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Martin Walker am Braker Binnenhafen. Er ist gern in Norddeutschland unterwegs. „Es ist so ganz anders als dort, wo ich lebe, und das ist interessant.“
Silotürme statt alter Gemäuer
Martin Walker ist ein Bestsellerautor und lebt in Südwestfrankreich, Großbritannien, den Vereinigten Staaten. Er müsste nicht in die norddeutsche Provinz reisen. Aber er tut es trotzdem regelmäßig - und dafür hat er gute Gründe.
Zum Beispiel steuert er Brake an. Die Stadt hat so gar nichts mit Martin Walkers Büchern zu tun. Der Autor ist der geistige Vater des Dorfpolizisten Bruno, der in einem beschaulichen Örtchen im Périgord Verbrechen löst, die Rugby-Mannschaft trainiert, Tennis unterrichtet, reitet, Trüffel sucht, wunderbar kocht, Wein trinkt, jagt und zwar noch nicht die Frau fürs Leben, wohl aber Frauen für romantische Beziehungen gefunden hat. Inzwischen gibt es 15 Bruno-Romane, 14 von ihnen sind bereits auf Deutsch erschienen. Bis April 2022, so hat Martin Walkers Verlag Diogenes nachgezählt, waren allein im deutschsprachigen Raum schon 2,5 Millionen Exemplare der Bücher verkauft worden. In 17 weiteren Sprachen von Französisch über Englisch bis Japanisch sind es noch einmal mehr als 1,5 Millionen Bücher.
An 33 Tagen an 33 Orten gelesen
Der Autor müsste also nicht mehr auf Lesereise gehen, aber er tut es trotzdem. „Ich mache, was der Verlag mir sagt“, behauptet er und lächelt verschmitzt. Gerade endet seine Herbsttour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. 33 Mal hat er an 33 aufeinanderfolgenden Abenden aus „Tête-a-Tête“ gelesen. Martin Walker war in Klagenfurt und Kronach (Oberpfalz), aber auch in Erfurt, Lüneburg und Münster. „In Hamburg waren schätzungsweise 400 Menschen da“, erzählt er von der vorletzten Station. Doch nun hat er die letzte Stadt auf seiner Reise erreicht: Mit sieben Minuten Verspätung hat der Regionalexpress von Bremen nach Nordenham im Braker Bahnhof angehalten.
Den Bahnhof kennt Martin Walker, er ist schon mehrfach in Brake zu Lesungen ausgestiegen. Eleonore Gollenstede von der Braker Buchhandlung hat einen guten Draht zum Verlag, und so steht Brake regelmäßig auf der Reiseliste des Autors. Das Ambiente ist dabei anders als irgendwo sonst, persönlicher. Rund 30 Gäste passen ins Restaurant Culinaria. Zu den Auszügen aus dem Krimi, gelesen von Restaurant-Inhaberin Lilo Barghorn auf Deutsch und Martin Walker auf Englisch, gibt es ein Drei-Gang-Menü. Man tafelt und trinkt, kauft am Büchertisch ein und lässt sich vom Autor das Eingekaufte signieren.
Bücher bringen Touristen ins Périgord
„In Brake ist es ein sehr intimer Rahmen, man kommt ins Gespräch, das geht sonst selten so gut“, freut sich Martin Walker auf den Abend. Er schäkert mit Lilo Barghorn, freut sich, dass ihm nicht wenige Gäste sagen, wegen seiner Romane das Périgord als Reiseziel entdeckt zu haben, singt später sogar ein Lied von Jacques Brel.
„Für mich als Autor ist es wunderbar, Reaktionen auf meine Bücher zu hören von Leserinnen und Lesern“, findet Martin Walker. Das sei ein Grund, warum er Lesereisen nicht missen wolle. Martin Walkers größter Markt ist der deutschsprachige, gefolgt vom englischsprachigen. Auch in Frankreich ist Bruno beliebt, vor allem im Périgord. „Die Menschen in meinem Wohnort finden es toll, dass nun mehr Gäste die Region besuchen“, berichtet der gebürtige Schotte. „Ich habe sogar einen Preis für die Förderung des Tourismus erhalten“, freut er sich. Überhaupt wird er in seiner Wahlheimat geschätzt: Gleich mehrere gastronomische Clubs - von Wein über Trüffeln bis zu Gänseleber - haben ihn in ihre Reihen aufgenommen.
Beeindruckt von Silotürmen
Dass der gebildete Historiker nicht nur schreiben, sondern auch mehrere Sprachen sprechen kann, ist bei den Lesungen in Europa und Amerika ein Vorzug. Martin Walker beherrscht neben seiner Muttersprache Englisch und seiner Wahlheimatsprache Französisch auch Deutsch. Die gesellige Stimmung in dem Braker Restaurant kann er also ohne langwierige Übersetzungen genießen. Da hat er es anderswo schwerer: „In Japan verstehe ich kein Wort.“
Nicht nur wegen der Menschen komme er gern nach Norddeutschland, erzählt Martin Walker. „Die Landschaft ist so anders als das, was ich gewohnt bin. Es ist sonderbar, in einer Gegend zu sein, die so flach ist.“ Im Périgord sei er von Hügeln, mäandernden Flüssen, sanften Wiesen umgeben - und vielen alten Gemäuern. Auch in Schottland, wo er aufwuchs, ist es alles andere als eben. „Hier in Brake gibt es aber auch beeindruckende Gebäude“, sagt er mit Blick auf die Silotürme.
In St. Denis bleibt man jung
Martin Walker ist schon Mitte 70, doch er will weiter schreiben - und reisen. So stehen die Chancen gut, dass er bald wieder in Brake aus dem Zug steigt. Auch dann wird ihn Bruno begleiten. Der Polizist und seine Freunde aus St. Denis, verrät der Autor, unterscheiden sich übrigens in einem Punkt grundlegend von „echten“ Menschen: Sie werden nicht älter.
Bestsellerautor Martin Walker ist zu Gast in Brake
Zum Ende seiner Herbsttour macht der Autor für eine Lesung in Brake halt. Für die Gäste hatte er sogar ein Ständchen von Jacques Brels Lied „La Chanson des vieux amants“ parat.

