Wortgewandt und herzensgut
Es war eine launige Frage am Biertisch, die beim Treffen der Bremerhavener Fußball-Abteilungsleiter in Wremen vor vielen Jahren spät abends gestellt wurde. „Wo wohnt Erich Willmann? Im Herzen aller Fußball-Fans.“ Der Spruch hatte Jahrzehnte Bestand. Jetzt schlägt das Herz von Erich W. Willmann nicht mehr.
Der langjährige Sportchef der NORDSEE-ZEITUNG ist am Freitag im Alter von 74 Jahren ganz plötzlich verstorben. Er hinterlässt seine Ehefrau Doris.
Die Antwort „im Herzen aller Fußball-Fans“ ist ein Hinweis auf den Charakter von Erich W. Willmann. Richtig zornig und böse haben wir ihn nie erlebt. Erich war ein Gemütsmensch, eine Frohnatur mit einem ganz großen Herzen. Er war ausgestattet mit einem extrem feinen Witz, mit dem er auch seine Artikel garnieren konnte.
Der Mann mit dem wortgewandten Tackling
Zur großen verbalen Grätsche brauchte er in seinen Kommentaren nie anzusetzen. Es war das leichte, wortgewandte Tackling, mit dem er die Gegenspieler attackierte. Nett, süffisant und trotzdem so wirkungsvoll. Es gibt nur wenige Kollegen, auf die das Attribut „Edelfeder“ zugetroffen ist - Erich W. Willmann gehörte dazu. Denn Schreiben konnte er wie kaum ein anderer.
Der gebürtige Neu-Ulmer volontierte 1970 bei der „Augsburger Allgemeinen“ und wechselte 1972 zum „Weser-Kurier“ nach Bremen. Von dort ging es über das „Sportmegaphon“ in Lübeck zum „Kicker“ nach Peine und im Sommer 1980 zur NZ nach Bremerhaven. „Das waren harte Verhandlungen, aber sie wollten mich unbedingt haben“, erzählte Erich später einmal - und lachte dabei. Er unterschrieb den Vertrag - zum Glück.
Einer der Mitbegründer des RSC Bremerhaven
Von Januar 2004 bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Dezember 2011 war Erich W. Willmann Sportchef der NZ. Er bildete mehr als eine Generation Volontäre aus, er schrieb über Fußball, über Werder Bremen, den OSC Bremerhaven in der 2. Bundesliga, später SFL Bremerhaven. Er gründete 1974 sogar den RSC Bremerhaven, den Vorgängerclub der Fischtown Pinguins, mit, „weil da bei einem Termin, zu dem ich als Berichterstatter des Weser-Kuriers nach Bremerhaven eingeladen war, gerade die siebte Person fehlte.“
Auch das war Erich W. Willmann. Spontan, hilfsbereit - und immer fröhlich. In seiner Zeit in Neu-Ulm war er als Schiedsrichter im Einsatz. Und auch da gibt es eine Anekdote. „In Ulm habe ich bei einem Jugendspiel mal Uli Hoeneß vom Platz gestellt“, verriet Erich.
Er war aber nicht nur ein guter „Schiri“, er war auch ein sehr ordentlicher Kicker, in der NZ-Betriebself „Traumpass-Willi“ genannt. Mit Mitte 30 nicht mehr schnell unterwegs, nicht zu lauffreudig dank diverser gerauchter Reval. Aber er war immer für den Extrapass zu haben, um die Mitspieler in Szene zu setzen - und glänzen zu lassen. Das war eine der ganz großen Stärken von Erich W. Willmann. Auch in „seiner“ Sportredaktion war Erich ein Teamplayer. Autorität brauchte er nicht, die hatte er. Aber nicht, weil er der „Chef“ oder „Vize-Chef“ war, sondern weil er die anderen besser machte - und sie machen ließ. Denn eigentlich, so betonte er stets, „wäre es gut, wenn ich nur schreiben könnte. Kümmert ihr euch um den Rest.“
Erich hatte das gewisse Gespür für Menschen
Das haben wir getan, er konnte schreiben. Er hatte dieses ganz gewisse Gespür für die Menschen. Egal, ob für den Fußball-Profi, den Hobby-Kicker, den Leichtathleten oder den Sport-Funktionär: Sie alle wurden gleich gut behandelt. Und alle schätzten Erich W. Willmann. Auch die „schweren Jungs“ beim Catchen. Die Wrestler um den Österreicher „Big Otto“ Wanz waren in den 80er und 90er Jahren ein fester Bestandteil seines Lebens, unzählige Abende hat Erich in den Hallen in Bremen verbracht.
Und woran ich mich noch erinnere? An viele Feiern, Feste und Skat- oder Doppelkopf-Abende mit Erich. An die gemeinsamen Besuche beim Buchmacher in Bremen, bevor es zu Werder ins Weserstadion ging. „Zocker-Willi“ war da los. „Olli, lass´ uns eine Stunde eher losfahren, dann gehen wir noch etwas zocken“, hieß es dann.
So war er, unser Erich. Nach seinem Ausscheiden bei der NZ ist es etwas ruhiger geworden, da gab es andere Schwerpunkte in seinem Leben. Abgerissen ist der Kontakt nie. Und wenn heute noch einmal jemand die Frage von damals aufwerfen würde, wo Erich W. Willmann wohnt?
In unseren Herzen.