwar als Zeuge.
Vergangene Woche hatten die Verfahrensbeteiligten ein so genanntes Rechtsgespräch geführt mit dem Ziel, das absehbar langwierige Verfahren abzukürzen. Dies habe aber zu keinem Ergebnis geführt, teilte der Vorsitzende Richter mit. Nachdem der 64-jährige Angeklagte gesprochen hatte, sagte der Vertreter der Staatswaltschaft, er sehe keine Grundlage für eine Einigung. Es gebe keinerlei Schuldeingeständnis.