Tödliche Schüsse am Buxtehuder Baggersee: Tat könnte nach 22 Jahren aufgeklärt werden

Tödliche Schüsse am Buxtehuder Baggersee: Tat könnte nach 22 Jahren aufgeklärt werden

Eines der brutalsten Verbrechen der vergangenen Jahrzehnte im Landkreis Stade steht womöglich vor der Aufklärung. Fast 22 Jahre nach dem Mord an einem Mann in Buxtehude stehen ab Freitag vier Angeklagte vor Gericht.

Vor der 2. Großen Strafkammer des Stader Landgerichts beginnt am Freitag, 8. März, die Hauptverhandlung gegen vier Angeklagte (41, 43, 43 und 46 Jahre alt) wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlichen Mordes. Die Männer sollen im August 2002 einen alkoholisierten Mann aus Hamburg-Bergedorf in die Nähe eines Baggersees in Buxtehude gelockt haben. Laut Anklage soll dort einer der Angeklagten (heute 43 Jahre alt) - wie zuvor von allen Angeklagten gemeinsam geplant - mehrfach mit einer Waffe auf das Opfer geschossen und es dadurch getötet haben. Im Oktober 2023 hat die Staatsanwaltschaft Anklage in dem Fall erhoben.

Bekennerschreiben ermöglicht Anklage nach 22 Jahren

Die späte Gelegenheit, die Tat aufzuklären, wurde möglich, weil einer der Angeklagten in einem Bekennerschreiben seine Schuld eingestanden und die Namen der anderen drei mutmaßlich am Mord Beteiligten genannt hat. So schildert es die Staatsanwaltschaft Stade auf Nachfrage. Auf der Anklagebank sitzen diejenigen Personen, die die Ermittlungsbeamten bereits vor mehr als 20 Jahren verdächtigt hatten.

Ein Spaziergänger fand den Toten damals am 11. August 2002 um kurz nach Mitternacht in der Nacht auf Sonntag. Den alarmierten Polizeibeamten bot sich ein eindeutiges Bild: Der 27 Jahre alte Tote hatte mehrere Schussverletzungen und war Opfer eines Verbrechens geworden. Tatort war ein Baggersee in der Nähe der Bundesstraße 73 kurz vor der Grenze zu Neu Wulmstorf. Der Mord ereignete sich wohl kurz vor Mitternacht am Sonnabend. Zeugen hatten zu diesem Zeitpunkt in der Gegend Schüsse gehört. Schnell war auch die Rede von einer Hinrichtung gewesen. Dem Opfer wurde aus kürzester Distanz in Kopf und Bauch geschossen.

Opfer war ein Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion

Bereits in den Tagen danach kam der Verdacht auf, dass der Tote vom Baggersee Opfer eines Bandenkriegs innerhalb der Russen-Mafia geworden sein könnte. Recherchen bestätigten damals, dass das Opfer schon 1997 in eine Schießerei vor dem Hotel Atlantic in Hamburg verwickelt war. Das Opfer war ein Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Der in Buxtehude Ermordete wurde 1997 bei der Schießerei vor dem Nobel-Hotel an der Außenalster schwer verletzt.

Schnell war den Fahndern damals klar, dass es bei dem Schusswechsel um einen Machtkampf im Geschäft mit Prostitution ging. „Die Spur führt zur Russen-Mafia“, titelte das Stader Tageblatt 2002 schon wenige Tage nach der Tat. Auch die Brutalität der Ermordung wurde 2002 als Hinweis auf die organisierte Kriminalität gewertet. Die tödlichen Schüsse aus kurzer Distanz wurden aus einer Schrotflinte abgefeuert.

Suche nach Täter blieb vorerst erfolglos

Obwohl Polizei und Staatsanwaltschaft damals Hinweise hatten, wieso der junge Mann am Baggersee sterben musste, blieb die Suche nach dem Täter erfolglos. Die Ermittler trafen auf eine Mauer des Schweigens. Die Nachverfolgung wurden nach eineinhalb Jahren eingestellt. Ob der Mann letztlich einem blutigen Bandenkrieg oder einer spontanen, persönlichen Auseinandersetzung zum Opfer fiel, blieb damit im Dunklen. Letzteres vermuteten die Ermittler.

Das Opfer hatte vor der Tat einen Streit, so die Ermittler. Nach einer Feier am Baggersee - bis auf vier Personen waren etwa 20 weitere Gäste bereits wieder auf dem Heimweg - fielen vor Mitternacht die tödlichen Schüsse in Kopf und Brust. Dass die Tatwaffe Ende August 2002 bei Meckelfeld von Sporttauchern aus einem See gefischt wurde, half den Ermittlern nicht.

Mauer des Schweigens: Tatverdächtige müssen freigelassen werden

Vier Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren hatten die Polizisten der in Buxtehude ansässigen Mordkommission konkret im Visier: Einer der Verdächtigen wurde an der polnisch-ukrainischen Grenze mit falschen Papieren aufgegriffen; zwei weitere saßen wegen dringenden Tatverdachts zeitweise in der Justizvollzugsanstalt ein.

Doch weder die damals für einige Zeit festgenommenen Tatverdächtigen noch das direkte Umfeld des Opfers wollten über die tödlichen Schüsse reden - das ändert sich jetzt, nach 22 Jahren.

Ihr Autor

Karsten Wisser

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Erstellt:
06.03.2024, 08:41 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec

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