Niesende Frau mit Taschentuch

Pollen können Allergikern bis in die Sommermonate zu schaffen machen.

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Nordsee
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AOK: Da (f)liegt was in der Luft

Von Imke Zimmermann
22. Juni 2025 // 00:00

Die Augen jucken und tränen, die Nase läuft: Menschen mit einer Pollenallergie haben bislang besonders im Frühjahr und Sommer gelitten. Doch durch den Klimawandel weitet sich die Pollensaison aus.

Allergien sind eine Volkskrankheit. Einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes zufolge leiden daran 36 Prozent der Befragten. Am verbreitetsten ist die Pollenallergie – umgangssprachlich Heuschnupfen genannt – mit 59 Prozent Betroffenen. Der Klimawandel sorgt nun zum Beispiel dafür, dass sich die Pollensaison ausweitet. Schon jetzt geben 23 Prozent der Pollenallergiker an, dass ihre Symptome in den vergangenen fünf Jahren zugenommen hätten.

Heuschnupfen kann problematisch werden

Ein Heuschnupfen ist lästig. Schnell problematisch werden kann er bei Menschen, die schon vorher Atemwegserkrankungen wie Asthma hatten. „Sie können Atemnot bekommen, die dann mit Medikamenten wie etwa Kortison oder einem antiallergisch wirkenden sogenannten Antihistaminikum behandelt werden muss“, sagt Dr. Michael Sachse, Chefarzt an der Hautklinik des Klinikums Bremerhaven-Reinkenheide. Bei Heuschnupfen können Wirkstoffe aus der Medikamentengruppe der Glukokortikoide helfen, zu denen unter anderem Kortison gehört. Außerdem können Antihistaminikum-Tabletten oder -Kapseln und antiallergisch wirkende Nasensprays und Augentropfen zum Einsatz kommen. Bei Atemnot kann Kortison erforderlich sein.

Wöchentliche Allergiesprechstunde

Oberärztin Dr. Rozalia Klingenberg bietet im Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide einmal wöchentlich eine Allergiesprechstunde an. Dabei prüft sie die Indikationen einer Allergen-Immuntherapie, also die Frage, ob Betroffene schrittweise an den Allergieauslöser gewöhnt und so desensibilisiert werden können. Außerdem klärt sie Allergien gegen Pollen mittels Blutuntersuchungen oder Hauttestungen ab, hat aber auch Ratschläge für die Selbsthilfe. Zum Beispiel sollten Allergiker ihr zufolge bei starkem Pollenflug möglichst wenig ins Freie gehen, zu Hause die Fenster geschlossen halten und sich mit speziellen Kalendern oder durch Vorhersagen über die aktuelle Situation informieren.

Pollendaten sammeln

Im Juni haben in Norddeutschland Gräser, Wegerich und Roggen Hochsaison. Das weiß man dank der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID). Seit 1983 misst der PID den Pollenflug und fasst die Daten in vier Kalendern für Nord-, Süd-, West- und Ostdeutschland zusammen. „Er ist die einzige öffentliche Organisation in Deutschland, die in einem bundesweiten Messsystem seither durchgehend Daten erhoben hat“, berichtet der Allergologe Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, die ihren Sitz an der Charité in Berlin hat.

Insgesamt gibt es in Deutschland rund 30 Pollenmessstationen, deren Daten den Pollenflug in einem Radius von rund 80 bis 100 Kilometern widerspiegeln.

App für Allergiker

Neben den Kalendern hat die Stiftung zusammen mit der Universität Wien 2009 die erste Smartphone-Anwendung unter dem Namen „Pollen App“ herausgebracht, die jährlich von rund 80.000 bis 100.000 Allergikern genutzt wird. Sie erhalten dort Informationen zum Pollenflug und dokumentieren ihre Beschwerden. Diese Angaben werden zu Forschungszwecken genutzt, um neue Therapien und Medikamente für Betroffene zu entwickeln. Manche von ihnen trifft es dabei besonders hart. Im Klinikum Reinkenheide werden fünf bis zehn Menschen pro Woche stationär aufgenommen, „zum Beispiel wegen Schwellungen der Atemwege, der Lippen oder der Zunge“, berichtet Oberärztin Klingenberg.

Solche Beschwerden können die Folge einer Lebensmittelallergie sein. Sie entsteht häufig als Reaktion auf mit den Pollen verwandte Allergene. „Viele Menschen mit einer Birkenpollenallergie reagieren dann auf Nahrungsmittel wie Erdnüsse, Kern- oder Steinobst“, erklärt Dr. Rozalia Klingenberg. Das liege daran, dass deren Inhaltsstoffe denen der Birkenpollen sehr ähnlich seien.

„Exponentielle Zunahme“

„Insgesamt beobachten wir eine exponentielle Zunahme von Allergien“, sagt Michael Sachse. „Dabei hat die Zunahme der Pollenallergien wesentlich mit dem Klimawandel zu tun.“ Neben der Verlängerung der Pollensaison produzierten die Pflanzen bei Hitze oder Dürre auch vermehrt Allergene. „Ein großes Problem sind hier eingeschleppte, nicht heimische Pflanzenarten wie das Ackerunkraut Ambrosia, auch als Traubenkraut bekannt, oder der chinesische Götterbaum, die sich hier mit ihrem allergenen Potenzial ausbreiten“, erklärt der Chefarzt. Sie profitierten vom Klimawandel, weil sie etwa mit Trockenheit gut zurechtkämen. Man solle darum viel mehr als bisher darauf achten, die Verbreitung dieser Arten zu verlangsamen, indem man sie zum Beispiel jäte oder verbrenne.

Mehr Infos:

Auf der Internetseite aok.de/ pk/allergie-unverträglichkeit finden Betroffene vielfältige Informationen und einen Überblick über besondere Leistungen für Menschen mit einer Allergie. Zum Beispiel können AOK-Versicherte den medizinischen Informationsservice AOK-Clarimedis kostenfrei nutzen. Unter der Telefonnummer 0800 1265265 beraten Fachleute rund um die Uhr.