Rodri - Die ordnende Hand für die spanische Nationalmannschaft

Rodri - Die ordnende Hand für die spanische Nationalmannschaft

Spaniens unumstrittener Anführer mag es konventionell. Die Stutzen zieht er bis unter die Knie, das Hemd steckt ordentlich in der Hose. Schon rein äußerlich ist Rodri, der mit vollem Namen Rodrigo Hernández Cascante heißt, ein echter Ordnungshüter.

Rodri - die ordnende Hand

Nie war der Mittelfeldspieler für Spanien so wertvoll wie vor dem Duell gegen Deutschland

So wie die Kleidung ihren Zweck erfüllt, spielt der gebürtige Madrilene auch Fußball. Einer, der im Zentrum des Geschehens aufpasst, dass sich nicht nur der Ball in den richtigen Bahnen bewegt.

Der 28-Jährige gibt die uneingeschränkte Autorität in Spaniens Nationalmannschaft, die im EM-Viertelfinale gegen Deutschland (Freitag, 18 Uhr/ZDF und Magenta TV) antritt. „Wir werden uns noch mehr anstrengen müssen“, glaubt der Stratege. Einen Gegner wie Deutschland könne man halt mal bekommen. „Aber ich bin überzeugt davon, dass sie nicht so glücklich sind, jetzt auf uns zu treffen.“

Den Schlüsselsatz vor dem Showdown in Stuttgart über seinen Schlüsselspieler sagte Nationaltrainer Luis de la Fuente nach dem Achtelfinale gegen Georgien (4:1): „Er ist der Mittelpunkt unseres Spiels.“ Die Achse von allem.

Balleroberer und Ballverteiler aus dem Lehrbuch

Der 63-Jährige setzt auf ein 4-3-3 mit klaren Rollenverteilungen, wobei im Zweifelsfall immer seine Nummer 16 angespielt werden kann. Balleroberer und Ballverteiler aus dem Lehrbuch. Seine Bedeutung als Metronom wirkt beinahe größer als die von Ilkay Gündogan und Toni Kroos zusammen – und das soll was heißen.

Würden die deutschen Taktgeber so etwas tun, wie der spanische Stratege nach dem Rückstand gegen den aufmüpfigen Außenseiter? Nach gut einer halben Stunde brach der 1,90-Meter-Mann eine Ballstafette ab, stoppte das gesamte Spiel an der Mittellinie, um mit beiden Händen eine Botschaft an seine übereifrigen, teils unerfahrenen Mitspieler zu senden: Ruhe bewahren, Hektik rausnehmen, zurück zur eigenen Idee.

In wichtigen Momenten hört alles auf sein Kommando

Es reicht, dass so etwas vor anderthalb Jahren passierte: Im WM-Achtelfinale gegen Marokko (0:3 i.E.) hatten die Iberer beim Anrennen irgendwann nämlich den Kopf verloren. Das Mittelfeld befehligte damals noch der Oldie Sergio Busquets - Rodri musste unter Coach Luis Enrique in der Innenverteidigung aushelfen.

Unter seiner Anleitung sollen sich die Fehler nicht wiederholen. „Es gab einige Minuten der Konfusion“, erklärte die Führungskraft, „wir haben angefangen, leichte Bälle zu verlieren.“ In solchen Momenten hört dann bitte alles auf sein Kommando.

278 Pässe hat Rodri bei dieser EM gespielt, 94 Prozent zum Mitspieler. Gegen Georgien erzielte er mit einem harten Flachschuss sein viertes Länderspieltor, das in der Ausführung perfekt zu seinem Markenkern passte: Er geht mit einer solch chirurgischen Präzision vor, dass ihn viele aktuell als den weltbesten defensiven Mittelfeldspieler der Welt ansehen.

Rodri und Spanien haben nur ein Ziel - den Titel

Sein Antrieb bei dieser EM? „Wir wollen nicht nur dabei sein und gut spielen. Nein, wir wollen gewinnen“, versicherte der zur Auszeichnung als „Man of the Match“ im Trainingsanzug gekommene Rodri, der mit entschlossenem Blick anfügte: „Das ist unsere Mentalität.“

Ihn selbst haben inzwischen fünf Spielzeiten bei Manchester City geprägt. Stattliche 70 Millionen Euro bezahlten die Eigentümer aus Abu Dhabi einst für ihn, weil ihn Pep Guardiola als Nachfolger für den Abräumer Fernandinho aufbauen wollte.

Zuvor hatte sich der beim FC Villarreal ausgebildete 1,90-Meter-Mann eine Leihsaison bei Atletico Madrid mehr Robustheit angeeignet. Dennoch gab es immer mal wieder Phasen, in denen Guardiola Zweifel hatte, ob es mit dem umtriebigen Rodri gut geht.

Mit einem Plan auch bei den Gelben Karten

Legendär, dass der Verzicht auf seinen Stamm-Sechser im Champions-League-Finale 2021 zur Niederlage gegen den FC Chelsea führte; dass derselbe Spieler dann im Königsklassen-Endspiel 2023 gegen Inter Mailand den Siegtreffer besorgte.

Heute ist er als Immer-Spieler bei den Citizens für Absicherung, Organisation und Rhythmus zuständig. Denselben Status genießt der 53-fache Nationalspieler unter dem Anfang 2023 installierten Fußballlehrer de la Fuente bei „La Furia Roja“. Nach zwei EM-Spielen holte sich Rodri eine Gelb-Sperre ab, um im bedeutungslosen Gruppenspiel gegen Albanien (1:0) auszusetzen. Auch dahinter könnte ein Plan gesteckt haben, weil er fast alles mit Verstand und Vernunft macht.

Als am Sonntag der etwas unglücklich spielende Kapitän Alvaro Morata ausgewechselt wurde, streifte der Stürmer die Binde bei Rodri über. Dieser reichte sie allerdings an Jesus Navas weiter, als der mit 38 Jahren älteste Spielgefährte das Feld betrat. Ordnung muss sein. Immer und überall.

Ihr Autor

Frank Hellmann

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Erstellt:
02.07.2024, 15:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec

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