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Letzter Halt Brake: Dort stand jetzt der Abschluss von Martin Walkers Lesereise an. Sie umfasste 33 Lesungen an 33 Tagen.

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Seinen vielen, vielen Leserinnen begegnet Martin Walker mit Freundlichkeit und Charme. Eine persönliche Widmung in Exemplare seiner Bücher zu schreiben, ist eine Aufgabe, die er auch in Brake ohne Ermüdungserscheinungen absolviert.

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Martin Walker, Brunos Perigord, erschienen 2022.
Martin Walker kennt die Welt
Martin Walker kam 1947 auf einer schottischen Insel zur Welt. Er studierte an der Universität Oxford Geschichte und wechselte später an die Harvard University, um Internationale Beziehungen und Wirtschaft zu studieren. Nach seinem Abschluss arbeitete er 25 Jahre lang für die britische Tageszeitung The Guardian in London und als Korrespondent in aller Welt. Während und nach seiner Zeit als Journalist danach schrieb er Werke über den Kalten Krieg, die Perestroika und die USA.
Seit 1999 lebt Martin Walker im südwestfranzösischen Périgord. Dessen reiche Geschichte und die Bewohnerinnen und Bewohner des Landstrichs inspirierten ihn zu den Bruno-Krimis, die in Martin Walkers Wohnort spielen. 2008 entstand der erste Kriminalroman „Bruno – Chef de police“. Inzwischen hat Martin Walker 14 weitere Bruno-Krimis veröffentlicht. Band 15 wird auf Deutsch im April 2023 erscheinen. Die Bruno-Romane erscheinen in 18 Sprachen, weltweit sind bereits mehr als vier Millionen Bücher verkauft worden. Ebenfalls im Périgord spielt der historische Roman „Schatten an der Wand“ (2012). Mit seinem Zukunftsthriller „Germany 2064“ stand Martin Walker auf der Shortlist zum Deutschen Wirtschaftsbuchpreis 2015.
Martin Walker hat weitere Wohnsitze in Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Neben Englisch, Französisch und Russisch spricht er auch Deutsch.

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Seinen vielen, vielen Leserinnen begegnet Martin Walker mit Freundlichkeit und Charme. Eine persönliche Widmung in Exemplare seiner Bücher zu schreiben, ist eine Aufgabe, die er auch in Brake ohne Ermüdungserscheinungen absolviert.
Es ist sonderbar, in einer Gegend zu sein, die so flach ist.
Martin Walker, Autor der Bruno-Krimis

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Zum Weiterlesen
In seinem neuesten Buch, einem Bildband, erzählt Martin Walker die Geschichte seiner Wahlheimat. Es handelt sich um eine Reise auf den Spuren Brunos, des Polizisten, von der Vorgeschichte bis zur Neuzeit, von der Küche bis zum Wein. Dazu gibt es Fotos und praktische Reisetipps.
Martin Walker: Brunos Périgord. Diogenes Verlag, 288 Seiten (gebunden), ISBN: 978-3-257-07201-3, 36 Euro.