
Ein Mitarbeiter hält in einem Coronatest-Labor PCR-Teströhrchen in den Händen.
Foto: Uwe Anspach
Corona in der Wesermarsch: Maskenpflicht im Krankenhaus und hohe Dunkelziffer
Im St.-Bernhard-Hospital in Brake gilt wieder Maskenpflicht. Auf welcher Grundlage wurde das bestimmt? Wie ist allgemein die Corona-Situation in der Wesermarsch? Das zu beurteilen, ist laut Landkreis schwierig.
Das St.-Bernhard-Hospital hat wegen steigender Corona-Fallzahlen wieder eine Maskenpflicht eingeführt. Wer das Hospital und das angegliederte Medizinische Versorgungszentrum betritt, muss einen Mund/Nasenschutz tagen - als vorbeugende Maßnahme. Sind die Braker mit ihrer Präventiv-Maßnahme Vorreiter eine Maskenpflicht, die bald wieder überall herrscht? Wie entwickelt sich die Corona-Lage in der Wesermarsch? Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten.
Das sagt der Landkreis
Wie Landkreis-Pressesprecher Martin Bolte auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, werden dem Gesundheitsamt des Landkreises Wesermarsch zwar Corona-Fälle von den Laboren gemeldet. Diese seien aber wenig repräsentativ. Denn: Ein offizieller Corona-Fall liegt lediglich dann vor, wenn bei einem Arzt oder in einem Krankenhaus ein entsprechender Abstrich genommen und labordiagnostisch bestätigt wurde.
Diese Positivmeldung erfolgt, wie Marin Bolte erklärt, seitens der Labore an das Gesundheitsamt, das die Meldung an das Niedersächsische Landesgesundheitsamt übermittelt. Vom NLGA wiederum erfolgt eine Übermittlung an das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin.
Landkreis: Zahlen nicht aussagekräftig
Dadurch, dass flächendeckend keine Tests mehr vorgenommen werden, es keine Teststationen mehr gibt und keinerlei Testverpflichtung mehr besteht, seien Zahlen bezüglich labordiagnostisch bestätigter Corona-Fälle jedoch nicht aussagekräftig, heißt es vom Landkreis.
Auch werde - anders als während der Pandemie - in Schulen und Kindergärten nicht mehr getestet. Darüber hinaus bestehe im Falle eines positiven Corona-Tests keine Verpflichtung zur Quarantäne mehr. Es müsse daher von einer sehr hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, so der Landkreis.
Wer kann was verfügen?
Corona-Maßnahmen müssen durch den Bund oder die Länder durch eine entsprechende Verordnung verfügt werden - damit untergeordnete Behörden wie der Landkreis Wesermarsch entsprechend agieren dürfen.
Während der Corona-Pandemie handelt der Landkreis laut Martin Bolte auf Grundlage der Niedersächsischen Corona-Schutzverordnung, in der geregelt war, bei welchem Inzidenzwert die Kommunen in welcher Form einzugreifen haben. Dieser rechtliche Rahmen sei zwingend erforderlich, da ansonsten nicht in die Freiheit des Einzelnen eingegriffen werden dürfe, zum Beispiel in Form einer Maskenpflicht.
Geschäfte, Einrichtungen und Kliniken können von Hausrecht Gebrauch machen
Anders verhält es sich auf privatem Grund von Unternehmen und Einrichtungen. Einzelhandelsgeschäfte, Supermärkte, Dienstleistungsbetriebe oder auch Krankenhäuser können im Rahmen ihres Hausrechts die Maskenpflicht für alle Besucherinnen und Besucher und gegebenenfalls auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anordnen.

Maskenpflicht und Personenbeschränkungen: So sah es während der Pandemie aus. Geschäfte und Einrichtungen können aktuell auf einen Mund-/Nasenschutz bestehen, indem sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen.
Foto: Sebastian Willnow
Was macht die Helios-Klinik Wesermarsch?
Die Helios-Klink hat nach Auskunft von Pressesprecherin Katharina Recht aktuell nicht vor, eine Maskenpflicht einzuführen. Das könnte für den Fall, dass die Erkrankungen ansteigen, aber passieren. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an Corona erkrankt sind, sei gestiegen, so Katharina Recht.
Wie beurteilt das Robert-Koch-Institut die Lage?
Das RKI in Berlin weist auf Nachfrage der Kreiszeitung darauf hin, dass es weiterhin eine Meldepflicht für Corona-Fälle gibt. Es teilt gleichzeitig mit, dass „in den Meldedaten generell immer von einer gewissen Untererfassung auszugehen“ sei. Aktuellere Daten als das RKI selbst hätten meldekettenbedingt die zuständigen Gesundheitsbehörden vor Ort, so die stellvertretende Pressesprecherin Marieke Degen. Der Landkreis Wesermarsch jedoch, bei dem das Gesundheitsamt angesiedelt ist, verweist seinerseits auf das RKI.
Aktuell laut RKI nur ein gemeldeter Fall im Landkreis
Nach einer Liste des Robert-Koch-Instituts gibt es in dieser Woche nur einen einzigen gemeldeten Corona-Fall in der Wesermarsch. In den drei Wochen davor waren 10, 15 und 16 Fälle gewesen. Zum Vergleich: Für die ersten Wochen des Jahres hat das RKI 173, 142, 124 und 106 Fälle aufgelistet. Erst in der fünften Kalenderwoche rutschte die Zahl in den zweistelligen, ab der 13. Kalenderwoche in den einstelligen Bereich.
Wie beurteilen Virologen die aktuelle Situation?
Der Bremer Virologe Professor Andreas Dotzauer geht davon aus, dass wir auf eine neue, wenn auch kleinere Corona-Infektionswelle zusteuern. Er vermutet, dass die Variante Pirola auch in der Wesermarsch in den nächsten Wochen vorherrschend sein wird. „Pirola verdoppelt seinen Anteil von Woche zu Woche“, sagt der Virologe. Sie dürfte die derzeit noch am meisten auftretende Corona-Variante Eris (EG.5) demnächst überholen.
Der Virologe verweist auf seine Aussage des Robert-Koch-Instituts, nach der Corona-Infektionen derzeit etwa ein Fünftel der Atemwegserkrankungen ausmachen - vor den Rhinoviren (15 Prozent). Andreas Dotzauer rechnet damit, dass auch die Influenza, also die echte Grippe, bald stärker auftreten wird.
Was hat es mit der neuen Pirola-Variante auf sich?
„Pirola macht einige ungewöhnliche Symptome, die wir auch bei vorhergehenden Varianten gesehen haben“, sagt Andreas Dotzauer. „Der Husten ist sehr hartnäckig, auch der Schnupfen mit laufender Nase tritt wieder verstärkt auf, dazu kommt Heiserkeit. Bei manchen sind Geruchs- und Geschmackssinn eingeschränkt. Es kommt verstärkt zu Hautausschlägen wie Rötungen und Pusteln. Bei den anderen Varianten hatten wir das auch, bei Pirola tritt das aber verstärkt auf.“ Die Pirola-Variante habe eine verkürzte Inkubationszeit von lediglich etwa vier Tagen, so der Virologe.