Die Startelf steht
„Ich glaube extrem an die Mannschaft“, hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann fast trotzig am späten Freitagabend nach dem keineswegs überzeugenden Auftritt beim 2:1 im Testspiel gegen Griechenland gesagt. Eine Aussage, die die tatsächliche Stimmungslage wiedergibt, denn nach den Pleiten bei den Weltmeisterschaften in Russland und Katar hat Nagelsmann mit einer neuen Philosophie die Grundordnung verändert und der Mannschaft Sicherheit und Rückhalt gegeben.
Wer beim Auftaktspiel am Freitagabend (21 Uhr/ZDF) in der Startelf stehen soll, ist längst bekannt, jeder Spieler im Kader wusste schon seit dem Frühjahr, welche Rolle er spielen oder nicht spielen wird. Stammelf, gesetzter Einwechselspieler oder wirklich nur Backup, falls sich einer verletzen sollte. Dass punktuell Änderungen möglich sind, hatte Nagelsmann aber auch immer betont.
Erfahrene Spieler auf den Schlüsselpositionen
Keine Frage: Das Personal macht Hoffnung. Vor allem die Achse mit Antonio Rüdiger, Jonathan Tah in der Innenverteidigung und Toni Kroos und Ilkay Gündogan im zentralen Mittelfeld. Das sind Schlüsselpositionen, die mit erfahrenen und vor allem erfolgreichen Spielern top besetzt sind. Dazu kommt das Filigran-Techniker-Duo mit Florian Wirtz und Jamal Musiala, die beide in der Startelf stehen werden. Von den beiden 21-Jährigen wird erwartet, dass sie vor allem gegen tief stehende Gegner Kreativität entwickeln.
Dass die Festlegung auf die ersten elf Spieler ein Nachteil sein könnte, sieht Florian Wirtz nicht: „Ich glaube nicht, dass wir leicht auszurechnen sind, denn Jamal und ich suchen uns immer gerne auch im Spiel die Lösungen“, sagte der Leverkusener. Mit dem Münchner Leroy Sané hat der Bundestrainer außerdem ein Backup auf einem ähnlich hohen Niveau zur Verfügung.
Inwieweit Kai Havertz auch in dieser Klasse mithalten kann, ist offen. Als Mittelstürmer hat Havertz in der Premier League für den FC Arsenal 13 Tore erzielt. Gleichwohl gilt er nicht als ein klassischer Mittelstürmer wie Niclas Füllkrug, der für die Rolle des Einwechselspielers vorgesehen ist. Er könnte gegen die robusten Schotten nützlich werden. „Ich glaube, so ein Fülle hätte uns heute noch gutgetan mit seiner Wucht und Kopfballstärke“, hatte Nagelsmann nach dem 0:0 im Testspiel gegen die Ukraine gemutmaßt.
Kimmich und Mittelstädt auf den Außenpositionen
In der neuen Grundordnung des Bundestrainers hat nach der Rückkehr von Toni Kroos der Münchner Joshua Kimmich seinen Stammplatz. Links dürfte Maximilian Mittelstädt erste Wahl sein, allerdings hat der Stuttgarter wenig internationale Erfahrung, im Gegensatz zum Leipziger David Raum.
Neben Toni Kroos hat sich der Leverkusener Robert Andrich als zweiter Sechser etabliert, ein Fußball-Arbeiter als perfekte Ergänzung für den spielstarken Kroos.
Bleibt die größte Baustelle, die völlig unerwartet aufgebrochen ist: Nagelsmann hatte sich sehr früh auf den fünffachen Welttorhüter Manuel Neuer als seine Nummer eins festgelegt. Nach dem Leistungsprinzip hätte aber Marc-André ter Stegen diese Nominierung verdient gehabt. Der Keeper des FC Barcelona spielte im Verein zwar nicht fehlerfrei, tat das aber in den 16 Monaten ohne Neuer zumindest in der Nationalmannschaft.
Doch Nagelsmann setzte auf Neuer, der zuletzt gepatzt hat. Mehrfach in der Bundesliga, vor allem im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid und zuletzt am Freitag gegen die Griechen. Nagelsmann verbat sich jede Torwart-Debatte. Nur weil es im finalen Testlauf zuletzt hakte, werde er nicht „zum Oberbedenkenträger“, wie man „das liebt in Deutschland“, so Nagelsmann. Seine Zuversicht vor dem Eröffnungsspiel scheint ungebrochen.