
© Arnd Hartmann
Ameos-Klinikum Seepark Geestland: Hier soll die falsche Ärztin tätig gewesen sein.
„Sie hat nie alleine gearbeitet“
Nachdem eine vermeintliche Assistenzärztin aufgeflogen ist, die im Klinikum Debstedt tätig war, hat dort die Aufarbeitung begonnen. Vier Monate ist die 21-Jährige im Haus gewesen. „Sie war nie alleine tätig“, sagt Ameos-Sprecher Marco Graudenz.
Eine 21-Jährige soll sich mit gefälschten Dokumenten eine Stelle als Assistenzärztin im Ameos Klinikum in Debstedt erschlichen haben. Laut Ameos-Sprecher Marco Graudenz war sie dort vom 1. Mai bis 31. August 2022 tätig: „In den vier Monaten war sie nur vier Wochen im Dienst.“ Danach wechselte sie in ein Krankenhaus nach Meppen, wo sie vom 16. September bis 27. Oktober tätig war. Dort berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung zuerst über den Fall. In der Zeit in Meppen sollen keine Personen zu Schaden gekommen sein.
Viele Patienten aus der Region fragen sich, welche Aufgaben die 21-Jährige in ihrer Zeit in Debstedt hatte. Sie soll dort nach Informationen unserer Zeitung nur selten chirurgisch gearbeitet haben, sondern vor allem in der Anästhesie. Ameos teilt dazu mit: „Sie war zu keinem Zeitpunkt unbeaufsichtigt tätig und hat zu keinem Zeitpunkt selbstständige ärztliche Entscheidungen getroffen.“
Gesundheitsministerium will Fall prüfen
Darstellungen, wonach die Frau auch als Notärztin in der Region im Einsatz war, bestätigten sich bislang nicht. Sowohl Mathias Ellerbeck, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst in Bremerhaven, als auch Stefan Thiel, sein Pendant im Landkreis Cuxhaven, schlossen das aus. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Hannover teilte mit, dass der Fall dort geprüft werde. Gegenbenenfalls werde man weitere Schritte veranlassen. Es soll am Mittwoch ein weiterer Austausch mit dem Niedersächsischen Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA) stattfinden.
Die NZ hat versucht, Kontakt zu der vermeintlichen Ärztin aufzunehmen, die im Landkreis Cuxhaven lebt. Sie möchte sich derzeit nicht äußern. Sowohl die beiden Kliniken als auch die Sozialbehörde in Hamburg sollen Strafanzeige gestellt haben. Aus den Bewerbungsunterlagen der jungen Frau soll hervorgehen, dass angeblich die Sozialbehörde in Hamburg ihre Approbationsurkunde ausgestellt habe, was die Behörde zurückweist.
Ärztekammer: „Unüblicher Fall“
Thomas Spieker, Sprecher der Ärztekammer Niedersachsen, nannte den Fall - sollte er sich so bewahrheiten - „schmerzlich“ und wegen des jungen Alters „unüblich“. Gegenüber unserer Zeitung unterstrich er noch einmal den Wunsch, dass Approbationsurkunden mit einem einheitlichen Barcode versehen werden sollten, um Fälschungen zu erschweren. Die Datenschutzauflagen und der Förderalismus machten es Arbeitgebern teils schwer, die Richtigkeit der Unterlagen von Bewerbern zu überprüfen.
Dass die Frau aufflog, sei der „besonderen Aufmerksamkeit eines Mitarbeiters“ zu verdanken, sagt Ameos-Sprecher Graudenz. Ende Oktober sei so der Verdacht aufgekommen, dass etwas nicht stimmen könne. Ärztekammer, Sozialbehörde in Hamburg und die Klinik in Meppen seien informiert worden.
Die Klinik in Meppen kündigte der Frau nach Bekanntwerden des Fälschungsvorwurfs fristlos. Die angebliche Medizinerin hatte behauptet, sie seivin den USA zur Schule gegangen, habe mehrere Klassen übersprungen und dort auch studiert. In Deutschland dau-
ert ein Medizinstudium mindestens sechs Jahre. „Am Ende sind wir wahrscheinlich einer Betrügerin auf den Leim gegangen. Wichtig ist, dass Patienten nichts passiert ist“, betonte Jan-Henning Stoffers, der Verwaltungsdirektor der Klinik in Meppen. Stoffers sagte, er habe am vergangenen Mittwoch durch einen Kontakt zum früheren Arbeitgeber in Debstedt davon erfahren. „Nach einem Hinweis aus den Ameos Kliniken Bremerhaven und Geestland, dass Unregelmäßigkeiten bestehen könnten, haben wir Kontakt zur ausstellenden Behörde in Hamburg gesucht, die uns den Verdacht der Fälschung mit angrenzender Sicherheit bestätigt hat“, berichtet Stoffers unserer Zeitung. Über die Anstellungsdauer in Bremerhaven lägen ihm keine Daten vor. Warum bei Ameos der Schwindel erst nach dem Wechsel der vermeintlichen Ärztin aufgeflogen ist, gehört zu den noch offenen Fragen des Falls.
Nordsee-Zeitung.de berichtet über alle Entwicklungen und neuen Enthüllungen im Fall der Schummel-Ärztin. Hier finden Sie eine Chronologie der bisherigen Ereignisse:
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Nachdem die vermeintliche Assistenzärztin aufgeflogen ist, hat das Klinikum in Debstedt die Aufarbeitung begonnen. Viele Patienten fragen sich, welche Aufgaben die 21-Jährige in ihrer Zeit dort hatte. Nun äußerte sich das Klinikum.
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