Theo Köhne (im Vordergrund) mit einer Gruppe von Wattwanderern.

© Tina Taschen

Theo Köhne (im Vordergrund) mit einer Gruppe von Wattwanderern.

Dieser Mann läuft seit 70 Jahren zur Weserinsel Langlütjen II

Theo Köhne kennt das Watt der Außenweser wie wohl kein zweiter. Seit 70 Jahren ist der 83-jährige Blexer schon unterwegs zur Insel Langlütjen II.

Das Watt ist seine zweite Heimat

The Köhne wandert seit mehr als 70 Jahren zur Weserinsel Langlütjen II

Es gibt sicherlich viele Nordenhamer, die eine besondere Affinität für das Wattenmeer empfinden. Für den Blexer Theo Köhne ist die Schlicklandschaft hinter dem Deich mehr - eine zweite Heimat. Hier erzählt er von seinen spannendsten Erlebnissen.

Vor sage und schreibe 70 Jahren, kurz nachdem die Familie von Burhave nach Blexen gezogen war, machte sich der heute 83-Jährige erstmalig und verbotenerweise auf den Weg zu der Wattinsel Langlütjen II. „Go mi do nich hen! Do sinn Löcker“, hatte seine Mutter ihn noch gewarnt. Hinzu kam, dass damals auf beiden Festungsinseln mit Sprengstoff- und Munitionsresten zu rechnen war.

Auf Langlütjen II hatte sich von 1933 bis Januar 1934 ein Schutzhaftlager der SA befunden. Der 13-Jährige ließ sich jedoch in den 1950er Jahren nicht von seinem Vorhaben abbringen. Bei seinem ersten Besuch auf der Insel, die - wie auch die Nachbarinsel Langlütjen I - im 19. Jahrhundert als Festungsinsel in der Wesermündung angelegt worden war, wagte er sich nur bis zum Kehlgraben. Doch schon bald, als er auch mit seinen neuen Blexer Freunden unterwegs war, erkundete er das Bauwerk immer genauer. Im Winter 1956, als das Watt zugefroren war, transportierten die Jungen mit dem Fahrrad sogar ein altes Feldbett von der Insel ans Festland, um es zu einer Werkbank umzubauen. In dem darauf folgenden Sommer pflanzten Theo Köhne und sein Freund Günther Böger einen Apfelbaum auf der Insel, der heute immer noch Früchte trägt. Ob zu Fuß, mit dem Schlickrutscher oder später auch mit dem eigenen Boot - spätestens alle 14 Tage zog es Theo Köhne auf die Weserinsel.

Die Faszination für Langlütjen II und die Einzigartigkeit des Watts sind bis heute ungebrochen. „Ich bin der Insel immer treu geblieben. Ich hänge einfach an ihr“, sagt Theo Köhne, der Anfang der 1990er Jahre mit dafür sorgte, dass Langlütjen I und Langlütjen II unter Denkmalschutz gestellt wurden. Heute befinden sich die beiden Inseln in Privatbesitz. „Es ist schade, dass das Watt im Laufe der Jahre immer mehr verschlickt ist. Früher konnten wir hier immer angeln“, schiebt der Blexer nach. Und ebenso seine Befürchtung, dass dieses Schicksal auch Fedderwardersiel ereilen wird.

Mehr als 20.000 Personen durchs Watt geführt

Um Einheimischen und Urlaubsgästen einen behutsamen Umgang mit den künstlich angelegten Inseln und deren Natur zu vermitteln, absolvierte Theo Köhne 1986 in Wilhelmshaven die Wattführerprüfung. Seitdem hat er mehr als 20.000 Personen durchs Watt geführt. Es gab Zeiten, da war er - soweit die Tide es zuließ - nahezu jeden Tag mit einer Gruppe unterwegs. Für die Besucher gibt es immer etwas zu erleben. Theo Köhne ist ein guter Erzähler. Er weiß viel zu berichten über die Geschichte der Inseln, von denen es einst vier in der Wesermündung gab. Langlütjen I und II sowie Brinkamahof I und II, die einst auf der östlichen Weserseite lagen, aber im Zuge der Hafenerweiterung in Bremerhaven abgetragen wurden. Und auch über Flora und Fauna des Wattenmeeres informiert er seine Mitwanderer. Langlütjen II ist die Heimat seltener Vögel. Unter anderem brüten dort Löffler, eine Ibisart, und Seeschwalben.

Eine Tour dauert dreieinhalb Stunden

Rund dreieinhalb Stunden dauern seine Touren einschließlich des Aufenthalts auf der Insel. Die Teilnehmerzahl ist auf 30 Personen beschränkt. Auch in diesem Sommer war der engagierte Wattführer wieder im Einsatz. Die letzte Tour im Jahr 2022 fand im Spätsommer bei bestem Wetter statt. 27 Personen aller Altersgruppen hatten sich angemeldet. Einige waren aus Wilhelmshaven, Osterholz-Scharmbeck und Hamburg angereist. Theo Köhne leitet zudem Exkursionen für Kinder im Rahmen der Ferienpass-Aktionen der Stadt Nordenham.

Die Festungsinsel Langlütjen II aus der Luft.

© Scheer

Die Festungsinsel Langlütjen II aus der Luft.

In Gefahr durch Gewitter oder Nebel ist Theo Köhne auf seinen Wattwanderungen zum Glück nie gekommen. Allerdings mussten einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Tour abbrechen, weil sie zu anstrengend war. Es gab Jahre, in denen versackte man zeitweise bis zum Knie im Schlamm.

Theo Köhne steckt das trotz seines Alters locker weg, obgleich er auf dem Rücken immer noch den Rucksack mit der Erste-Hilfe-Ausrüstung trägt. Der drahtige Mann hält sich mit täglicher Gymnastik fit. Er besucht in Waddens eine Sportgruppe und ist im Sommer auch häufig mit dem Fahrrad - keinem E-Bike - unterwegs.

Mit seinen 83 Jahren ist er wohl der älteste aktive Wattführer. Sein Kollege Heiko Kampen aus Norden ist zwar fünf Jahre älter, er bietet aber nur noch küstennahe Touren an, die nicht weiter als 200 Meter ins Watt gehen.