Vor der Grundschule an der Schiffdorfer Chaussee gilt wie vor jeder Schule im Bremerhavener Stadtgebiet Tempo 30 - und seitdem die 95.000 Euro teure Geschwindigkeitsmessstation „TraffiStar S 350“ dort ihren Dienst verrichtet, löst sie etwa 20 Mal am Tag aus. Insgesamt 4143 Fahrzeuge seien seit Juni geblitzt worden, sagt Thomas Herbrig, der Leiter des Bürger- und Ordnungsamtes. Das klingt viel, ist es aber gar nicht: Die zur gleichen Zeit errichtete Anlage an der Elbestraße hat inzwischen sogar 5.684 Fotos aufgenommen.
Die Blitzer dienten einem einzigen Zweck - die Verkehrssicherheit zu erhöhen, lautete die Begründung des Magistrats für die Investition. Wie viel am Ende insgesamt durch die acht stationären Blitzer in den städtischen Haushalt fließt, hat Herbrig noch nie ausrechnen lassen. Aber er kann beziffern, was mit heutigem Stand in diesem Jahr insgesamt an Bußgeldern und Ordnungswidrigkeiten zusammengekommen ist: rund 3,3 Millionen Euro. Das sei mehr als sonst, weiß Herbrig, denn seit November 2021 müssen Autofahrer für viele Vergehen im Straßenverkehr teils deutlich höhere Bußgelder zahlen.
Schätzungen: 3000 Blitzerfotos pro Monat
Wie viele Temposünder in Bremerhaven im Jahr von Blitzern erfasst werden, dazu werden laut Herbrig keine detaillierten Statistiken geführt. Der Magistrat hatte aber im Frühjahr mitgeteilt, es seien durchschnittlich um die 3000 pro Monat.
Die Messstation vor der Veernschule weist nun die Besonderheit auf, dass dort montags bis freitags von 7 bis 14 Uhr Tempo 30 gilt - wegen des Schulbetriebs. Und weil die Schule am Reformationstag geschlossen war und das Tempo-30-Schild die zwei Wochen davor wegen der Herbstferien abgehängt war, meinten viele Fahrer, sie könnten Gas geben. Ergebnis des „Blitzlichtgewitters“: Es hagelte Proteste bei der Bußgeldstelle, diese Regelung sei „nicht bürgerfreundlich“ oder gar „Abzocke“. Ein Fahrer bat, von einer Ermahnung wegen der geschlossenen Schule abzusehen und appellierte an die „Mitmenschlichkeit“ vom Amt, ein anderer bemühte sogar anwaltlichen Rat, um gegen die 30 Euro Strafe vorzugehen, die nach Tempo 45 von ihm verlangt wurden. Sämtliche Einsprüche wurden zurückgewiesen, denn: „Tempo 30 gilt montags bis freitags von 7 bis 14 Uhr, egal ob Schule ist oder nicht“, sagt Herbrig und beruft sich sogar auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
Von den vielen Aufnahmen vor der Schule sei auch er überrascht, sagt Herbrig. Gewöhnlich stelle sich dort, wo Blitzer stehen, bald nach ihrer Montage ein „Gewöhnungseffekt“ ein und der Verkehr verlangsame sich. Auf der Schiffdorfer Chaussee aber sei die Zahl der Temposünder nicht zurückgegangen. Auch nach 14 Uhr arbeitet die „TraffiStar S350“ - und löst aus, wenn schneller als 50 km/h gefahren wird.
Mindestens elf deutsche Städte haben im vergangenen Jahr mehr als eine Million Euro durch Blitzer-Bußgelder eingenommen. Das teilt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins mit. Der Verein hat Daten aus 150 Großstädten abgefragt, aber nur 45 Kommunen haben geantwortet - Bremerhaven gehört nicht dazu.
Spitzenreiter in Deutschland ist Hamburg, wo 70 Blitzer 2021 für Einnahmen von rund 18,8 Millionen Euro gesorgt haben.