Ein voller Bahnsteig.

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Gutachter gehen von einem Aufkommen an Werktagen von rund 760 Fahrgästen auf der Strecke Zeven-Tostedt aus. (Symbolbild)

Die Bahn kommt... (vielleicht) wieder nach Zeven

Wenn den Worten Taten folgen, fahren in einigen Jahren wieder Züge von Zeven ab. Zwei Strecken im Landkreis haben eine Chance, reaktiviert zu werden.

Per Bahn von Zeven nach Tostedt

Zwei Strecken haben eine Chance auf Reaktivierung - Zwei Verbindungen sind aus dem Rennen

Es ist der dritte Versuch, beim Land die Reaktivierung von Bahnstrecken im Landkreis zu erreichen. Diesmal stehen die Chancen nicht schlecht. Gutachter sehen in der Verbindung Bremervörde-Stade und Zeven-Tostedt Potential.

„Das werden wir jetzt umsetzen.“ Mit diesen Worten ließ sich vor Tagen Landes-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) zitieren, als er bei der EVB in Bremervörde zu Besuch war. Die Aussage bezog sich auf die Reaktivierung der Bahnstrecken Bremervörde-Stade und Zeven-Tostedt für den Personenverkehr. Doch damit ist es nicht getan. Es gilt, Formalien einzuhalten. Folglich befasste sich der Wirtschaftsausschuss des Landkreises mit der Angelegenheit. Vor den Kreistagsabgeordneten lag die 88 Seiten starke Machbarkeitsstudie, die die EVB in Auftrag gegeben hatte, um die Reaktivierung der Strecken Bremervörde-Osterholz, Rotenburg-Bremervörde, Bremervörde-Stade und Zeven-Tostedt untersuchen zu lassen.

Landrat Marco Prietz (CDU) erinnerte daran, dass die jüngste Untersuchung zehn Jahre zurückliegt und für den Landkreis keine positiven Folgen hatte. Gleichwohl verstummten all jene nicht, die auf der Moorexpressstrecke nach Osterholz fahren wollen, die sich in Zeven in einen Zug mit Ziel Tostedt setzen möchten, und die per Triebwagen von Bremervörde über Zeven nach Rotenburg gelangen wollen. Das Land gab grünes Licht und ließ sich erweichen, ein neuerliches Gutachten zu fertigen.

Strecken unter die Lupe genommen

Die Ergebnisse ihrer Untersuchung stellten die digital in den Sitzungssaal des Kreistags zugeschalteten Gutachter Susanne Rebentisch und Andreas Gille den Ausschussmitgliedern vor. Die Experten hatten neben anderem die technische Machbarkeit der vier EVB-Strecken unter die Lupe genommen, das jeweilige Fahrgastpotenzial ermittelt, den Investitionsbedarf errechnet, Fahrpläne und Anschlüsse konzipiert und die Förderwürdigkeit bewertet.

Auf Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse kommen die Gutachter zum Schluss, dass sich die Reaktivierung der Strecken Bremervörde-Stade und Zeven-Tostedt lohnt.

EVB-Geschäftsführer Christoph Grimm erläuterte, dass die Verbindung Rotenburg-Zeven-Bremervörde unter den gegebenen Umständen nicht wirtschaftlich zu betreiben wäre, weil parallel ein Bus verkehrt, der nicht eingestellt werden könne. Folglich fehle es an Fahrgästen. Gleiches gelte für die Strecke Bremervörde-Osterholz. Erfolgversprechend wäre diese Verbindung nur, wenn Züge bis Bremen führen.

Strecke von Bremervörde nach Stade mit großem Potential

Das höchste Potential schreiben die Gutachter der Verbindung Bremervörde-Stade zu, wenn die Züge nicht am Stader Bahnhof halten, sondern bis zum Klinikum und weiter nach Himmelpforten fahren. In diesem Fall ließen sich die prognostizierten Fahrgastzahlen werktags auf 1000 steigern. Den Investitionsbedarf kalkulieren Gille und Rebentisch auf maximal 11,4 Millionen Euro.

Die Verbindung Zeven-Tostedt erhält ein besseres Ranking als die Verbindung Bremervörde-Stade/Bahnhof. Die Experten gehen davon aus, dass werktags im Schnitt 760 Gäste einen Zug von und nach Zeven besteigen. Sie haben für ihre Annahme 20 Fahrten zwischen 4 und 23 Uhr täglich angenommen. Die beiden auf der Strecke Zeven/Süd-Tostedt eingesetzten Dieselloks halten in Zeven/Nord, Heeslingen, Sittensen, Tiste, Heidenau und Tostedt/West. Sie benötigen dafür 38 Minuten und begegnen sich in Sittensen. Den Investitionsbedarf beziffert das Gutachter-Duo auf rund 10,8 Millionen Euro - unter anderem, um die 35 noch nicht technisch gesicherten Bahnübergänge aufzurüsten und die Zuggeschwindigkeit auf Tempo 80, zwischen Zeven und Sittensen auf Tempo 100, erhöhen zu können.

Sechs Jahre bis zur Umsetzung?

Von dem Zeitpunkt an gerechnet, wenn das Land die Reaktivierung der Strecken in Auftrag gibt, dürften drei (Bremervörde-Stade) beziehungsweise sechs Jahre (Zeven-Tostedt) ins Land gehen. Neue Züge bräuchten übrigens nicht angeschafft zu werden, ergänzte EVB-Geschäftsführer Grimm. Er gehe davon aus, dass die EVB die Dieselloks als Reserve vorhalten werde, wenn die Wasserstoffzüge im Einsatz sind. Diese Reserve könne eingesetzt werden, erfuhren die Abgeordneten.

Die zeigten sich angetan, aber nicht zufrieden. Sowohl Susanne Mrugalla als auch Hans-Jürgen Schnellrieder (beide Grüne) als auch Christian Winsemann (SPD) als auch Erster Kreisrat Dr. Torsten Lührung hoben das ihrer Ansicht nach nicht ausreichend gewürdigte Potenzial der Verbindung Rotenburg-Bremervörde hervor - zumal in Zeven und Selsingen mehrere Schulen in Bahnhofsnähe stehen. Doch Susanne Rebentisch beharrte unter Hinweis auf ihre Untersuchungen darauf, dass das Fahrgastpotenzial nicht ausreiche, um die Reaktivierung dieser Verbindung empfehlen zu können. Obgleich Christoph Grimm ihr beisprang, stellte Schnellrieder den Antrag, der Landrat möge sich beim Land dafür einsetzen, die Strecke Rotenburg-Zeven-Bremervörde im Lichte der aktuellen Situation nochmals begutachten zu lassen.

Darauf mochte sich Marco Pritz nicht einlassen. Schnellrieder zog seinen Antrag zurück und Prietz macht sich in Hannover für die Reaktivierung der Strecken Bremervörde-Stade und Zeven-Tostedt stark.