Market Gardening

Gesa Rosenbohm hegt und pflegt ihren Wirklichkeit gewordenen Traum vom Market Gardening.

Foto: Lammers

Lifestyle

Market Gardening: Von wegen Kraut und Rüben

30. August 2023 // 12:00

Rübengrün und volle Erbsenschoten gedeihen im „Wurzelei“ Areal von Gesa Rosenbohm. 3500 qm für gesunde, köstliche Nahrung.

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Ein Landwirtschaftsidyll abseits des Alltags

Gar nicht so weit weg ist es - das Leben zwischen Straßenverkehr, Hektik, Geschäften und dem alltäglichen Einerlei. Den Bussard, der hier am Rande der Stadt Langen über dem Acker von Gesa Rosenbohm kreist, interessiert es nicht. Er hält Ausschau nach etwas, das das Landwirtschaftsidyll außer Vegetarischem noch zu bieten hat: eine der hier zahlreich beheimateten Mäuse zum Beispiel. Der Tisch ist reich gedeckt. Für alle möglichen Spezies: Schmetterlinge, Käfer, Hummeln, Vögel. „Wenn es dunkel wird, kann man hier sogar Eulen beobachten“, erzählt die 31-Jährige.

Von Büro zur Erde

Vor etwas mehr als eineinhalb Jahren tauschte die studierte Produktionstechnologin den Schreibtisch, den Computer und das bequeme Büro-Dasein als Umweltkoordinatorin gegen Schaufel und Harke, gegen Erde, Saaten und ja, gegen die Dynamik der
Natur. In der ist für Gesa Rosenbohm kein Raum für Insektizide, künstliche Dünger, jedwede Art von Chemie. „Wenn man sie lässt, regelt die Natur das ganz von allein“, sagt Gesa Rosenbohm nach ihrem ersten Jahr Praxis-Test alternatives Landwirtschaftskonzept. Parallel zur Ernte expandiert das erforderliche Wissen von Gesa Rosenbohm: „Man kann noch so viele Fachbücher lesen, das Wissen um die Bedingungen und Zusammenhänge an einem speziellen Ort wächst vor allem durch Beobachtung.“ Vorsichtig hebt sie die Triebe einer Physalis-Pflanze an: „Hier sind schon viele Blüten dran. Ich hätte gar nicht gedacht, dass die hier so gut gedeihen“, freut sie sich.

Wassermelonen Market Gardening

Sogar Wassermelonen gedeihen unter dem grünen Daumen von Gesa Rosenbohm prächtig.

Foto: Lammers

Insekten als nützliche Helfer

Hummeln und Bienen tummeln sich vor dem Folien-Tunnel in einem orange-gelben Meer aus Ringelblumen. „Viele Insekten hier sind meine Mitspieler“, verrät die junge Frau lächelnd. Zwei sorgfältig von Holzhackschnitzeln umsäumte Beete weiter zeigt sie auf die Blätter einer Aubergine-Pflanze: „Die waren noch vor Kurzem voller Läuse.“ Gesa Rosenbohm sammelte kurzerhand Marienkäfer-Larven vom Möhrenlaub wenige Beete weiter ein, bat dann noch eine Schar hungriger Florfliegen-Larven zu Tisch und hatte die Aubergine-Pflanzen killenden Läuse ruckzuck im Griff.

Tatkräftige Unterstützung willkommen

Aber auch von humanoiden Unterstützern bekommt Gesa Rosenbohm regelmäßig tatkräftige Unterstützung. Die Ruhe auf dem Feld, der ökologische Ansatz, das Gefühl, etwas für eine lebenswerte Zukunft zu tun, mögen die Anreize sein. „Ein Ehepaar zum Beispiel kommt regelmäßig einmal pro Woche und hilft“, erzählt sie. Vom Beikrautjäten bis zum Bohnengestell-Bauen reiche die Liste der Hilfen. „Und dann kaufen sie auch noch mein Gemüse“, fügt Gesa Rosenbohm an.

Direktvermarktung und Abonnenten

Ein wesentlicher Aspekt. Denn auf dem Verkauf der Abo-Gemüsekisten fußt das wirtschaftliche Konzept der „Wurzelei“. Per Direktvermarktung quasi, das heißt: keine Zwischenhändler, keine weiten Transportwege. Stattdessen können sich die Abonnenten der Gemüsekisten ihr Gemüse vor Ort abholen. 48 Abonnenten sind es zurzeit, die sich einmal pro Woche mit Gemüse der Saison versorgen. Die Warteliste belegt, dass das Konzept gefragt ist. Motivation, Bestätigung und auch Anregung für die junge Acker-Bäuerin, das Market-Gardening-Angebot weiter auszubauen. „Aktuell überlege ich, im kommenden Jahr vielleicht auch Single-Kisten anzubieten.“

Market Gardening

Auf Aubergine-Pflanzen tummeln sich Läuse. Gesa Rosenbohm weiß ökologische Abhilfe.

Foto: Lammers

Naturschutz als Motivation

Das Gemüse sei im Schnitt nicht teurer als das, was man im Bio-Supermarkt angeboten bekommt. Eine Kiste enthält fünf bis sieben Gemüsekulturen. Zur Market-Gardening-Kultur gehört essenziell die Liebe zum Naturschutz - ein ganz wesentlicher Grund für Gesa Rosenbohm, warum sie das Büro gegen den Acker tauschte. „Mein Ziel ist es, durch meine Arbeit ein gesundes Öko-System zu ermöglichen. Ich glaube, die Landwirtschaft ist einer der größten Faktoren, wenn es um Umweltzerstörung oder Erhaltung geht“, sagt Gesa Rosenbohm. Die Bewirtschaftung des Ackerlandes nach den Grundsätzen des Market Gardening befördere den Naturschutz.

Permakultur im Fokus

Im Prinzip bedeutet Market Gardening, neben der Direktvermarktung, also der Belieferung von Verbrauchern der Region, vor allem viel Gemüse auf wenig Fläche anzubauen.

Das klingt nach großem Düngemitteleinsatz, aber das Gegenteil ist der Fall: Hierbei handele es sich um biointensiven Gemüsebau, der ohne den Einsatz schwerer Maschinen wie Traktoren auskomme. „Der Gemüseanbau funktioniert nach den regenerativen Prinzipien der Permakultur. Die Gemüsepflanzen werden dicht an dicht gepflanzt, um so möglichst viel Ertrag auf kleiner Fläche zu erzielen“, beschreibt Gesa Rosenbohm das Konzept, das sich während ihres ersten Jahres ,Wurzelei‘ bewährt habe. (ala)