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Alles wird teuer - auch der Tierarzt: Werden nun Besitzer von Hunden und Katzen den Besuch aus Kostengründen vermeiden? Das hätte laut Experten schlimme Folgen.
Tierarzt, Futter: Alles wird teurer
Für Tierhalter wird alles teurer. Nicht nur Futter und Wärme, sondern auch der Tierarzt. Seit dem 22. November gelten neue Gebühren. Das stellt Hunde- und Katzenbesitzer vor enorme Herausforderungen - wir zeigen, womit sie rechnen müssen.
Röntgen für 32 Euro, Impfen für 11,50 Euro - fast doppelt so viel wie bisher. Und rund 10 Euro mehr für eine einfache Hunde-Untersuchung, sogar 15 Euro für den Katzen-Check. Beides kostet nun jeweils 23,62 Euro. Die neue Gebührenordnung für Tierärzte, kurz GOT genannt, die seit dem 22. November gilt, treibt vielen Frauchen und Herrchen die Schweißperlen auf die Stirn.
Monatlich 250 Euro Futterkosten
Im Cuxland machen sich Tierhalter Sorgen, dass sie immer tiefer für ihre Lieben in den Geldbeutel greifen müssen.
Mathias Wesemann aus der Gemeinde Beverstedt ist Vorsitzender der Rettungshundestaffel Cuxland - und zusammen mit seiner Freundin selbst Halter mehrerer Hunde. Drei Schäferhunde versorgt er - da kommt angesichts der Inflation einiges zusammen. „Fürs Hundefutter geben wir inzwischen monatlich 250 Euro aus, dazu kommen 200 Euro für die Tierkrankenversicherungen“, berichtet Wesemann. Spielzeug und Leinen-Geschirr noch gar nicht eingerechnet. Wesemann weiß, dass viele Hundehalter zum Beispiel nur eine OP-Versicherung hätten. Wesemanns Hunde brauchen wegen ihres Einsatzes in der Rettungshundestaffel eine besonders umfassende Krankenversicherung.
„Zeitpunkt für Gebührenerhöhung ist falsch“
Doris Urban kümmert sich in Neuenkirchen privat um Pflegehunde aus Ungarn und eigene Hunde. Derzeit bietet sie insgesamt zehn Hunden ein Zuhause, dazu kommen noch Katzen. Urban ist bestens informiert über die steigenden Tierarztkosten. „Das wird heftig“, sagt sie. „Ich kann verstehen, dass man irgendwann die Gebühren anpassen muss, der Zeitpunkt ist aber nicht gut gewählt.“ Für sie als Halterin seien etwa die Futterkosten schon stark angewachsen, die Energiekosten. Und nun noch das. Sie werde natürlich weiter alles für ihr Lieblinge tun, auch wenn es finanziell immer enger werde. Ihr Herz sei einfach zu groß.
Sie befürchte, dass andere Tierhalter sich nun dreimal überlegen, ob sie mit einem kranken Tier zum Tierarzt gehen - eine Entscheidung, die oft schlimme Folgen hat, weil sich Krankheiten naturgemäß verschlimmern. Sie sorgt sich, dass es auch vermehrt zu Abgaben von Haustieren kommen könnte - was wiederum Tierheime vor Probleme stelle.
Wird es mehr Tierabgaben im Winter geben?
Claudia Schröder ist Leiterin des Tierasyls in Wittstedt. Die Tiergesundheit ist für die Einrichtung elementar und auch ein großer Kostenpunkt. Vor allem fallen die steigenden Futterkosten ins Gewicht. Die Rechnungen werden immer höher. Das merkt die Hundehalterin auch im Privaten. „Der 12-Kilogramm-Beutel Trockenfutter kostet inzwischen 70 statt 56 Euro“, rechnet sie vor. Sie befürchtet, dass es vermehrt dazu kommt, dass Menschen ihre Tiere abgeben oder sogar aussetzen, weil ihnen die Kosten über den Kopf wachsen. Hinzu komme, dass sich Tiere derzeit schwer vermitteln ließen. Das liege daran, dass sich in der Corona-Zeit schon viele einen Vierbeiner angeschafft hätten, und daran, dass jetzt jede Familie genauer nachrechne.
Tierärzte bitten um Verständnis
Die Tierärzte wiederum bitten um Verständnis. Anne-Katrin Bischoff-Ridwan von der Tierärztekammer Niedersachsen erklärt gegenüber unserer Zeitung, dass die Tierärztinnen und Tierärzte an die bundeseinheitliche Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) gebunden und daher verpflichtet seien, ihre Preise entsprechend jeder Überarbeitung der Gebührenordnung anzupassen. „Eine Anpassung der Gebührensätze an die mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammenhängenden steigenden Kosten für medizinische Geräte, Gehälter, Mieten, Versicherungen, Fortbildungen und Energie war daher dringend geboten und gerechtfertigt, deckt jedoch nicht einmal die Gesamtinflation der letzten 23 Jahre ab“, erklärt Bischoff-Ridwan. Zuletzt seien die Gebühren im Jahr 1999 angepasst worden.
„Vier Pfoten“: Geld für Notfall sparen
Tierärzte können bei jeder Behandlung festlegen, ob sie den einfachen, doppelten oder dreifachen Satz berechnen, erklärt Karina Omelyanovskaya von der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“. Im besten Fall würden sie dies auf der Grundlage entscheiden, wie herausfordernd, umfangreich oder zeitintensiv die Behandlung ist. Und wenn man mal sehr knapp bei Kasse ist? „Dann lohnt es sich immer, das Gespräch mit seiner Tierärztin oder seinem Tierarzt zu suchen: Vielleicht lässt sich im Einzelfall eine individuelle Vereinbarung treffen“, rät Karina Omelyanovskaya von „Vier Pfoten“. Wichtiger als der Preis sei, ob Tier und Halter in der Tierarztpraxis gut beraten werden und sich wohlfühlen. Sinnvoll sei auf jeden Fall, Geld für den Ernstfall zur Verfügung zu haben - egal ob auf einem Sparkonto oder in Form einer Versicherung. „Selbst wenn der Besuch in der Praxis jetzt etwas teurer werden kann, sollte man beim Tierarztbesuch niemals zögern“, sagt sie. Auch an Vorsorgeuntersuchungen und Impfauffrischungen sollte man nicht sparen.

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Eine Tierärztin untersucht die Ohren eines Hundes.
Versicherung sinnvoll?
Bischoff-Ridwam von der Tierärztekammer Niedersachsen rät dazu, über den Abschluss einer Tierkrankenversicherung nachzudenken. So bestehe die Möglichkeit, „eventuelle Behandlungskosten für Tierhalter und Tierhalterinnen kostenneutral zu gestalten“, so Bischoff-Ridwan. Trotz steigender Tierarztkosten lehnt der Bund der Versicherten (BdV) Tierkrankenversicherungen eher als unwichtig ab. Seine Vorständin Bianca Boss erklärt, Vorrang habe immer die Privathaftpflicht- und Tierhalterhaftpflichtversicherung. Die Tierschutzstiftung „Vier Pfoten“ sieht es differenzierter: Ob eine Versicherung für Tierarztkosten sinnvoll ist, müsse man immer im Einzelfall betrachten. „Eine Versicherung für ein Tier, das ohnehin schon eine umfangreiche Krankengeschichte mit sich bringt, lohnt sich sicherlich eher als eine für einen kerngesunden Hund“, sagt Karina Omelyanovskaya.